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Warum Donald Trump seine Lügen nicht schaden


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Der Teflon-Präsident
Trumps Strategie der Lüge


Aktualisiert am 16.08.2018Lesedauer: 4 Min.
US-Präsident Donald Trump: Das Lügen gehört für ihn zum politischen Alltag. Bisher kommt er in seiner Amtszeit auf 7,6 Unwahrheiten pro Tag.Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump: Das Lügen gehört für ihn zum politischen Alltag. Bisher kommt er in seiner Amtszeit auf 7,6 Unwahrheiten pro Tag. (Quelle: getty-images-bilder)
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Vor 20 Jahren wäre US-Präsident Bill Clinton wegen einer einzigen Lüge beinahe seines Amtes enthoben worden. Donald Trump lügt ununterbrochen und es schadet ihm nicht. Der Versuch einer Erklärung.

Der damalige US-Präsident Bill Clinton musste am 17. August 1998 zugeben, dass er gelogen hatte. Ein Mal. Er hatte bestritten, eine Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky gehabt zu haben und gestand sie nun öffentlich ein. Es folgten Meineidanschuldigungen gegen Clinton und ein Amtsenthebungsverfahren, das erst 1999 beendet wurde. Clinton blieb im Amt, agierte aber bis zum Ende seiner Amtszeit 2001 als "lame duck" – als "lahme Ente", die politisch kaum noch etwas umsetzen konnte. Donald Trump verdreht die Wahrheit, wie es ihm gefällt und bisher schadet es ihm nicht. Seine Lügen perlen an ihm ab wie an einer Teflon-Beschichtung. Woran liegt das? Der Versuch einer Erklärung.

Trump hat Lügen zu seinem Programm gemacht. Schon bei seiner Amtseinführung log er, als er behauptete, es seien mehr Menschen vor dem Weißen Haus gewesen als bei der von Barack Obama. Fernsehbilder und Luftaufnahmen belegten eindeutig, dass dem nicht so war. Trump beharrte dennoch auf seiner Einschätzung. Das war nur der – harmlose – Beginn einer Lügenflut, der einmalig in der Geschichte der US-Präsidenten ist.


Mehrere Organisationen und Nachrichtenportale sammeln Trumps Lügen – mit atemberaubenden Ergebnissen. Die "Washington Post" kommt seit Trumps Amtsantritt am 20. Januar 2017 bis Ende Juli 2018 auf 4.229 falsche oder irreführende Aussagen. Das bedeutet, dass Trump über 7,6 Mal am Tag nicht die Wahrheit sagt.

Besonders dreiste Trump-Lügen:

  • Die Russland-Untersuchung ist eine "erfundene Geschichte" (Russia Investigation is a "made-up story"), sagte Trump am 11. Mai 2017 in einem "NBC"-Interview: Auch wenn bisher keine direkte Verbindung zwischen Trump und Russland nachgewiesen werden konnte, Fakt ist: Es gab weitreichende und zumindest fragwürdige Beziehungen zwischen Trump-Vertrauten und russischen Partnern. Die US-amerikanischen Geheimdienste sind sich in ihrer Einschätzung einig, dass Russland versucht hat, die Präsidentschaftswahlen in den USA zu beeinflussen. Es gibt also sehr gute Gründe, den Einfluss Russlands auf die US-Wahlen zu untersuchen. Genau das ist die Hauptaufgabe des Sonderermittlers Robert Mueller, der schon vier von Trumps ehemaligen Angestellten angeklagt hat. Das "Russia thing" wie Trump es gerne nennt, ist also real und keine erfundene Geschichte.
  • "Wir haben die größten Steuersenkungen und -reformen in der amerikanischen Geschichte beschlossen." ("We enacted the biggest tax cuts and reforms in American history.") Mehrfach wiederholte Trump diese Behauptung (nach Zählung der "Washington Post" 88 Mal), die schlichtweg falsch ist. Die Steuersenkungen der Trump-Regierung sind nach einhelliger Einschätzung von Experten geringer als die unter Ronald Reagan 1981 und sogar niedriger als zwei Steuersenkungen unter Barack Obama. Insgesamt sind die Trump-Entlastungen die achthöchsten in der US-Geschichte seit 1918.
  • "Wir haben mehr Gesetze unterzeichnet als irgendjemand. Wir haben den Rekord von Harry Truman gebrochen." ("We have signed more legislation than anybody. We broke the record of Harry Truman.") Trump sagte das am 27. Dezember 2017 und lag auch hier komplett falsch. Tatsächlich war er zu diesem Zeitpunkt der US-Präsident, der – gemessen an seiner Amtszeit – am wenigsten Gesetzesentwürfe unterzeichnet hatte.

