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Donald Trump droht mexikanischen Drogenkartellen mit Krieg


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Kampf gegen die Drogen
Trump erklärt den Kartellen den Krieg


24.11.2024Lesedauer: 6 Min.
Donald Trump: Er wird der neue US-Präsident.Vergrößern des Bildes
Donald Trump (Archivbild): Der designierte US-Präsident hat im Wahlkampf die Entsendung von US-Truppen nach Mexiko nicht ausgeschlossen. (Quelle: Alex Brandon/AP/dpa)
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Im Wahlkampf drohte Donald Trump mit der Entsendung von US-Truppen nach Mexiko. So will er Drogenkriminalität bekämpfen. Leidtragend könnte im Fall der Fälle jedoch die Zivilbevölkerung sein.

Mit markigen Worten sparte Donald Trump im Wahlkampf praktisch nie. Besonders in Fahrt kam der designierte Präsident jedoch stets, wenn es um eines seiner Herzensprojekte ging: die Migrationspolitik. Häufig nahm Trump dabei Mexiko ins Visier. Millionen Migranten, die der Republikaner als Kriminelle ansieht, sollen abgeschoben werden – der Großteil von ihnen kommt aus dem südlichen Nachbarland der Vereinigten Staaten. Und mehr noch: Trump droht dem Nachbarn mit hohen Einfuhrzöllen, die die mexikanische Wirtschaft auf die Probe stellen würden.

Noch martialischer aber wurde es, wenn es um Trumps Drogenpolitik ging. Militärische Schläge gegen mexikanische Drogenkartelle seien "absolut" auf dem Tisch, erklärte Trump im Juni in einem Interview mit Fox News. 300.000 Menschen würden in den USA jährlich an Überdosen der Droge Fentanyl sterben, die aus Mexiko ins Land gebracht werde, behauptete Trump. Sein designierter "Grenz-Zar" Tom Homan drohte den Kartellen, dass Trump ihnen "viel Aufmerksamkeit" schenken würde. Die Regierung Trump wolle die kriminellen Organisationen "ausschalten".

Homan soll sich als Chef der Polizei- und Zollbehörde ICE eigentlich um den Schutz der Grenze kümmern. Dass er sich nun den Drohungen seines künftigen Chefs an die mächtigen mexikanischen Drogenkartelle anschließt, lässt Böses erahnen. Denn in den vergangenen Jahrzehnten hat der "Krieg gegen die Drogen" der USA schon viele Wendungen angenommen. Zum Wohle der Menschen in den Ländern Lateinamerikas ist es jedoch selten ausgegangen.

"Mexiko reagiert empfindlich auf Verletzungen der nationalen Souveränität"

Laut dem Lateinamerika-Experten Günther Maihold sind die Länder Süd- und Mittelamerikas dabei oft eine Art Spielball der US-Politik. "Die Drogenpolitik und deren Folgen für die Länder Lateinamerikas gehen meist auf innenpolitische Entwicklungen in den USA zurück", sagt er im Gespräch mit t-online. Während Joe Biden die Drogenpolitik auch als Gesundheitspolitik verstand, sieht Trump darin vor allem ein Sicherheits- und Migrationsproblem. Und dabei schreckt er offenbar nicht vor drastischsten Maßnahmen zurück.

Lateinamerika-Experte Günther Maihold
(Quelle: privat)

Zur Person

Günther Maihold ist Soziologe und Politikwissenschaftler. Aktuell ist Maihold Honorarprofessor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin.
Zuvor arbeitete er unter anderem für die Friedrich-Ebert-Stiftung unter anderem in Mexiko, Nicaragua, Panama und Costa Rica. Bis Juni 2023 war Maihold stellvertretender Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Denn Trump würde laut eigener Aussage selbst dann im Kampf gegen die Kartelle zu militärischen Mitteln greifen, wenn Mexiko dem nicht zustimmt. Es wäre eine fatale Missachtung der Souveränität eines Staats. Während seiner ersten Präsidentschaft soll Trump dafür laut seinem ehemaligen Verteidigungsminister Mark Esper Raketenschläge in Betracht gezogen haben. Mittlerweile halten wohl selbst einige Republikaner die Idee einer Truppenentsendung nach Mexiko für nicht abwegig.

