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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Lügen, Skandale, Verurteilungen Was Trump jetzt droht
Donald Trumps Präsidentschaft ist durchdrungen von Lügen, Skandalen und Vorwürfen. Bisher hat er alles relativ unbeschadet überstanden. Nun wird es bedrohlich für Trump.
Die Gerichtsverhandlungen gegen zwei der engsten Vertrauten von US-Präsident Donald Trump, seinen Ex-Anwalt Michael Cohen und seinen ehemaligen Wahlkampfleiter Paul Manafort, bringen Trump zunehmend in Bedrängnis.
Cohen räumte vor Gericht ein, Schweigegeld an zwei Frauen gezahlt zu haben, die mit Trump eine Affäre gehabt haben sollen, und damit gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen zu haben – im Auftrag eines namentlich nicht genannten Präsidentschaftskandidaten. Ziemlich sicher: Trump selbst. Manafort wurde wegen Banken- und Steuerbetrugs in mehreren Anklagepunkten schuldig gesprochen. Ihm drohen viele Jahre Haft.
Trump sieht sich dadurch nun mit Vorwürfen der Verschwörung zum Wahlkampfbetrug konfrontiert.
Dazu kommt die Anschuldigung, Trump und sein Team hätten im Wahlkampf unzulässige Kontakte zu Russland unterhalten, um so die Wahl zu manipulieren. Diese Anschuldigung und den Vorwurf der Behinderung der Justiz untersucht Sonderermittler Robert Mueller. Niemand weiß, wie weit Mueller mit seinen Ermittlungen vorangeschritten ist. Das macht Trump zunehmend nervös.
Außerdem hat Trump sogar Hardcore-Unterstützer mit seinem Auftritt in Helsinki verprellt. Neben Russlands Präsident Wladimir Putin sitzend, erklärte Trump, dass er nach einem langen Gespräch mit Putin keinen Grund habe zu glauben, dass Russland sich in die Wahl eingemischt hätte. Damit widersprach Trump Erkenntnissen seiner eigenen Geheimdienste. Das republikanische Urgestein John McCain kritisierte Trump darauf mit drastischen Worten. Der Auftritt in Helsinki stelle einen "Tiefpunkt in der Geschichte der amerikanischen Präsidentschaft" dar und sei "einer der beschämendsten Auftritte" eines US-Präsidenten gewesen.
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Zudem hat sich Trump einen Namen als notorischer Lügner gemacht, führt einen regelrechten Krieg gegen einen Großteil der unabhängigen US-Medien und legt sich mit einer US-Institution nach der anderen an. Zuletzt unterstellte er der US-Notenbank, Einfluss auf die Geldpolitik nehmen zu wollen.
Und dennoch ist er weiter im Amt.
Der mühsame Weg bis zur Amtsenthebung
Die Vorwürfe würden zwar mit aller Wahrscheinlichkeit ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump rechtfertigen. Der Weg zu einem solchen Impeachment ist jedoch lang – das Verfahren ist kompliziert.
Zwei Jahre vergingen nach dem Einbruch in die damalige Parteizentrale der Demokraten, das Watergate-Hotel, bis die Ermittlungen gegen den republikanischen Präsident Nixon konkret wurden. Beim ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton dauerte es ebenfalls fast zwei Jahre vom Bekanntwerden seiner Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky bis zum Abschluss des Amtsenthebungsverfahrens wegen Meineids, dass nach 21 Verhandlungstagen scheiterte.
So könnte es zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump kommen:
Ein US-Präsident kann nach der amerikanischen Verfassung nur vom Kongress aus dem Amt entfernt werden. Dazu gibt es das Impeachment-Verfahren. Politische Gründe reichen dafür nicht. Laut Verfassung ist ein Impeachment nur möglich im Fall von "Verrat, Bestechung oder anderen schweren Verbrechen und Vergehen" genannt – eine nähere Definition gibt es nicht.
Das Impeachment wird vom Repräsentantenhaus eingeleitet. Erste Schritte des Verfahrens erfolgen in dessen Justizausschuss. Am Ende verabschiedet die gesamte Kammer mit einfacher Mehrheit eine Liste von Anklagepunkten. 218 von 435 Mitgliedern müssten zustimmen. Derzeit haben die Republikaner 238 Sitze, die Demokraten 193. Das bedeutet, dass 25 republikanische Mitglieder des Repräsentantenhauses überzeugt werden müssten, für eine Amtsenthebung Trumps zu stimmen.
Kommt diese Mehrheit zustande, werden die Anklagepunkte an den Senat weitergeleitet. Diesem kommt die Funktion eines Gerichts zu. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs leitet das Verfahren, einer Verurteilung müssen am Ende zwei Drittel der anwesenden Senatoren zustimmen. Die Kammer hat 100 Mitglieder – derzeit 51 Republikaner, 47 Demokraten und zwei Unabhängige. Sollte Trump für schuldig befunden werden, wäre er mit sofortiger Wirkung seines Amtes enthoben.
Für Trump bedeutet das, dass er seine erste Amtszeit so gut wie sicher auch dann beenden könnte, wenn ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eingeleitet würde. Noch ist allerdings kein Verfahren aufgenommen worden.
Woran liegt das?
- Für ein Impeachment-Verfahren müssten sich zahlreiche Republikaner gegen ihren Präsidenten stellen. Unter den vorhandenen parteiinternen Trump-Kritikern gibt es aber keine Führungspersönlichkeit, die die Einleitung eines Verfahrens gegen Trump initiieren und verantworten will. Gebraucht würde ein Wortführer, der eine Mehrheit gegen Trump hinter sich bringt und gleichzeitig keine eigenen Ambitionen auf eine Präsidentschaft hegt. Denn: Wer einen Präsidenten aus der eigenen Partei stürzt, wird kaum eine Mehrheit für eine Kandidatur bekommen.
- In den USA stehen im November Kongresswahlen an. Die sind eminent wichtig für Republikaner und Demokraten. Die Demokraten hoffen auf einen Wiedergewinn der Mehrheit im Repräsentantenhaus – womit sie selbst ein Impeachment-Verfahren in die Wege leiten könnten. Die Republikaner wollen unter allen Umständen ihre Mehrheiten in beiden Kammern, dem Senat und dem Repräsentantenhaus, verteidigen und werden daher im Vorfeld sicher nicht ihren eigenen Präsidenten beschädigen.
Die auffällige Zurückhaltung des Vizepräsidenten
Sollte Trump tatsächlich durch ein Impeachment-Verfahren aus dem Amt gejagt werden, gibt es in den USA keinen Automatismus für Neuwahlen. In diesem Fall übernähme der Vizepräsident die Amtsgeschäfte.
Das ist Mike Pence und der hält sich derzeit auffällig zurück – sowohl mit deutlicher Kritik an als auch mit eindeutiger Unterstützung für Trump. Viele vermuten dahinter eine Taktik: Pence bereite insgeheim seine eigene Präsidentschaft vor und will die Trump-Ära daher möglichst unbeschadet überstehen.
- Eigene Recherche
- Bericht bei "The Telegraph"