Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online."Ökonomische Kriegserklärung" Jetzt kann Trump den Handels-Notstand verhängen
Präsident Trump hat Strafen gegen die wichtigsten Handelspartner der USA verhängt. China sowie Kanada und Mexiko reagieren darauf empört. Wird nun ein Handelskrieg wahrscheinlicher?
Inhaltsverzeichnis
- Was sind Strafzölle – und sind sie legal?
- Verbietet die Welthandelsorganisation (WTO) nicht Strafzölle?
- Welche Ziele verfolgt Trump mit seiner Zollpolitik?
- Welche Folgen haben Trumps Zölle für die USA?
- Wie reagieren Kanada, Mexiko und China?
- Welche Folgen hat das für die EU und Deutschland?
- Wie reagiert die Bundesregierung?
US-Präsident Donald Trump macht seine Drohung wahr und verhängt weitreichende Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China. Trump unterzeichnete entsprechende Anordnungen. Demnach werden Zölle in Höhe von 10 Prozent auf alle Einfuhren aus China erhoben und 25 Prozent auf Importe aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada. Für Energie-Einfuhren aus Kanada wiederum soll ein Satz von 10 Prozent gelten. Während die Zölle für Kanada und China direkt in Kraft treten, setzt Trump nach einem Gespräch mit Präsidentin Claudia Sheinbaum die Zölle für Mexiko zunächst einen Monat aus.
In Trumps Dekreten gibt es auch einen Passus, wonach die Zölle noch erhöht oder ausgeweitet werden könnten, falls die Länder mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren sollten – etwa mit Gegenzöllen auf Waren aus den USA. Trumps Entscheidung hat gravierende Folgen. t-online beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.
Was sind Strafzölle – und sind sie legal?
Zölle sind Abgaben, die beim Import von Waren erhoben werden. Landläufig ist auch von Schutz- oder Strafzöllen die Rede, das liegt immer im Auge des Betrachters. Wer die Zölle verhängt, spricht eher von Schutzzöllen, die die eigene Wirtschaft oder Sicherheit schützen. Der Geschädigte spricht eher von Strafzöllen, weil er sich als Konkurrent bestraft fühlt.
Zölle sollen heimische Industrien vor fremder Konkurrenz schützen, indem deren Güter verteuert werden. Das schadet der Wettbewerbsfähigkeit ausländischer Waren auf dem heimischen Markt.
So erhebt die EU seit Ende Oktober 2024 Extrazölle auf E-Autos aus China. Die Europäische Kommission will damit die Zukunft der Autoindustrie in der EU sichern. Sie kam bei einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass chinesische Hersteller von unfairen Subventionen profitieren, die ihnen einen erheblichen Vorteil auf dem europäischen Markt verschaffen.
Auch beim Export aus einem Staat oder Wirtschaftsraum können Zölle anfallen, dann spricht man von Ausfuhrzöllen. Sie können als Einnahmequelle für einen Staat dienen oder etwa, um den Export begehrter Güter ins Ausland zu begrenzen.
Verbietet die Welthandelsorganisation (WTO) nicht Strafzölle?
Die WTO ist keine Behörde, die über die Rechtmäßigkeit von Zöllen wacht. Vielmehr überwachen sich die inzwischen 166 Mitgliedsländer gegenseitig. WTO-Mitglieder wie die USA machen beim Beitritt Zusagen und können Zölle danach nicht einfach erhöhen, außer ihre nationale Sicherheit wäre bedroht. In der WTO gilt das sogenannte Prinzip der Meistbegünstigung. Das heißt, dass ein Zollsatz, der einem anderen Land gewährt wird, auch allen anderen zusteht. Ausnahmen gelten etwa bei Freihandelsabkommen oder für Entwicklungsländer.
Wenn ein WTO-Mitglied Strafzölle erhebt, können betroffene Länder dagegen klagen. Deswegen haben Mexiko und China bereits angekündigt, gegen die US-Zölle klagen zu wollen. Mit Verweis auf die nationale Sicherheit hatten die USA 2018 in Trumps erster Amtszeit zum Beispiel 25 Prozent Zölle auf Stahlprodukte und Aluminium erhoben. Mehrere Staaten klagten dagegen. Das WTO-Schiedsgericht gab ihnen 2022 recht und erklärte die Zölle für regelwidrig. Dann müssen Zölle angepasst werden oder Gewinner können ihre Verluste geltend machen.
Allerdings gingen die USA in Berufung. Allerdings haben sie seit vielen Jahren die Neubesetzung der Berufungsinstanz blockiert, um Reformforderungen durchzusetzen. Deshalb funktioniert die Instanz nicht, und der Fall hängt in der Luft.
Welche Ziele verfolgt Trump mit seiner Zollpolitik?