Bisher hat Trumps unverfrorener Umgang mit der Wahrheit keinen substantiellen Schaden für seine Präsidentschaft angerichtet. Das ist erstaunlich, vor allem im Vergleich mit der einen Lüge, die Clinton fast das Amt gekostet hätte. Wie schafft Trump es, als entlarvter Dauerlügner dennoch im Amt zu bleiben und – zumindest bei seinen Anhängern – kaum an Zustimmung zu verlieren?

Drei Faktoren sind auffällig:

  • Trump verbreitet so viele Lügen, dass die Medien und politischen Gegner gar nicht mehr hinterherkommen, den Wahrheitsgehalt von Trumps Aussagen zu überprüfen.
  • Trump unterstellt mit seinem perfiden Konzept der "Fake News" seinerseits, dass alle – negativen – Berichte über ihn Lügen sind. So bringt er die Medien generell in Rechtfertigungszwang und in Verruf bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung.
  • Trump macht Unberechenbarkeit zum Programm. Er verwirrt seine politischen Gegner, aber auch Verbündete systematisch. Immer wieder ändert er von einem Tag auf den anderen – manchmal auch innerhalb von Stunden wie nach dem G7-Gipfel in Kanada – seine Meinung und zwingt die Gegenüber so in eine ungünstige Verhandlungsposition. Eine Taktik, die Trump auch schon als Geschäftsmann häufig erfolgreich angewendet hat.
  • Trump hat ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit. Sie interessiert ihn einfach nicht, ist für ihn kein ethischer Grundsatz. Wahr oder richtig ist für Trump, was ihm hilft und gut für ihn ist. Was ihm schadet, kann in dieser Logik nicht wahr sein. Damit erfüllt Trump essentielle Kriterien, mit denen Experten einen Narzissten charakterisieren.
  • Es interessiert Trump daher auch nicht, wenn er bei einer Lüge erwischt wird. Aufrichtige Entschuldigungen für Falschaussagen waren von ihm bisher nicht zu hören. Im Gegenteil: Nutzt ihm eine – offensichtliche und entlarvte – Lüge, nutzt er sie weiter für seine Agenda.

Trumps Ziel mit seiner Lügen-Taktik: Er will für sich und seine Anhänger eine eigene Realität schaffen. Eine, in der alles wahr und richtig ist, was der Präsident sagt – und alles falsch und gelogen, was die Gegner sagen. Für dieses Ziel diskreditiert er die Medien, die ihn kritisch beobachten und untergräbt systematisch ihre Autorität. Wer dagegen – fast – ausschließlich positiv über ihn berichtet, wie sein Haussender "Fox News", darf sich über überschwängliches Lob und Einschaltempfehlungen des US-Präsidenten höchstpersönlich freuen.

Trump ist der Meinung, die USA müssen ihm dienen

Dahinter steckt eine gefährliche Grundannahme. Trump ist offensichtlich nicht der Meinung, dass er als Präsident den USA dient, sondern umgekehrt: Die USA müssen ihm als Präsidenten dienen. Damit meint er nicht nur das politische und ökonomische System, sondern auch die gesamte Medienlandschaft. In dieser Logik ist der Präsident die USA. Wer Trump angreift, greift die USA an – und ist folglich ein Feind der USA, der bekämpft werden muss.

Inwieweit Trumps Taktik am Ende aufgeht, ist offen. Allerdings sollte Trump vorsichtig sein. Auch die beste Teflon-Beschichtung lässt bei starkem Gebrauch irgendwann einmal nach. Reparieren kann man sie nicht. Dann muss eine neue her.

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