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Russische Soldaten wohl in Richtung Belarus unterwegs – ohne Abzeichen


Ohne Abzeichen, ohne Nummern
Bericht: Russische Soldaten in Richtung Belarus unterwegs

Von t-online, pdi

Aktualisiert am 17.08.2020Lesedauer: 4 Min.
Belarus: Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus spricht bei einer Kundgebung vor dem Minsker Radschlepperwerk.Vergrößern des Bildes
Belarus: Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus spricht bei einer Kundgebung vor dem Minsker Radschlepperwerk. (Quelle: dpa)

Bis zu 40 Lastwagen der russischen Nationalgarde sind laut einem Medienbericht in Richtung Belarus unterwegs. Die Fahrzeuge sollen Platz für knapp 600 Soldaten und keine Abzeichen

In Russland sind offenbar Lastwagen der russischen Nationalgarde auf dem Weg in Richtung Belarus gesehen worden. Das berichtet die Kreml-kritische Seite "meduza" unter Berufung auf Video- und Bildaufnahmen von Augenzeugen.

Die Fahrzeuge sollen keine Nummerierungen und keine Abzeichen haben. Die Darstellung erinnert an die Krim-Annexion in der Ukraine, wo auch Soldaten ohne Hoheitsabzeichen im Einsatz waren, um im Auftrag Russlands die Halbinsel zu sichern.

Auch die Leser der russischen Zeitung Fontanka berichteten von 30 bis 40 Lastwagen, die zwischen St. Petersburg und Pskow unterwegs gewesen seien und Platz für über 600 Soldaten hätten. Gegenüber der Zeitung dementierten die russischen Streitkräfte und bekräftigten, dass die Lastwagen nicht im Dienst der russischen Truppen stehen.

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Tschechiens Außenminister Tomas Petricek hält Befürchtungen für "angebracht", in Belarus könne es zu einer russischen Intervention kommen. Das sagte der Sozialdemokrat am Montag im tschechischen Fernsehen CT. Die EU müsse der Führung in Moskau klar signalisieren, dass ein militärisches Engagement in der Ex-Sowjetrepublik inakzeptabel sei. "Wir lehnen eine Wiederholung des ukrainischen Szenariums und der Krim-Annexion ab", betonte der 38-Jährige. Die Regierung in Prag berief für Dienstag eine Sitzung des nationalen Sicherheitsrats zur Lage in Belarus (Weißrussland) ein.

Druck auf Lukaschenko wächst

In Belarus spitzt sich derweil der Machtkampf zwischen Präsident Alexander Lukaschenko und der Opposition weiter zu: Mit einem Aufruf zum Generalstreik und einem Marsch auf das Staatsfernsehen erhöhte die Opposition am Montag den Druck auf den Staatschef rund eine Woche nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl. Die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja erklärte derweil aus dem Exil ihre Bereitschaft, die Führung des Landes zu übernehmen. Die EU berief für Mittwoch einen Video-Gipfel zur Lage in Belarus ein.

Dem Aufruf der Opposition folgend versammelten sich tausende Demonstranten vor mehreren Fabriken sowie dem Sitz des staatlichen Fernsehens in Minsk zu einem Generalstreik. Nach Angaben des Minsker Traktorenwerks (MTZ) legten mehrere tausend Mitarbeiter ihre Arbeit nieder.

Vor dem Minsker Radschlepperwerk (MZKT), wo Präsident Lukaschenko am Montag zu einem Besuch eintraf, schwangen Demonstranten die rot-weiße Fahne der Opposition. Als der Staatschef versuchte, dort eine Rede zu halten, schrieen ihn Arbeiter nieder. "Belarus hat Wahlen abgehalten, und es wird keine weiteren geben", verkündete Lukaschenko daraufhin und lehnte einen Rücktritt erneut ab.

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"Werden nicht vergessen, werden nicht verzeihen"

Auf von der Nachrichtenwebsite tut.by geposteten Filmaufnahmen war zu sehen, wie Massen von Arbeitnehmern aus anderen Werken zum MZKT-Werk marschierten, um sich dem Protest anzuschließen. Die Demonstranten im Werk riefen "Geh!" und "Wir werden nicht vergessen, wir werden nicht verzeihen".

Die Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa forderte unterdessen die Demonstranten auf, sich zum staatlichen Fernsehen zu begeben. "Wir werden zum Fernsehen gehen, um unsere Kollegen im Widerstand zu unterstützen", sagte Kolesnikowa.

Die nach Litauen geflohene Oppositionspolitikerin und Präsidentschaftskandidatin Tichanowskaja erklärte am Montag per Videobotschaft ihre Bereitschaft, die Führung des Landes zu übernehmen. Sie sei bereit, Verantwortung zu übernehmen und übergangsweise "als nationale Anführerin zu handeln".

Erst am Sonntag war es zu einer der größten Demonstrationen der Opposition in der Geschichte von Belarus gekommen: Mehr als 100.000 Menschen versammelten sich in Minsk zu einem "Marsch der Freiheit" und forderten den Rücktritt Lukaschenkos.

Bei der Präsidentschaftswahl vor gut einer Woche war der seit 26 Jahren autoritär regierende Lukaschenko nach offiziellen Angaben mit rund 80 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden. Die Opposition spricht von massivem Wahlbetrug, auch in der EU bestehen erhebliche Zweifel an dem Ergebnis.

Seit der Präsidentschaftswahl finden in ganz Belarus Massenproteste statt. Die Sicherheitskräfte waren vergangene Woche brutal gegen die Demonstranten vorgegangen. Tausende Menschen wurden festgenommen, mindestens zwei Demonstranten kamen ums Leben, viele Festgenommene berichteten über Schläge und Folter.

EU spricht sich freie Wahlen aus

Die EU rief wegen Belarus einen Video-Gipfel für Mittwoch ein. Die Menschen in Belarus hätten das Recht, "ihren Anführer frei zu wählen", schrieb EU-Ratspräsident Charles Michel auf Twitter. Gewalt gegen Demonstranten sei "nicht hinnehmbar". Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte einen Gewaltverzicht der staatlichen Seite und einen Dialog. Ihr Sprecher Steffen Seibert schloss in dem Zusammenhang weitere Sanktionen gegen Verantwortliche nicht aus. Die EU-Außenminister hatten am Freitag neue Sanktionen gegen die belarussische Führung auf den Weg gebracht.

Großbritannien erklärte, das amtliche Ergebnis der Wahl vom 9. August nicht anzuerkennen. Außenminister Dominic Raab forderte eine unabhängige Untersuchung der Wahl durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Ähnlich äußerte sich Seibert. Die Wahl sei "ohne demokratische Mindeststandards" abgelaufen, sagte er.

Derweil begann die belarussische Armee mit Militärübungen an der Grenze zu Litauen. Litauens Verteidigungsminister Raimundas Karoblis warf Minsk vor, eine Eskalation der derzeitigen Spannungen herbeiführen zu wollen.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen warnte Moskau vor einer militärischen Intervention in Belarus. Am Sonntag hatte Lukaschenko Hilfe bei Russlands Präsident Wladimir Putin ersucht, "um die Sicherheit von Belarus zu gewährleisten".

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen afp und dpa
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