"Für Terror genutzt" Nach Raketenbeschuss – Israel greift Ziele im Libanon an
Nachdem drei Raketen Richtung Israel geschossen wurden, schlägt das Land zurück. Im Libanon werden mehrere Granatenbeschüsse vermeldet. Doch auch ohne den Konflikt mit dem Nachbar bleibt die Lage in der Hauptstadt Beirut angespannt.
Nach Raketenbeschuss aus dem Libanon haben israelische Kampfflieger Ziele im Süden des Nachbarlands angegriffen. Wie die Armee am Donnerstag mitteilte, wurden die Orte, von denen die Raketen abgefeuert wurden, sowie "für Terror genutzte Ziele" beschossen. Der Libanon sei verantwortlich für alle Handlungen, die von seinem Staatsgebiet ausgingen, hieß es weiter. Zugleich warnte die Armee vor weiteren Versuchen, Israel und seiner Zivilbevölkerung zu schaden.
Nach Angaben libanesischer Sicherheitskreise erfolgten die Angriffe vor allem auf dem Gebiet um das Dorf Mahmudijah nahe der israelisch-libanesischen Grenze. Tote oder Verletzte wurden zunächst nicht gemeldet. Der libanesische Präsident Michel Aoun bezeichnete den Angriff als ernsthafte Verletzung der UN-Sicherheitsrat-Resolution, die 2006 den 33 Tage-Krieg zwischen Israel und dem Libanon beendet hatte.
Beide Länder offiziell im Krieg
Am Mittwoch waren drei Raketen im Libanon abgefeuert worden. Zwei davon seien in Israel gelandet, eine sei noch im Libanon niedergegangen, hieß es in einer Stellungnahme der Armee. Die Armee habe mit Artilleriefeuer reagiert. Nach Angaben aus libanesischen Sicherheitskreisen landeten zunächst sechs israelische Granaten im Libanon. Auf beiden Seiten gab es keine Berichte über Verletzte.
Israel und Libanon befinden sich offiziell im Kriegszustand. An der Grenze kommt es immer wieder zu Spannungen. Vor allem die eng mit dem Iran verbündete libanesische Schiitenmiliz Hisbollah sieht in Israel einen Erzfeind.
Gewalt am Jahrestag der Explosion
Unabhängig davon ist die Lage auch im Libanon weiter angespannt. Ein Jahr nach der Explosionskatastrophe im Hafen versuchten Demonstranten am Mittwoch, das libanesische Parlament zu stürmen. Bei Zusammenstößen mit der Polizei wurden nach Angaben des Roten Kreuzes Dutzende Menschen verletzt.
Junge Männer versuchten im Stadtzentrum, eine Stacheldrahtbarriere zu überwinden, die den Zugang zum Parlamentsgebäude versperrte. Einige legten Feuer und warfen Steine auf Sicherheitskräfte. Die Polizei rief "friedliche" Demonstranten auf, die Gegend zu verlassen. Angesichts "wiederholter Attacken" würden die Einsatzkräfte mit "verhältnismäßigen Mitteln" gegen "unfriedliche Demonstranten" vorgehen, warnte die Polizei.
Die Sicherheitskräfte gingen mit Gummigeschossen, Wasserwerfern und Tränengas gegen die Menge vor. Das libanesische Fernsehen zeigte einen Panzer, der in das Gebiet rollte. Das Rote Kreuz erklärte, es habe acht Verletzte ins Krankenhaus gebracht und dutzende weitere Verletzte vor Ort versorgt.
Untersuchungen bisher ergebnislos
Währenddessen versammelten sich wenige hundert Meter von den Krawallen entfernt am Hafen tausende Menschen zu einer friedlichen Gedenkfeier für die Todesopfer der Explosion. Angehörige und Überlebende trugen Flaggen sowie Porträts der Toten.
Bei der Explosion von hunderten Tonnen Ammoniumnitrat im Hafen von Beirut waren am 4. August 2020 ganze Stadtteile Beiruts dem Erdboden gleichgemacht worden. 214 Menschen starben, 6.500 weitere wurden verletzt und rund 300.000 wurden obdachlos. Die von den Behörden eingeleiteten Untersuchungen haben bisher keine Ergebnisse gebracht.
- Video zeigt: So sieht Beirut heute aus
Das fahrlässig im Hafen gelagerte Ammoniumnitrat, das in der Landwirtschaft, aber auch zur Sprengstoffherstellung genutzt wird, löste die größte nicht-nukleare Explosion der Geschichte aus und verwandelte Beirut binnen Minuten in ein Katastrophengebiet. Die Explosion verschlimmerte die im Libanon herrschende Wirtschaftskrise. Seit dem Rücktritt der Regierung infolge der Katastrophe ist der Libanon ohne handlungsfähige politische Führung.
Geberkonferenz verspicht Millionen
Der französische Präsident Emmanuel Macron kritisierte zum Auftakt der mittlerweile dritten internationalen Geberkonferenz für den Libanon in Paris die libanesischen Politiker. Diese stellten "individuelle und Partei-Interessen über die Interessen des libanesischen Volkes".
Der französische Staatschef sagte hundert Millionen Euro "direkte Unterstützung an die Bevölkerung" binnen eines Jahres zu. US-Präsident Joe Biden versprach "fast hundert Millionen Dollar an neuer humanitärer Hilfe". Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) kündigte weitere Hilfszusagen Deutschlands in Höhe von 40 Millionen Euro an.
Insgesamt kamen bei der Konferenz 370 Millionen Dollar (310 Millionen Euro) zusammen. Die französischen Gastgeber hatten zuvor mit 350 Millionen Dollar gerechnet. Damit versprachen die Geberländer bei der dritten Konferenz mehr Hilfe als bei den zwei vorangegangenen Konferenzen zusammen. Damals waren insgesamt 280 Millionen Euro versprochen worden.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP