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Donald Trump und Kennedy: Die Gesundheit der USA steht auf dem Spiel


Kennedy und Kahlschlag
Eine todgefährliche Krise für Millionen Amerikaner


29.01.2025 - 14:30 UhrLesedauer: 6 Min.
Donald Trump und Robert F. Kennedy Jr.: Eine gefährliche Kombination für Amerikas Gesundheit.Vergrößern des Bildes
Donald Trump (l.) und Robert F. Kennedy Jr.: Eine gefährliche Kombination für Amerikas Gesundheit. (Quelle: IMAGO/Robin Rayne)
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Trump wollte mit Robert F. Kennedy Jr. einen unbequemen Querdenker als Gesundheitsminister installieren. Doch jetzt droht ihm nicht nur deswegen sein erster großer innenpolitischer Skandal.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Robert F. Kennedy Jr. wird an diesem Mittwoch den Raum G-50 im "Dirksen Building", einem Parlamentsgebäude gleich neben dem Kongress, betreten. Punkt 10 Uhr Ortszeit beginnt dort der Finanzausschuss des Senats eine Anhörung zu seiner Nominierung als Gesundheitsminister. Doch kurz vor diesem wichtigen Termin haben sich die Chancen für den ohnehin umstrittenen Trump-Kandidaten verfinstert.

Robert F. Kennedy Jr., Neffe des berühmten ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy, hat weltweit längst Schlagzeilen gemacht. Sein kontroverser Hintergrund als Impfgegner, seine Verschwörungstheorien, seine oft extrem polarisierende Rhetorik und nicht zuletzt ein Wurm, der Teile seines Gehirns gefressen haben soll – all das wirkt wie das genaue Gegenteil dessen, was ein Gesundheitsminister mitbringen sollte.

Nicht nur deshalb aber dürfte sich diese Personalie zu einer der umstrittensten der zweiten Amtszeit von Donald Trump entwickeln. Denn zu den bereits bekannten Vorbehalten kam am Dienstag eine außergewöhnliche Wendung: Caroline Kennedy, die Tochter von John F. Kennedy und ehemalige US-Botschafterin in Australien und Japan, griff ihren Cousin in einem offenen Brief an die Senatoren scharf an. Ihr warnender Aufruf: "Ich fordere den Senat dringend auf, seine Nominierung abzulehnen."

Für Trump und Kennedy kommen ihre Äußerungen höchst ungelegen – nicht nur, weil sie einen Tag vor der Anhörung stattfanden. Vor den Augen von Millionen von Amerikanern entfaltet sich in diesen ersten Präsidentschaftstagen bereits ein Chaos im gesamten Gesundheitsbereich. Nicht nur die Vorgänge um Kennedy in Washington zeigen, wie heikel jede nicht durchdachte Entscheidung ist. Die Folgen betreffen Millionen von Amerikanern und damit auch die Zustimmungswerte von Trump.

Vier zentrale Aspekte stechen dabei bislang hervor:

1. Robert F. Kennedy Jr. als Gesundheitsminister

Warum will der US-Präsident überhaupt einen so heiklen Kandidaten im Kabinett? Trump hatte Kennedy belohnt, weil dieser seine Drittkandidatur zugunsten des Republikaners aufgegeben hatte. Es scheint sich gelohnt zu haben. Denn Kennedys jahrelanger, populistischer Kampf gegen "Big Pharma", also die mächtigen US-Pharmakonzerne, hat ihm viele Sympathien in breiten Bevölkerungsgruppen, bei demokratischen und republikanischen Wählern eingebracht. Aber der Preis für die Loyalität im Wahlkampf, nämlich einen solchen Querdenker zum Gesundheitsminister zu machen, könnte nun womöglich zu hoch werden.

Ausgerechnet einen bekannten Impfgegner zum Leiter des Gesundheitsministeriums (HHS) zu machen, könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass weniger Menschen Impfungen in Anspruch nehmen. Das hätte ganz konkrete Auswirkungen, denn Fälle von Krankheiten wie Masern, Keuchhusten, Kinderlähmung, Covid oder Grippe könnten wieder ansteigen. Dies würde nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung gefährden, sondern auch das Vertrauen in die Wissenschaft und die Glaubwürdigkeit der Regierung erschüttern.

