Gerichtsurteil erwartet Trump fordert "absolute Immunität"
Der frühere US-Präsident muss sich aktuell in mehreren Verfahren verantworten. Das oberste US-Gericht entscheidet nun über seine Immunität.
Donald Trump beansprucht eine "absolute präsidentielle Immunität" und will damit gegen ihn erhobene Anklagen platzen lassen. Die Entscheidung des obersten US-Gerichts über den Antrag des Ex-Präsidenten, ihm Schutz gegen jedwede strafrechtliche Verfolgung wegen früherer Amtshandlungen zu gewähren, wird für die kommenden Tage erwartet.
Der Rechtsstreit hat eine Dimension, die weit über Trump hinausgeht – es geht grundsätzlich um das Ausmaß der Macht des US-Präsidenten. Ein Überblick:
Verlauf des Immunitätsstreits
Trumps Berufungsantrag bezieht sich auf die vor einem Washingtoner Bundesgericht gegen ihn erhobene strafrechtliche Anklage wegen seiner massiven Wahlinterventionen nach seiner Niederlage gegen den heutigen Präsidenten Joe Biden 2020. Die Anklage lautet unter anderem auf Verschwörung zum Betrug der Vereinigten Staaten. Darin geht es auch um Trumps Rolle bei der Erstürmung des Kapitols in Washington im Januar 2021.
Trump argumentiert, dass sich die Anklage auf Amtshandlungen beziehe und er für solche Handlungen nicht strafrechtlich verfolgt werden dürfe. Die Vorinstanzen verwarfen jedoch seine Immunitätsansprüche. Ein Bundesberufungsgericht erklärte: "Wir können nicht akzeptieren, dass das Amt des Präsidenten seine früheren Inhaber für alle Zeiten über das Gesetz stellt."
Die Argumente pro und kontra Immunität
Nach Auffassung Trumps sollten die US-Präsidenten für so gut wie alle ihre Amtshandlungen gegen strafrechtliche Verfolgung geschützt sein – während ihrer Amtszeit sowie danach. Die Präsidentschaft könne ihre "unerlässliche Unabhängigkeit" nicht bewahren, wenn der Amtsinhaber durch Strafverfolgung nach Ausscheiden aus dem Amt bedroht sei.
Ein wesentlicher Punkt des Streits ist, ob Trumps Umgang mit dem Wahlergebnis von 2020 zu seinen Amtshandlungen gehörte, wie der Ex-Präsident argumentiert. Von dem Sonderermittler Jack Smith wird dies bestritten, er sieht darin ein privates Vorgehen.
Nach Trumps Auffassung ist die Strafverfolgung eines Ex-Präsidenten nur dann zulässig, wenn er wegen derselben Anschuldigung vom US-Senat in einem sogenannten Impeachment-Verfahren für schuldig befunden wurde. Der Rechtspopulist war im Februar 2021 – kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Amt – von der von seinen Republikanern beherrschten Kongresskammer von den Vorwürfen wegen der Kapitol-Erstürmung freigesprochen worden.
Trumps Fälle
Der Republikaner Trump, der bei der Wahl im November erneut gegen den Demokraten Biden antreten will, setzt in seinen juristischen Auseinandersetzungen auf eine Verzögerungstaktik. Damit will er erreichen, dass die Prozesse oder zumindest die Urteile bis nach der Wahl hinausgezögert werden.
Und diese Taktik geht teilweise auf. So setzte das Bundesgericht in Washington das Gerichtsverfahren zu den Vorwürfen der Wahlmanipulation, das eigentlich im März beginnen sollte, aufgrund der ungeklärten Immunitätsfrage für unbestimmte Zeit aus.
Wegen seiner Wahlinterventionen ist Trump auch von der Justiz des Bundesstaats Georgia angeklagt. Eine weitere strafrechtliche Anklage gegen den Ex-Präsidenten ist vor einem Bundesgericht im Bundesstaat Florida anhängig, darin geht es um die Lagerung geheimer Regierungsakten in seinem Privatanwesen.
Wann diese beiden Prozesse beginnen könnten, ist ebenfalls unklar. Die Entscheidung in der Immunitätsfrage könnte möglicherweise auch Auswirkungen auf die Fälle in Georgia und Florida haben.
Der New Yorker Prozess zur Schweigegeldzahlung an die frühere Pornodarstellerin Stormy Daniels ging hingegen voran und endete am 30. Mai mit einem Schuldspruch für Trump in 34 Fällen von Dokumentenfälschungen. Er ist damit erste strafrechtlich verurteilte Ex-US-Präsident der Geschichte. Trumps Strafe will der Richter am 11. Juli verkünden, eine Haftstrafe gilt als unwahrscheinlich. Die Entscheidung zur Immunitätsfrage dürfte keine nachträgliche Auswirkung auf diesen Fall haben. Mehr zu seinen juristischen Problemen lesen Sie hier.
Die Supreme-Court-Entscheidung
Am obersten Gericht gibt es zwar eine klare Mehrheit konservativer Richter, drei von ihnen hatte Trump selbst nominiert. Damit ist ihm die Gewährung völliger Immunität jedoch keineswegs sicher. In einer öffentlichen Anhörung Ende April deutete sich vielmehr an, dass am Gericht die Vorbehalte gegenüber einer "absoluten" Immunität überwiegen könnten. Allerdings scheinen die konservativen Richter eine Teil-Immunität zu befürworten.
Möglich ist deshalb, dass der Supreme Court eine differenzierte Entscheidung trifft und befindet, dass einige Amtshandlungen der Präsidenten vor Strafverfolgung geschützt sind und andere nicht. Die konkrete Abgrenzung im Fall Trumps könnte das Oberste Gericht an eine untergeordnete Instanz delegieren.
Auch dies wäre für ihn allerdings ein Erfolg – er hätte damit weitere Zeit gewonnen. Erwartet wird, dass Trump bei einem Wiedereinzug ins Weiße Haus die Bundesjustiz anweisen würde, die gegen ihn erhobenen Anklagen fallenzulassen.
- Nachrichtenagentur AFP