"Dass Trump reguläre Truppen nach Mexiko schicken könnte, ist überaus unwahrscheinlich", sagt Maihold dazu. Jegliche Intervention der USA müsste mit Mexiko abgesprochen werden – und "Mexiko reagiert sehr empfindlich auf Verletzungen der nationalen Souveränität", erklärt der Experte. Dennoch sei es denkbar, dass der designierte US-Präsident für eine Intervention einen Umweg nimmt: "Trump könnte auf private Sicherheitsfirmen setzen."

"Trump wird schlicht Fakten schaffen, wenn er das für richtig hält"

Völlig von der Hand zu weisen, ist eine Art von Intervention also nicht. "In der Vergangenheit hat sich Washington schon manchmal über die Souveränität Mexikos hinweggesetzt", so Maihold. "Auch Trump wird schlicht Fakten schaffen, wenn er das für richtig hält."

Was Maihold meint: Erst im vergangenen Juli nahmen US-Beamte den jahrzehntelang gesuchten Gründer des Sinaloa-Kartells, Ismael "El Mayo" Zambada García, auf einem kleinen Flughafen nahe der texanischen Stadt El Paso fest. Er war wohl vom Sohn des berüchtigten Drogenbosses "El Chapo", Joaquín Guzmán Loera, in Zusammenarbeit mit den US-Behörden in die Falle gelockt worden.

Mexiko reagierte ungehalten auf den Alleingang des Nachbarn, forderte einen "vollständigen Bericht" über den Vorgang sowie "Respekt" ein. Es hatte zuvor keinen offiziellen Auslieferungsantrag gegeben.

"Wichtig wäre ein Sicherheitsabkommen zwischen beiden Staaten", sagt Experte Maihold. Er befürchtet jedoch, dass der designierte US-Präsident einen anderen Weg einschlagen könnte: "Gegenüber Mexiko wird Trump vermutlich die Themen Migration, Drogen und Freihandel miteinander vermengen, um so Druck auf das Land auszuüben."

Besonders das Thema der Wirtschaft ist für Mexiko sensibel. Die USA sind der größte Abnehmer mexikanischer Produkte – und Trump droht mit der Anhebung von Einfuhrzöllen auf bis zu 100 Prozent.

Trump droht mit Einfuhrzöllen

Er forderte Mexiko dazu auf, den Zustrom von Migranten und Drogen in die USA zu stoppen. Sollte das nicht geschehen, wolle er die Einfuhrzölle zunächst auf 25 Prozent erhöhen. Und sollte Mexiko dann weiter nicht zu seiner Zufriedenheit reagieren, könnte er diese Zölle auf bis zu 100 Prozent anheben, so Trump. Ganz ohne Widerstand wird das wohl nicht gehen. Zur USMCA-Freihandelszone gehöre nämlich auch Kanada, "das zuletzt beschwichtigend auf Trump einwirken konnte", erklärt Günther Maihold. Die Lage werde jedoch nicht einfacher. Der Republikaner scheint entschlossen, die US-Drogenpolitik der vergangenen Jahrzehnte auch im Ausland zu brutalisieren.

Video | 3.000 Migranten auf dem Weg zur US-Grenze
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Quelle: t-online

Der "Krieg gegen die Drogen" der USA

Die USA befinden sich bereits seit 1971 im vom damaligen Präsidenten Richard Nixon erklärten "Krieg gegen die Drogen". Seitdem gaben die Vereinigten Staaten laut einer Studie der Universität von Pennsylvania von 2021 dafür mehr als eine Billion US-Dollar aus. Dem US-Wirtschafts-Thinktank Cato Institute zufolge kostet die Prohibition von Drogen die Steuerzahler jährlich rund 47 Milliarden US-Dollar. Der Ertrag: kaum vorhanden. Das Ziel: unklar. Denn der Konsum illegaler Drogen in den USA steigt stetig.

Laut dem National Center for Drug Abuse Statistics galten im Jahr 2020 mehr als 37 Millionen US-Bürger älter als zwölf Jahre als Drogenkonsumenten. Im Vergleich zum Vorjahr war das ein Anstieg um 3,8 Prozent. Zwischen 2002 und 2022 stieg die Zahl der Drogentoten nach Überdosis laut der US-Behörde für Gesundheitsstatistiken NCHS von 8,2 Toten pro 100.000 Einwohner auf 32,6 Tote. Allein 2022 starben demnach fast 108.000 Menschen an Überdosen.