Trump kritisiert insbesondere Ungleichgewichte im Handel. Bereits in seiner ersten Amtszeit setzte er auf Protektionismus. Eine harte Zollpolitik passt nur zu gut in seine "America First"-Agenda.
Die Strafzölle nutzt er aber auch schlicht, um Macht zu demonstrieren. So forderte Trump erneut die Angliederung Kanadas an die USA. Washington zahle "hunderte Milliarden Dollar, um Kanada zu unterstützen", schrieb er auf seiner Plattform Truth Social, offenbar in Bezug auf das US-Handelsdefizit mit dem nördlichen Nachbarn. "Ohne diese massive Hilfe hört Kanada auf, als lebensfähiges Land zu existieren", behauptete er, ohne einen Beleg dafür anzugeben.
"Deswegen sollte Kanada unser geschätzter 51. Staat werden." Die Kanadier würden damit weniger Steuern zahlen, wären besser militärisch geschützt und vor allem würden die Zölle wegfallen, so Trump. Eine Idee, die – wenig verwunderlich – auf große Ablehnung in Kanada und in der internationalen Diplomatie stößt.
Trump wirft Mexiko, Kanada und China zudem vor, nicht genug gegen den Schmuggel der oftmals tödlichen Droge Fentanyl in die USA zu unternehmen. Mexiko und Kanada beschuldigt er darüber hinaus, illegale Migration in die USA nicht ausreichend verhindert zu haben. Im Fall von Mexiko scheint das Angebot der Präsidentin 10.000 Nationalgardisten zur Unterstützung an die mexikanisch-amerikanische Grenze zu schicken, Trump vorerst beruhigt zu haben.
Der US-Präsident beruft sich bei seiner Handelspolitik auf den "International Emergency Economic Powers Act". Auf dessen Grundlage kann der Staatschef sogar den nationalen Notstand ausrufen und den Handel einschränken. Das Weiße Haus erklärte, dass "die außerordentliche Bedrohung durch illegale Ausländer und Drogen, einschließlich des tödlichen Fentanyl, einen nationalen Notstand" darstelle.
Welche Folgen haben Trumps Zölle für die USA?
Besonders die Kosten in den USA dürften drastisch steigen. Ein Modell des EY-Chefvolkswirts Greg Daco über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Zölle geht davon aus, dass diese das US-Wachstum in diesem Jahr um 1,5 Prozentpunkte verringern, Kanada und Mexiko in eine Rezession stürzen und eine "Stagflation" im eigenen Land einleiten könnten. Mit Stagflation ist ein Szenario gemeint, bei dem die Wirtschaftsleistung stagniert, es aber gleichzeitig eine starke Teuerung (Inflation) gibt. Die zunächst ausgesetzten Zöllte für Mexiko sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Die Menschen in den USA sieht Dirk Jandura, Präsident des deutschen Außenhandelsverbands BGA, als Verlierer der Zoll-Politik ihres Präsidenten: "Trumps Entscheidung wird die Amerikanerinnen und Amerikaner teuer zu stehen kommen, Zölle wirken immer auf beiden Seiten."
Gegenmaßnahmen der betroffenen Länder würden einen "Handelskonflikt zwischen den Nationen" noch verschärfen, warnt er. "Die Verlierer sind immer die Endverbraucher, die die Preissteigerungen an der Kasse spüren. Ich würde mir wünschen, dass die Zölle noch abgewendet werden können", so Jandura. Denn: Produzenten reichen die höheren Kosten durch die Zölle in Form höherer Preise an die Kunden weiter.
Simone Menne, Präsidentin der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland, verweist darauf, dass hohe Einfuhrzölle Trump und der US-Wirtschaft selbst schaden würden. "Dann würden die Preise in den USA steigen, die Inflation zunehmen und der Dollar stärker bewertet werden, was die US-Exporte verteuert."
Auch US-Präsident Donald Trump hat mögliche Folgen für die US-Bürger als womöglich "schmerzhaft", aber am Ende lohnend bezeichnet. "Wird es schmerzhaft? Ja, vielleicht (vielleicht auch nicht!)", schrieb Trump am Sonntag auf "Truth Social". "Aber wir werden Amerika wieder groß machen und das wird den Preis wert sein, der dafür gezahlt werden muss", behauptete er.
Wie reagieren Kanada, Mexiko und China?
China will die US-Zölle auf chinesische Waren vor der Welthandelsorganisation (WTO) anfechten und kündigte Gegenmaßnahmen an, die aber nicht weiter beschrieben wurden. Die Zölle verstoßen gegen internationale Handelsregelungen, teilte das chinesische Handelsministerium mit.
Allerdings hielt sich China die Tür zu Gesprächen mit den USA offen und forderte die USA zu einem offenen Dialog auf. Der chinesische Außenminister Mao Bing machte zudem klar: "Fentanyl ist das Problem von Amerika."
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau kündigte an, dass Kanada mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent auf US-Waren, darunter Bier, Wein, Holz und Haushaltsgeräte, reagieren werde.