Hinzu kam nun noch der offene Brief von Caroline Kennedy. Sie hatte sich bislang mit Äußerungen zu ihrem Cousin zurückgehalten, bezeichnet ihn jetzt aber als "Raubtier", der die öffentliche Gesundheit durch seine Anti-Impfkampagnen gefährden würde. Zugleich handle RFK Jr. scheinheilig, weil er entgegen der öffentlichen Rhetorik seine eigenen Kinder in Wahrheit impfen ließ. Der Brief liest sich wie eine öffentliche Vernichtung. RFK Jr. sei von raffgierigem Charakter, dem weder Geld noch Gesundheit anvertraut werden sollten, so Caroline Kennedy. Ihr Cousin habe von seinen Impf-Diffamierungen auch finanziell erheblich profitiert.

Caroline Kennedy schildert in ihrem Brief auch Episoden aus der gemeinsamen Jugend. "Er genoss es, damit anzugeben, wie er Hühnerküken und Mäuse in den Mixer steckte, um seine Falken zu füttern – oft eine perverse Szene aus Verzweiflung und Gewalt", schreibt sie. Es passt ins Bild: Kennedy hatte erst im vergangenen Sommer zugegeben, dass er im Jahr 2014 ein getötetes Bärenjunges einfach im Central Park entsorgt hat. Er inszenierte die Szene so, dass es aussah, als hätte ein Radfahrer das Tier angefahren. Er musste damals wohl schnell zum Flughafen und wusste sich nicht anders zu helfen.

2. Massive Kürzungen und Kommunikationsverbote

Weil Trump per Dekret zuletzt weitreichende Bundesmittel für zahlreiche Regierungsprogramme einfach gestrichen hat, scheint dies zu einem landesweiten Ausfall des sogenannten "Medicaid"-Programms geführt zu haben. Diese Gesundheitshilfe sichert mehr als 72 Millionen einkommensschwache Amerikaner zumindest mit einer Basis-Gesundheitsversorgung ab und ist für viele Familien schlicht unverzichtbar.

Der plötzliche Ausfall der Zahlungssysteme hat zudem Ärzte und Krankenhäuser unbezahlt zurückgelassen und Millionen Menschen in plötzliche finanzielle und gesundheitliche Unsicherheit gestürzt. Die Kürzungen könnten im schlimmsten Fall Krankenhausschließungen, steigende Behandlungskosten und eine Verschlechterung der Gesundheitsversorgung nach sich ziehen. Dies träfe vorwiegend sozial schwächere Bevölkerungsschichten, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.

Dementsprechend heftig reagierte das Weiße Haus umgehend auf Medienberichte und Klagen aus vielen Bundesstaaten. Trumps neue Pressesprecherin Karoline Leavitt bezeichnete sie vor Journalisten als "erfundene Fake-News-Propaganda". Die "Medicaid"-Zahlungen würden weiterhin bearbeitet, behauptete sie, obwohl zahlreiche Berichte aus den Bundesstaaten das Gegenteil nahelegen. Im Trump-Team schien man sich also nicht anders zu helfen zu wissen. Klar dürfte sein: Würden wirklich mehr als 70 Millionen Amerikaner keine Gesundheitsversorgung mehr haben, hätte Trump ein massives Problem.

Obwohl die Pressesprecherin höchste Transparenz der Regierung versprach, hatte Trump das Gesundheitsministerium (HHS) erst kurz zuvor angewiesen, alle öffentlichen Mitteilungen, die nicht direkt Notfälle oder lebenswichtige Informationen betreffen, bis zum 1. Februar auszusetzen. Dies bedeutet in der Folge, dass jeglicher Austausch im Gesundheitsbereich verboten ist. Nicht nur Pressemitteilungen, sondern auch wichtige Konferenzen müssen ausgesetzt werden, selbst Reisen von Wissenschaftlern zu Forschungszwecken sind von dem Kommunikationsverbot betroffen. Experten warnen, dass darin ein gezielter Angriff auf die Forschung stecke, der wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse blockiere.

