Reaktionen auf Trumps Vorwürfe gegen Selenskyj Meloni fordert sofortigen EU-USA-Gipfel
Das Treffen von Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus eskalierte schnell. Erste Reaktionen zeigen Entsetzen über den Vorfall.
Mit Spannung war das Zusammentreffen zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj erwartet worden. Der US-Präsident nutzte den Moment, um Selenskyj gemeinsam mit Vizepräsident J. D. Vance vor laufenden Fernsehkameras anzugreifen. Deutsche, ukrainische und US-amerikanische Politiker zeigen sich nach dem Vorfall schockiert.
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Unionschef Friedrich Merz hat sich direkt an Wolodymyr Selenskyj gewandt. In einem Beitrag auf der Plattform X schrieb er, "wir stehen zur Ukraine in guten wie in schwierigen Zeiten". Man dürfe in diesem schrecklichen Krieg niemals Aggressor und Opfer verwechseln.
Bundeskanzler Olaf Scholz stellte in einem Beitrag auf X fest: "Niemand will Frieden mehr als die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine." Das Land könne sich auf Unterstützung aus Deutschland und Europa verlassen.
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock schrieb nach dem Eklat im Weißen Haus ebenfalls auf X: "Die Ukraine ist nicht allein". Deutschland stehe gemeinsam mit den europäischen Verbündeten an der Seite der Ukraine – gegen die russische Aggression. Das angegriffene Land könne auf "unerschütterliche Unterstützung aus Deutschland" bauen.
"Ukraine nicht verraten"
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, äußerte sich empört über den Umgang mit Selenskyj in Washington. "Die Szenen aus dem Weißen Haus sind schockierend. Wie kann man dem Präsidenten eines überfallenen Landes so in den Rücken fallen? Das freie Europa wird die Ukraine nicht verraten", schreibt der CDU-Politiker auf X.
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Die Co-Vorsitzende der Grünen, Franziska Brantner, warf Trump imperialistisches Gebaren vor. "Trump macht klar, was er unter Diplomatie versteht: Erpressung und Ausverkauf. Wer sich nicht kaufen lässt, ist 'undankbar'", schrieb sie auf der Plattform X. "Das ist kein Frieden, das ist imperialistisches Machtdenken." Sie fügte hinzu: "Solidarität mit der Ukraine steht. Jetzt muss Europa die Mittel bekommen, die es wirklich braucht. Kein Zögern mehr."
Nach Aussage von SPD-Co-Parteichef Lars Klingbeil werde Deutschland bei der Hilfe für die Ukraine vorangehen. "Das Verhalten der US-Regierung zeigt einmal mehr, dass Europa seine Zukunft stärker in eigene Hände nehmen muss. Wir müssen gemeinsam auf allen Ebenen stärker werden", schrieb er auf X. "Deutschland muss und wird vorangehen. Auch um der Ukraine zu helfen."
Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid kritisierte Trump für eine "unsägliche Täter-Opfer-Umkehr" bei der Beschimpfung des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. "Offensichtlich auch eine Retourkutsche für die Hartnäckigkeit, mit der Selenskyj die Interessen der Ukraine beim Rohstoffabkommen verteidigt hat", sagte Schmid der Nachrichtenagentur Reuters. "Das lässt Schlimmes für die zukünftigen Verhandlungen befürchten."
Der frühere SPD-Vorsitzende und jetzige Chef der Organisation Atlantik-Brücke, Sigmar Gabriel, ging mit Trump ebenfalls hart ins Gericht. "Schlimmer würde es Putin auch nicht treiben", schrieb er auf X.
Der AfD-Co-Vorsitzende Tino Chrupalla stellte sich in einer Stellungnahme auf X hinter den US-Präsidenten. Der ukrainische Präsident sei nicht bereit für Frieden. "Den Frieden muss es trotzdem geben – auch ohne den Bettelpräsidenten Selenskyj", schrieb Chrupalla. Die EU und Deutschland würden als Mittler ausfallen, deshalb müssten sich nun die USA und Russland einigen.