Beobachter kritisieren die US-Drogenpolitik zudem häufig als rassistisch. Laut Zahlen des FBI verteilten sich 2019 26,1 Prozent der Festnahmen wegen Drogenvergehen auf die schwarze Bevölkerung, weitere 20,6 Prozent waren Latinos. Knapp 80 Prozent der wegen Drogenvergehen Inhaftierten in Bundesgefängnissen sowie rund 60 Prozent der in Bundesstaaten Inhaftierten waren in jenem Jahr Schwarze oder Latinos.

USA in der Hand des Opioids Fentanyl

Aktuell kämpfen die USA mit einer Opioidkrise. Vor allem der synthetische Stoff Fentanyl, der bis zu 100 Mal stärker sein soll als Morphin, trägt dazu bei. Laut der US-Behörde NCHS starben im vergangenen Jahr rund 74.000 Menschen an einer Fentanyl-Überdosis – ganz so schlimm wie von Trump behauptet, scheint das Problem also nicht zu sein.

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Der Republikaner aber verfolgt mit solchen Übertreibungen eine Agenda, die seinen harten Kurs legitimieren soll. Die Droge wird häufig in Mexiko produziert und von dort in die USA gebracht, die Ausgangsstoffe stammen jedoch meist aus China.

Dennoch wird sich Donald Trump wohl in der Opioidkrise auf Mexiko konzentrieren, meint Lateinamerika-Experte Maihold. "Sein Fokus liegt derzeit auf den Fentanylproduzenten in Mexiko." Dabei folgt Trump einem Muster, das die USA seit Jahrzehnten anwenden: "Ähnlich wie andere republikanische Präsidenten vor ihm, wird er versuchen, den heimischen Drogenkonsum in den Ländern zu bekämpfen, wo die Drogen produziert werden." In der Vergangenheit habe dieser Ansatz zu vielen zivilen Opfern geführt.

Als etwa Kokain noch das Hauptproblem in den USA war, fokussierten sie sich auf die Kokaplantagen in Kolumbien. Dabei setzten sie zwischen 1999 und 2015 das umstrittene Pestizid Glyphosat ein, das durch die Begasung von rund 1,7 Millionen Hektar Land aus der Luft auch über die Anbauflächen hinaus schwere Umweltschäden hervorrief. Insbesondere die ländliche Bevölkerung litt zudem darunter: Zehntausende Kinder sind seitdem mit Missbildungen geboren worden, die auf den Einsatz von Glyphosat zurückgeführt werden.

"Wir stellen die Toten, ihr bekommt die Gewinne"

Darüber hinaus gaben die USA zwischen 2000 und 2015 rund 15 Milliarden US-Dollar an Kolumbien, das meiste davon als Militärhilfe für den "Krieg gegen die Drogen" und die Bekämpfung von Guerillas – offiziell begründet als Kampf gegen den Terrorismus. Auch dabei starben in dieser Zeit Tausende unschuldige Zivilisten. "Diese Erfahrung führte dazu, dass die US-Drogenpolitik in Lateinamerika als sehr einseitig empfunden wird: 'Wir stellen die Toten, ihr bekommt die Gewinne'", erklärt Maihold. Denn das meiste Geld wird dort verdient, wo die Drogen konsumiert werden.

Dieser Ansatz könnte unter Trump noch roher ausfallen. Auch Trump werde als Begründung etwaiger Interventionen vermutlich den Kampf gegen Terrorismus vorschieben, befürchtet der Experte. Die Kartelle machten es ihm indes damit leicht: "Die Drogenkartelle sind längst mehr als nur das. Sie betreiben über den Handel mit Drogen hinaus viele Geschäfte, sind etwa in Menschenhandel, Geldwäsche, Erpressung, illegalen Bergbau und bis hin zur Politik in ihren jeweiligen Ländern in viele Geschäftsfelder verwickelt."

Dennoch vermutete Maihold, dass Trump generell wenig Interesse an Lateinamerika zeigen werde. "Dazu gibt es zu wenige Überschneidungen von Interessen." Das sei selbst bei rechtsgerichteten Staatspräsidenten, wie Argentiniens Javier Milei oder El Salvadors Nayyib Bukele der Fall. Auch Bukele machte zuletzt mit harter Hand gegen kriminelle Banden und dem Bau von Mega-Gefängnissen auf sich aufmerksam. "Sie werden Trumps Welle surfen, während er wohl kaum größeres Interesse beweist, sich in der Region nachhaltig zu engagieren."

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