3. Erneuter Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Trump hat erneut den Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veranlasst. Dieser Schritt könnte gravierende Konsequenzen für die globale Gesundheitsversorgung haben. Entwicklungsländer, die stark auf die Unterstützung der WHO angewiesen sind, könnten wichtige Hilfen verlieren. Doch auch für die USA birgt dieser Schritt Gefahren: Die WHO koordiniert weltweite Krisenreaktionen, etwa bei Pandemien. Ein Rückzug der USA könnte zu verzögerten Reaktionen auf Gesundheitsnotfälle führen, was langfristig auch die US-Bevölkerung gefährden könnte.

Ebenso könnten US-Forschungsprogramme leiden, weil die WHO eine entscheidende Rolle bei der Koordination globaler wissenschaftlicher Kooperationen spielt. Die USA könnten künftig von wichtigen Gesundheitsstudien, Medikamentenentwicklungen und Epidemieüberwachungen ausgeschlossen werden. Gerade in Zeiten wachsender Bedrohungen durch Infektionskrankheiten wie Covid-19 oder neue Virusvarianten könnte der Rückzug die nationale Sicherheit der USA im Gesundheitsbereich erheblich schwächen.

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Auch mit dieser Entscheidung droht Trump nicht nur Chaos, sondern auch Widerstand im System selbst. Die Kritik von Wissenschaftlern am Austritt aus der WHO ist groß. Mehr als 17.000 Ärzte haben außerdem bereits einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie den Senat auffordern, Kennedys Nominierung abzulehnen. Weil er falsche Behauptungen und Verschwörungstheorien verbreitet, sei er der öffentlichen Gesundheit in den USA abträglich, schrieben sie. Schon im Dezember 2024 hatten mehr als 75 Nobelpreisträger den US-Senat aufgefordert, Kennedys Amtsübernahme zu verhindern, weil er "die öffentliche Gesundheit gefährden" würde.

4. Entzug des Personenschutzes für Anthony Fauci

Es mag nur wie ein symbolischer Akt wirken. Aber eine weitere umstrittene Entscheidung mit Gesundheitsbezug ist der Stopp der Sicherheitsmaßnahmen für Anthony Fauci, den renommierten Immunologen und langjährigen gesundheitlichen Chefberater der US-Regierung unter Donald Trump und Joe Biden. Er war das Gesicht des Kampfes der USA gegen Covid-19. Und obwohl er schon vorher ein langjähriger Kämpfer für die öffentliche Gesundheit war, sieht er sich durch Fehlinformationen und Verschwörungstheorien – viele davon ausgerechnet von RFK Jr. befeuert – seit Jahren Morddrohungen ausgesetzt.

Dass Trump ihm gewissermaßen über Nacht den Personenschutz entzogen hat, wird als ein gezielter Affront gegen die Wissenschaft gewertet. Es ist ein politischer Rache-Schachzug, um Fauci weiter zu diskreditieren und wissenschaftliche Erkenntnisse generell als "politische Meinung" abzutun. Die zweite Trump-Regierung scheint insgesamt noch wissenschaftsfeindlicher vorzugehen als die erste.

Trump ist bereit, die Risiken einzugehen

Doch da passt Robert F. Kennedy Jr. nur zu gut in Trumps Kabinett. Der Präsident ist sich der Risiken zwar bewusst. Er ist aber offensichtlich bereit, sie einzugehen: Kennedy werde "weniger extrem sein als es scheint" und "offener" als viele denken, sagte Trump hinsichtlich der Kritik an seinem Wunschkandidaten. Trumps Ziel ist absolute Loyalität und Kontrolle, auch in diesem Bereich. Die ist ihm wichtiger als Kompetenz. Ob ausgerechnet der Querdenker Kennedy dafür der Richtige ist, muss sich aber erst zeigen.

Wie zerstörerisch Chaos gerade im Gesundheitsbereich ist, zeichnet sich bereits ab: Für Millionen von Amerikanern sind das keine abstrakten politischen Debatten – sie betreffen ihre Gesundheitskosten, ihr Leben und Überleben direkt. Es sind Auswirkungen, die gravierender nicht sein könnten. Und für Trump könnten sie zum größten innenpolitischen Problem werden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen und Recherchen
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