Der ehemalige CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet zeigte sich auf der Plattform X verwundert. "Jenseits der berechtigten Empörung über die Art und Weise der Demütigung des ukrainischen Präsidenten bleibt die Frage, seit wann eigentlich im Oval Office vor laufenden Kameras kontrovers zwischen Gast und Gastgeber diskutiert wird", schrieb er. "Diese Unsitte zerstört jegliche Form von Diplomatie und Vertraulichkeit. Internationale Lösung von Krisen und Konflikten ist keine Talkshow."
"Ich habe keine Worte": Entsetzen in der Ukraine
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat nach dem Eklat im Weißen Haus einen sofortigen Gipfel zwischen Europa und den USA vorgeschlagen. Zugleich warnte sie am Abend in Rom vor einer Spaltung des Westens. "Jede Spaltung des Westens macht uns alle schwächer und begünstigt die, die den Untergang unserer Zivilisation herbeiführen wollen", mahnte Meloni in einer Erklärung.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas schrieb nach dem Eklat im Weißen Haus auf X: "Es wurde heute deutlich, dass die freie Welt einen neuen Anführer braucht." Die Europäer müssten diese Herausforderung annehmen. "Die Ukraine ist Europa. Wir stehen an der Seite der Ukraine." Man werde die Unterstützung für die Ukraine erhöhen, damit diese ihren Kampf gegen den Aggressor fortsetzen könne.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mahnte zu Respekt für Selenskyj und die Ukraine. "Es gibt einen Aggressor, und das ist Russland, und es gibt ein angegriffenes Volk, und das ist die Ukraine", sagte Macron am Freitagabend am Rande eines Staatsbesuches in Portugal. Macron rief dazu auf, "diejenigen zu respektieren", die seit Kriegsbeginn kämpften.
Der polnische Präsident Donald Tusk sicherte Selenskyj und der Ukraine derweil Polens Solidarität zu: "Lieber Wolodymyr Selenskyj, liebe ukrainische Freunde, ihr seid nicht allein", schrieb er am Abend wenige Minuten nach Selenskyjs vorzeitiger Abreise aus dem Weißen Haus.
In der Ukraine herrschte zunächst Entsetzen. "Wer freut sich am meisten darüber, was heute passiert ist? Ich denke, das ist (Russlands Präsident Wladimir) Putin", schrieb der oppositionelle Parlamentsabgeordnete Olexij Hontscharenko bei Telegram. Von der Sache her habe der Hauptverbündete live im Fernsehen alle Verbindungen abgebrochen. "Ich habe keine Worte", schloss er.
Selenskyj habe recht, erklärte Ministerpräsident Denys Schmyhal auf der Plattform X. "Frieden ohne Garantien ist nicht möglich." Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk teilte mit: "NIEMAND hat das Recht zu vergessen, dass in diesem Krieg Russland der Angreifer und die Ukraine das Opfer der Aggression ist."
Auch in den USA gibt es deutliche Kritik an dem Vorgehen Trumps. "Trump und Vance machen Putins Drecksarbeit", erklärte der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer in Onlinenetzwerken. "Die Demokraten im Senat werden nie aufhören, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen."
Russland lobt Trumps Verhalten
Doch es gab auch verteidigende Worte für Trump, insbesondere aus Russland. "Historisch" schrieb Kirill Dmitrijew, Chef des russischen Direktinvestitionsfonds, auf X. Dmitrijew war einer der russischen Unterhändler bei den Gesprächen zwischen Russland und den USA am 18. Februar im saudi-arabischen Riad. Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew erklärte mit Blick auf Selenskyj, "zum ersten Mal hat Trump dem Kokain-Clown die Wahrheit gesagt".
- Nachrichtenagentur Reuters