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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ein Rekord, der Fragen aufwirft Das steckt hinter der 25-Stunden-Rede im US-Senat

Der Demokrat Cory Booker hat mit 25 Stunden die längste Rede im US-Senat gehalten. Rein technisch handelte es sich aber nicht um einen Filibuster.
Der demokratische US-Senator Cory Booker hat mit einer 25-Stunden-Rede vor seinen Senatskollegen Aufsehen erregt. Eine Neuheit sind solche Marathonreden für den Politikbetrieb der USA aber nicht – Booker hat die bisher längste Rede nur um 47 Minuten überboten. t-online erklärt, was hinter der als Filibuster bekannten Methode steckt – und welche politischen Ziele sie verfolgt.
Für einen geregelten Ablauf in der Politik ist die Tagesordnung zentral. Sie legt fest, welche Redner vor einer Gesetzesabstimmung zugelassen sind. Wenn einer der Redner aber mit einem Filibuster aus der Reihe tanzt, wird dieser Ablauf gestört – und so Abstimmungen über bestimmte Gesetze verschleppt. Wenigstens in der Theorie gibt das den Parteien Zeit, um im Hintergrund weiter zu verhandeln und so Mehrheiten gegen bestimmte Projekte zu finden.
Filibuster: Reden als Verzögerungstaktik
In den meisten Ländern ist diese Verzögerungstaktik nicht möglich ist. Auch in Deutschland haben weil Redner im Parlament eines klares Zeitlimit. Nicht so in den USA: Eine Reglung aus dem Jahr 1806 erschwert es, Debatten im Senat zu beenden. Seit 1975 braucht es eine sehr seltene Drei-Fünftel-Mehrheit, um das Ende einer Rede zu erzwingen. Wenn die Mehrheitspartei nicht auf 60 Senatoren kommt, sind Filibuster für die Opposition also möglich.
In der jüngeren Vergangenheit wurden Filibuster vor allem genutzt, um Anliegen der Demokraten zu blockieren – zum Beispiel den "Green New Deal" oder die Anhebung des Mindestlohns unter Präsident Joe Biden. Der bisherige Rekordhalter im Filibustern ist Strom Thurmon. Der Senator aus den Reihen der Demokraten redete 1957 etwas über 24 Stunden. Er wollte damit ein Gesetz verhindern, dass Afroamerikanern das Wählen erleichtern sollte. Nach Thurmons Marathonrede wurde es trotzdem beschlossen.
Der Toiletten-Trick für die 25-Stunden-Rede
Eine Anforderung an die Filibuster-Redner ist, dass sie die ganze Zeit im Raum anwesend sind – auf die Toilette zu gehen, ist in der Zeit also nicht möglich. Der ehemalige Rekordhalter Thurmon erklärte, dass er deswegen vor seiner Rede 1957 in der Sauna war. Zudem soll die ganze Zeit ein Mitarbeiter mit einem Eimer in einem Nebenzimmer gewartet haben. So hätte Thurmon auf Toilette gehen können, ohne den Senatsraum zu verlassen.
Cory Booker erklärte US-Medien, einen anderen Trick genutzt zu haben: In Vorbereitung auf die Rede habe er schon Tage vorher gefastet. Als Nebeneffekt habe er deswegen während der Rede unter Krämpfen gelitten.
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Eine andere Anforderung ist, dass durchgängig und verständlich geredet wird. Dafür füllen Redner die Zeit oft mit Themen, die nicht politisch sind. Thurmon etwa soll alte Rezepte vorgelesen haben, Booker redete bei seiner 25-Stunden-Rede auch über Sport und nahm anspornende Fragen von den anwesenden Politikern an. Zudem war er mit Blick auf seine "biologischen Bedürfnisse" zu Scherzen aufgelegt.
Booker will Zeichen gegen Trump setzen
Booker erklärte nach seiner Rede, dass ihn der Rekord von Thurmond schon länger gestört habe. "Die längste Rede in unserem großartigen Senatssaal" wäre von jemandem gehalten worden, der versucht habe, ,Leute wie mich' davon abzuhalten, dort Platz zu nehmen", sagte Booker.
Dabei war Bookers Rede technisch gesehen gar kein Filibuster, weil im Senat keine Abstimmung über einen Gesetzestext anstand. Unter Donald Trump ist die Verzögerungstaktik weniger wirksam, weil der US-Präsident den Großteil seiner politischen Vorhaben am Senat vorbei über Dekrete umsetzt. Cory Booker erklärte, dass er mit der Aktion ein Zeichen gegen die Politik Trumps setzen wollte.
- deutschlandfunkkultur.de: "Nichts als reden"
- watson.ch: US-Senat: "Warum du jetzt wissen musst, was ein Filibuster ist"
- nytimes.com: "Booker Leverages Filibuster to Challenge Trump in Senate Showdown" (Englisch, kostenpflichtig)
- Mit Material der Nachrichtenagentur AFP