Giftanschlag auf Ex-Spion Theresa May: Russischer Geheimdienst steckt hinter Attentat
Scotland Yard fahndet nach zwei Männern, die hinter der Vergiftung eines Ex-Spions stecken sollen. Verantwortlich ist laut britischer Regierung der russische Militärgeheimdienst.
Die britische Premierministerin Theresa May hat den russischen Militärgeheimdienst für den Nervengiftanschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter verantwortlich gemacht. Die beiden gesuchten Verdächtigen in dem Fall seien Mitglieder des russischen Militärgeheimdienstes GRU und hätten höchstwahrscheinlich im Auftrag der russischen Regierung gehandelt, sagte May. Sie beantragte eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates.
Haftbefehl gegen zwei Russen
Die britische Polizei sucht wegen des Giftanschlags auf den russischen Ex-Spion Sergei Skripal seit heute per Haftbefehl nach zwei Russen. Die britische Polizei teilte mit, nach den beiden Verdächtigen Alexander Petrow und Ruslan Boschirow werde gefahndet – die genannten Namen sind den Angaben zufolge aber vermutlich Pseudonyme.
Beiden wird versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung und der Besitz von chemischen Waffen vorgeworfen. Ermittler hatten die Bewegungen der beiden Verdächtigen anhand von Überwachungskameras nachverfolgt, ein Hotel als ihren damaligen Aufenthaltsort identifiziert und im dortigen Zimmer Nowitschok-Spuren gefunden.
Großbritannien beantragte einen europäischen Haftbefehl. Ein Auslieferungsgesuch werde nicht gestellt, da russisches Recht verbiete, eigene Staatsbürger auszuliefern. Das habe man schon in anderen Fällen erfahren müssen.
Auslöser für diplomatische Krise
Vater und Tochter Skripal waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank entdeckt worden. Beide entkamen nach der Vergiftung nur knapp dem Tod. Sie leben heute an einem geheimen Ort. Der Fall löste eine schwere diplomatische Krise aus, deren Ende noch nicht abzusehen ist.
Später kam ein britisches Paar aus dem nahen Amesbury versehentlich mit dem Nervengift in Kontakt. Der Mann hatte ein Fläschchen gefunden, das er nach eigenen Angaben irrtümlich für einen Parfümflakon hielt und seiner Freundin schenkte. Sie soll sich mit der Flüssigkeit eingerieben haben – die dreifache Mutter starb acht Tage nachdem sie ins Krankenhaus eingeliefert worden war.
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Das Gift sei in beiden Fällen identisch, teilte das britische Außenministerium mit. zum gleichen Schluss war auch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) gekommen, die bereits mehrfach die Erkenntnisse britischer Ermittler zum verwendeten Gift Nowitschok bestätigt hat. London warf Moskau erneut vor, Drahtzieher des Anschlags zu sein. Premierministerin MTheresa May sagte, der russische Militärgeheimdienst sei für das Attentat verantwortlich.
Infolge der Krise wiesen Großbritannien, die USA und verbündete Staaten – auch Deutschland – mehr als 140 russische Diplomaten aus. Der Kreml reagierte mit ähnlichen Maßnahmen, bestritt alle Vorwürfe, verstrickte sich dabei aber auch in zahlreiche Widersprüche.
USA gehen mit Sanktionen gegen Russland vor
Die USA stellten zudem fest, dass Russland für den Einsatz von Massenvernichtungswaffen verantwortlich sei. Das löst laut Gesetz Sanktionen aus, wie es sie bislang nur gegen Nordkorea und Syrien gab. Seit Ende August ist eine erste Runde von Strafmaßnahmen in Kraft. Sie sind zwar noch relativ milde, doch der Rubelkurs und die Aktien russischer Unternehmen gerieten unter Druck.
Schwerer wird eine zweite Sanktionsrunde nach drei Monaten die russische Wirtschaft treffen. Sie könnte das Auslandsgeschäft russischer Banken lahmlegen; die Fluggesellschaft Aeroflot könnte Landerechte in den USA verlieren. Moskau behält sich Gegenmaßnahmen vor, doch viele Optionen hat der Kreml nicht: Zu klein ist der Handel, zu groß die Abhängigkeit von US-Technik, um die USA treffen zu können.
Nowitschok gehört zu den tödlichsten Kampfstoffen und kann über die Haut oder Atemwege in den Körper gelangen. Die Überlebenschancen sind sehr gering. Sowjetische Forscher entwickelten die Serie neuartiger Nervengifte in den 1970er- und 80er-Jahren heimlich, um internationale Verbote zu umgehen. Auch andere Länder forschten damit.
- AFP, dpa