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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach t-online.de-Recherche Unterstützte der BND einen Putsch? Linke fordert Aufklärung
Unterstützte die Bundesrepublik Deutschland indonesische Militärs, als sie 1965 nach der Macht griffen? Das legt eine t-online.de-Recherche nahe. Nun reagiert die Politik.
Nachdem ehemals geheime Akten des Bundesnachrichtendienstes (BND) den Verdacht erhärtet haben, dass Deutschland die indonesischen Militärs beim Putsch 1965 unterstützte, werden Forderungen nach Aufklärung laut. Eine exklusive Recherche von t-online.de hatte Anfang der Woche Verbindungen aufgezeigt. Der Machtübernahme durch die antikommunistischen Generäle war ein Genozid mit Hunderttausenden Toten gefolgt. Laut Experten steht damit eine deutsche Mitverantwortung für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Debatte.
Nun fordern die Linken Aufklärung – und hinterfragen die Aktivitäten des BND. Der Sicherheitspolitiker André Hahn sagte t-online.de: "Die jüngsten Enthüllungen bestärken den dringenden Verdacht, dass der BND mindestens in den 60er und 70er Jahren mit nachrichtendienstlichen Mitteln keineswegs nur Informationen gesammelt hat, um die Bundesregierung zu beraten – was sein gesetzlicher Auftrag ist –, sondern aktiv und mit höchst fragwürdigen Methoden in rechtswidriger Weise politische Entwicklungen in anderen Ländern massiv beeinflusst hat."
Historische Aufnahmen zum Völkermord in Indonesien im Video:
Hahn ist stellvertretender Vorsitzender der Linken-Bundestagsfraktion und Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste, das die Nachrichtendienste und damit auch den BND kontrolliert. Hahn sieht die Bundesregierung nach den t-online.de-Recherchen in der Pflicht: "Hier ist die Bundesregierung gefordert, die Hintergründe und Verantwortlichen dieser Maßnahmen rückhaltlos offenzulegen."
1,2 Millionen D-Mark für die Putschisten?
t-online.de hatte Zugang zu Dokumenten aus den Beständen des Bundesnachrichtendienstes, die eine Kooperation der Bundesrepublik mit den Militärs belegen. Eine Akte schildert Überlegungen, die Putschisten heimlich mit 1,2 Millionen D-Mark zu finanzieren. Die Generäle erhofften sich die Barzahlung demnach für die Fortsetzung der "antikommunistischen Säuberungsaktion". Das Geld werde "hauptsächlich für Sonderaktionen gegen KP-Funktionäre und zur Durchführung von gesteuerten Demonstrationen benötigt", heißt es in der Akte. Außerdem solle damit "antikommunistisches Propagandamaterial" hergestellt und verteilt werden.
Dokumente aus anderen Quellen legen nahe, dass schließlich Unterstützung geleistet wurde. So belegt eine Akte aus dem Politischen Archiv des Auswärtigen Amts, dass sich der spätere Bundespräsident Karl Carstens mit einer Schlüsselfigur der indonesischen Militärs für die Auslandsunterstützung traf und Wirtschaftshilfen diskutierte. Damals war Carstens noch Staatssekretär im Auswärtigen Amt und nachweislich in verdeckte Waffenlieferungen unter Beteiligung des BND eingebunden.
Ein weiteres Dokument, das laut Angaben des Geheimdienstexperten Erich Schmidt-Eenboom aus einem Nachlass stammt, schildert, Carstens habe schließlich Sondermittel für die Operation freigegeben. Demnach habe die Bundesrepublik über den BND "Berater, Geräte, Geld" zur Verfügung gestellt. Bei dem Dokument soll es sich um einen Vortragsentwurf des späteren BND-Präsidenten Gerhard Wessel vor dem Vertrauensgremium des Bundestags aus dem Jahr 1968 handeln.
- t-online.de-Recherche: Operation "Föhrenwald" – Der Genozid und Deutschlands heimliche Hilfe
- Stellungnahme von Linken-Politiker André Hahn