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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Aussage zur Russland-Affäre Der schweigsame Herr Mueller redet endlich
Die Russland-Affäre geht in die Verlängerung: Sonderermittler Robert Mueller sagt vor dem Kongress aus. Für die Demokraten, die Donald Trump überführen wollen, ist es der wichtigste Termin des Jahres.
Kurz vor der Sommerpause wird Washington noch ein politisches Spektakel erleben: Drei Monate nachdem er seinen Bericht zur Russland-Affäre vorgelegt hat, wird Sonderermittler Robert Mueller vor dem Kongress vernommen.
Mueller hatte zwei Jahre lang im Stillen seine Arbeit verrichtet, las nur ein einziges Mal ein zehnminütiges Statement vor der Kamera ab. Am Mittwoch soll er dem Parlament fünf Stunden Fragen beantworten.
Nicht nur die Nachrichtensender wie CNN und Fox News, sondern auch die großen Kanäle wie CBS und NBC werden live übertragen. Die oppositionellen Demokraten haben die Befragung schon in Hinterzimmern ausgiebig geprobt. Für jene von ihnen, die Material für eine mögliche Amtsenthebung des Präsidenten sammeln, ist es der wohl wichtigste Termin des Jahres.
Die Russland-Untersuchung ist zwar abgeschlossen. Doch das Urteil Muellers fiel so uneindeutig aus und die politische Lage ist so aufgeheizt, dass beide Seiten immer noch darüber streiten, was Muellers Bericht denn nun für Präsident Donald Trump bedeutet.
Die offenen Fragen
Den "kompletten Freispruch", den Trump immer wieder behauptet, lieferte Mueller nicht. Der Sonderermittler fand keine Beweise für illegale Geheimabsprachen mit Russland, doch er sprach Trump ausdrücklich nicht von Straftaten beim zweiten Untersuchungsgegenstand frei: der Frage der Justizbehinderung.
Muellers 448-seitiger Bericht wurde zwar im April – mit geschwärzten Stellen – öffentlich gemacht, lässt allerdings viele Fragen offen, unter anderem diese:
- Warum hat Mueller darauf verzichtet, Trump selbst zu vernehmen?
- Warum hakte Mueller trotz Unzufriedenheit über Trumps schriftliche Antworten, in denen der sich mehr als dreißig Mal auf Erinnerungslücken berief, nicht nach?
- Hält Mueller Trumps Handeln beim Punkt Justizbehinderung für so schwerwiegend, dass er eine Anklage empfiehlt, sobald Trump aus dem Amt geschieden ist?
Denn Mueller operierte bei seiner Untersuchung unter der Rechtsauffassung des Justizministeriums, nach der ein amtierender Präsident gar nicht angeklagt werden könne. Das ist nur einer von vielen Umständen, die Muellers Untersuchung und Ergebnisse so kompliziert machen.
Der schweigsame Herr Mueller
Mueller hätte zu diesen Punkten interessante Einsichten beizusteuern – doch es ist äußerst fraglich, ob er dies auch tun wird. Denn der schweigsame Herr Mueller hätte nämlich am liebsten überhaupt nicht ausgesagt und hat bereits angekündigt, bei der Anhörung nicht über seine Schlussfolgerungen im Report hinauszugehen. "Mein Bericht ist meine Aussage", sagte Mueller, als er im Mai sein kurzes öffentliches Statement abgab.
Auch das Justizministerium wies ihn an, sich an die Grenzen dessen zu halten, was im Bericht steht.
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Mueller hatte knapp zwei Jahre lang untersucht, ob es zwischen Trump, seinem Wahlkampfteam und der russischen Regierung illegale Geheimabsprachen gegeben hatte. Russland griff massiv in den Wahlkampf 2016 zugunsten Trumps ein, Mueller zeichnete das Ausmaß nach, klagte mehrere Russen und Amerikaner an, konnte aber Trump und seinem direkten Umfeld keine "verschwörerische Zusammenarbeit" nachweisen. Hier wird der Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses nachhaken.
Schwerpunkt: Einfluss auf Ermittlungen
Bei der Frage, ob Trump die Justiz behindert hat, hielt Mueller mehrere problematische Handlungen Trumps fest. Demnach drängte der Präsident etwa seinen Chefjustiziar Donald McGahn mehrfach dazu, Mueller zu entlassen, doch McGahn widersetzte sich. Diese Vorfälle und die mögliche Justizbehinderung werden das dominierende Thema im Justizausschuss sein.
Die Republikaner werden – ganz wie ihr Präsident – wohl versuchen, Muellers Untersuchung als parteiisch motiviert zu zeichnen. Die Demokraten hoffen, dass sie Mueller trotz dessen Ankündigung, sich zu beschränken, für Trump problematische Äußerungen entlocken können. Etwa über die Rolle von Trumps Justizminister William Barr, der Muellers Ergebnisse verzerrt wiedergab.
- Analyse zum Mueller-Report: Komplett entlastet? Von wegen!
- Kommentar: Trumps düsterer Plan
Offenbar glauben die Demokraten, dass es schon genügt, wenn Mueller seine Erkenntnisse noch einmal für die Kameras wiederholt – schließlich haben nur die wenigsten Amerikaner Muellers 448-Seiten-Report studiert. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, der Demokrat Adam Schiff, formuliert das Ziel so: "Wir wollen, dass Mueller den Bericht zum Leben erweckt."
Einer wird ein paar Kilometer vom Kongress entfernt sicher ganz genau zuschauen: Donald Trump.
- eigene Recherchen
- US-Justizministerium: Mueller-Bericht (PDF, engl.)
- Washington Post: Justice Department tells Mueller to not answer a wide swath of questions (engl.)