Flop-Gipfel in Hanoi Nordkoreaner widersprechen Trump: "Er verlangte mehr"
Es ist das große Scheitern auf internationaler Bühne: Vom Gipfel mit seinem "Freund" Kim Jong Un kehrt Trump mit leeren Händen nach Hause zurück. Dort wartet neuer Ärger.
Die Tafel im Hotel "Metropole" in Hanoi war schon gedeckt, Blumen schmückten den Tisch, um 11.55 Uhr wollte US-Präsident Donald Trump hier mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un speisen. Das Mittagessen sollte der letzte Termin vor Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung sein, mit der die beiden bei ihrem zweiten Gipfel Geschichte schreiben wollten.
Nicht nur das Essen, auch die Erklärung fiel aus. Der Gipfel ist gescheitert. Ein Debakel für Trump – der einen Erfolg angesichts des gewaltigen Ärgers zu Hause so dringend gebraucht hätte. Der US-Präsident sagt später, Pjöngjang wollte mehr Zugeständnisse, als die USA zu machen bereit waren. Die Nordkoreaner widersprechen: Nicht sie hätten auf Maximalforderungen bestanden – Trump wollte einfach mehr.
Dabei hatte das Treffen vielversprechend begonnen. Trump ging gewaltig in Vorleistung. Vor acht Monaten in Singapur hatte Kim grundsätzliche Bereitschaft zur "Denuklearisierung" verkündet. Trump rückte nun davon ab, dass Nordkorea Atomwaffen und Raketen schnell abrüsten müsse. "Es gibt keine Eile", sagte er in Hanoi. "Geschwindigkeit ist nicht wichtig." Hauptsache, Kim teste nicht mehr.
"Grausamer Diktator" als Freund
Das muss Kim allerdings vermutlich auch gar nicht mehr: Glaubt man ihm, dann sind die Atomwaffen und Raketen Nordkoreas einsatzbereit. Die US-Geheimdienste sind ebenfalls davon überzeugt, dass Nordkorea jetzt schon eine atomare Bedrohung darstellt. Nicht nur in der Sache kam Trump Kim entgegen. Mit dem gemeinsamen Auftritt auf der Weltbühne wertete er den isolierten Machthaber auf. Schon das ist ein Erfolg für Kim.
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Nur etwas mehr als ein Jahr ist es her, dass Trump sagte: "Kein Regime hat seine eigenen Bürger totaler oder brutaler unterdrückt als die grausame Diktatur in Nordkorea." In Hanoi spielten Menschenrechte nun gar keine Rolle. Unmittelbar vor dem Wiedersehen schickte Trump einen Tweet in die Welt, in dem er den Diktator seinen "Freund" nannte. Im Anschluss an den "Handshake" sagte er: "Es ist eine Ehre, mit dem Vorsitzenden Kim zusammen zu sein."
Cohen stiehlt Trump die Show
Nach dem Abendessen lobte Trump den "sehr guten Dialog" mit Kim. Er sprach von einem "großartigen" Treffen. Als er sich nach der Rückkehr ins "Marriott"-Hotel vor den Fernseher setzte, dürfte seine Laune allerdings in den Keller gegangen sein. Trump konnte live zusehen, wie ihn sein Ex-Anwalt Michael Cohen zu Hause, auf der anderen Seite der Welt, als Betrüger und Rassisten verunglimpfte - und wie Cohen ihm, dem Showman, die Schau stahl.
Voreilige Ankündigung aus dem Weißen Haus
Mit einem Durchbruch in Hanoi hätte Trump Cohen aus den Schlagzeilen verdrängen können. Am späten Mittwoch sah es zunächst tatsächlich nach einem Erfolg aus: Das Weiße Haus teilte mit, Trump und Kim würden am Donnerstag eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen. So etwas kündigt man eigentlich nur an, wenn die Sache praktisch unter Dach und Fach ist – weil eine spätere Absage sonst jedem unmissverständlich deutlich macht, dass der Gipfel krachend gescheitert ist.
"Kim hat es übertrieben"
Trump erklärt das Debakel anschließend so: "Ich hätte heute einen Deal abschließen können, aber das wäre etwas gewesen, womit ich nicht glücklich gewesen wäre." Gescheitert sei alles an der Maximalforderung der Nordkoreaner: "Sie wollten die Aufhebung der Sanktionen in ihrer Gänze, und das konnten wir nicht tun." Kims Zusagen beim Abbau von Atomwaffen seien nicht weitreichend genug gewesen. Der Experte Daniel Davis von der US-Denkfabrik Defense Priorities in Hanoi sagte: "Kim hat es übertrieben."