Trudeau hat die US-Regierung heftig kritisiert und gewarnt, dass ihre Entscheidung die "historische Beziehung" gefährden könnte, die beiden Ländern Wohlstand gebracht habe. In einer Rede am Samstagabend wandte er sich direkt an die Amerikanerinnen und Amerikaner, "unsere engsten Freunde und Nachbarn". Trumps Entscheidung werde Kanada schaden, aber auch Konsequenzen für das amerikanische Volk haben. Trudeau forderte seine Landsleute auf, über geplante Urlaube in den USA nachzudenken.
Die Zölle gegen Kanada könnten amerikanische Arbeitsplätze gefährden und zur Stilllegung von Fertigungsanlagen für Autos in den USA führen, so Trudeau. Zudem könnten sie höhere Preise für Lebensmittel, Benzin, Mineralien, Kali-Dünger, Uran und Stahl bedeuten.
Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum kündigte zuncähst ebenfalls Gegenmaßnahmen an. Auf X teilte sie mit, sie habe ihren Wirtschaftsminister angewiesen, Zölle auf US-Waren zu erheben und weitere Maßnahmen zu ergreifen, "um die Interessen Mexikos zu verteidigen". Am Montag teilte sie dann mit, dass sie und Trump sich in einem Telefonat auf eine Aussetzung der Zölle verständigt hätten. Im Gegenzug unterstütze Mexiko die Grenzsicherung und den Kampf gegen Drogenschmuggel.
Welche Folgen hat das für die EU und Deutschland?
Trump schürt mit den neuen Zöllen die Angst vor einem Handelskrieg, der die ganze Weltwirtschaft beeinträchtigen könnte. Auch auf die EU könnten US-Zölle zukommen. Über Maßnahmen gegen die Staatengemeinschaft will Trump zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden.
Trump hatte der EU in der Vergangenheit vorgeworfen, die USA in Handelsfragen "sehr, sehr unfair" zu behandeln. Nach seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus erneuerte er auch eine Zoll-Drohung gegen die EU.
Außenhandels-Experte Dirk Jandura sieht in den neuen US-Zöllen bereits ein deutliches Zeichen an die EU und Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen: "Wir dürfen nicht erstarrt abwarten, bis auch die EU oder Deutschland mit Zöllen belegt werden", warnt Jandura.
Besonders die hiesige Autoindustrie dürfte die Trump'sche Handelspolitik treffen, so die Befürchtung (t-online berichtete). Insbesondere sollte die angekündigten Zölle gegen Mexiko doch noch in Kraft treten.
Fast alle Hersteller und auch viele Zulieferer nutzen Mexiko als billigen Produktionsstandort – und bedienen von dort aus den US-Markt. VW, Audi und BMW haben in dem Land eigene Fabriken, Mercedes-Benz produziert in einem Gemeinschaftswerk mit Nissan. Und allein bei Audi gehen 98 Prozent der Autos in den Export, davon 40 Prozent in die USA.
Neue Zollschranken der USA werden hier zum ernsten Problem, sagt Branchenexperte Stefan Hecht von der Unternehmensberatung Advyce & Company. Denn mit einem zusätzlichen Aufschlag rechnet es sich kaum noch, Autos aus Mexiko in die USA zu schicken. Als Reaktion erwartet er, dass die Hersteller zumindest einen Teil der Fertigung von Mexiko in die USA verlagern, wo VW, BMW und Mercedes ebenfalls Werke haben.
Wie reagiert die Bundesregierung?
Der deutsche Bundeskanzler reagierte selbstbewusst. Auf die Frage nach möglichen europäischen Gegenmaßnahmen sagte Olaf Scholz (SPD), die EU sei ein starker Wirtschaftsraum und habe "ihre eigenen Handlungsmöglichkeiten". Auf dieser Stärke aufbauend, wolle man die wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA fortsetzen. Aber es gehe erst mal darum, dass "wir jetzt nicht die Welt aufteilen durch viele Zollbarrieren".
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte die USA vor Zollbeschränkungen und einem Handelskrieg mit der EU. "Als Europäer sind wir auf Gegenzölle vorbereitet. Die Amerikaner müssen wissen: Das ist eine ganz schlechte Alternative", sagte Habeck bei einer Bürgerveranstaltung des "Kölner Stadt-Anzeiger".
- Eigene Recherche
- The New York Times: "Here’s What to Know About Trump’s Tariffs" (kostenpflichtig, englisch)
- BBC: "China, Canada and Mexico vow swift response to Trump tariffs" (englisch)
- CNN: "Trump announces significant new tariffs on Mexico, Canada and China, sparking retaliatory actions" (englisch)
- Handelsblatt: "Kanada schlägt im Zollstreit zurück – 'Dollar für Dollar'" (kostenpflichtig)
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa-AFX, AFP und Reuters