Das sehen die Nordkoreaner ganz anders. Sein Land habe nicht auf der vollständigen Aufhebung der Sanktionen bestanden, sondern nur eine teilweise gefordert, betont Außenminister Ri Yong Ho. Pjöngjang habe realistische Vorschläge gemacht. Trump aber habe mehr verlangt.
Nordkorea bot demnach etwa an, für die teilweise Aufhebung von Sanktionen den Atomreaktor in Yongbyon zu demontieren. Auch habe man den dauerhaften Abbau der Nuklear-Produktion – darunter Plutonium und Uran – in Aussicht gestellt. Dem US-Präsidenten aber hätte das nicht ausgereicht, so Ri.
Trump über Kim: "Wir mögen einander einfach"
Trump wäre nicht Trump, würde er nicht trotzdem versuchen, das Treffen als Erfolg zu verkaufen – wobei das diesmal selbst ihm nicht leicht fällt. "Ich denke tatsächlich, es waren zwei sehr produktive Tage", sagte er bei einer Pressekonferenz vor seinem Abflug. In alte Zeiten, als er und Kim sich mit Beschimpfungen überzogen, will Trump trotz allem nicht zurückfallen. "Wir mögen einander einfach. Wir haben eine gute Beziehung." Von Kim selbst war nichts mehr zu hören.
Mit dem Gipfel ist nun Trumps wichtigstes außenpolitisches Projekt gescheitert, mit dem er kaum verhohlen auf den Friedensnobelpreis geschielt hatte. Von globaler Bedeutung ist, dass sich auf absehbare Zeit die Hoffnungen auf atomare Abrüstung Nordkoreas zerschlagen haben. Das Weiße Haus kündigte zwar an, die "jeweiligen Teams" wollten ihre Gespräche fortsetzen. Einen neuen, dritten Gipfel dürfte es so schnell aber nicht geben.
Nach dem Fehlschlag drohen in Ostasien nun neue Spannungen. Schon Kims Neujahrsansprache enthielt eine klare Warnung: Sollten die USA versuchen, "einseitig Sanktionen und Druck aufrechtzuerhalten", könnte sich sein Land genötigt sehen, "neue Wege zu finden", seine Souveränität und Interessen zu verteidigen. Für China, Japan und Südkorea ist das Scheitern ein schwerer Rückschlag auf dem Weg zu Frieden, Stabilität und Abrüstung.
Provokationen als Grundlage
"Für Nordkorea bereiten Provokationen häufig die Grundlage für Verhandlungen", schrieb Bruce Klingner von der US-Denkfabrik Heritage Foundation vor dem Gipfel. Die Taktik ähnelt der Politik von Trump, der häufig erst Chaos stiftet oder Abkommen aufkündigt, um dann neu zu verhandeln. Insofern könnten hier zwei ähnliche Strategien aufeinandergeprallt sein – oder schlicht Fehlkalkulationen.
Auch Gastgeber Vietnam hatte auf einen Erfolg gehofft. Die staatliche Zeitung "Viet Nam News" erschien am Donnerstag mit einem riesigen Foto des Handschlags von Kim und Trump auf dem Titel. "Give Peace a Chance", lautete die Schlagzeile dazu, die noch am selben Tag überholt war – gebt dem Frieden eine Chance.
Trumps Abflug
"So, das war's", sagte Trump am Ende seiner Pressekonferenz. "Meine Damen und Herren, ich werde gleich in ein Flugzeug steigen und zu einem wundervollen Ort namens Washington, DC, zurückfliegen."
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In dem "wundervollen Ort" erwartet Trump allerdings neues Ungemach: FBI-Sonderermittler Robert Mueller könnte schon bald seinen Bericht vorlegen. Darin wird es auch darum gehen, ob es im Wahlkampf 2016 Geheimabsprachen des Trump-Lagers mit Vertretern Russlands gab. Kurz nach Trumps Abschiedsworten hob die Air Force One vom Flughafen Hanoi ab – zwei Stunden vor der eigentlich geplanten Zeit.
- Nachrichtenagentur dpa