"Unser Recht selbst holen" Erdogan heizt Jerusalem-Proteste weiter an
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat zu schärferen Protesten gegen die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt aufgerufen. Im Nahen Osten kam es Unterdessen erneut zu massiven Unruhen.
Die Proteste und Aktionen von Muslimen gegen die Jerusalem-Entscheidung der USA sollten sich "im Rahmen des Rechts" bewegen, sagte Erdogan in Istanbul. Und weiter: "In Wahrheit ist die letzte Jerusalem-Entscheidung ein Vorbote für neue Operationen gegen die islamische Welt. [...] Wenn die Muslime nicht genügend Reaktionen zeigen im Rahmen des Rechts, so glaubt mir, wird der Rest folgen." Erdogan sprach sich zugleich gegen Antisemitismus aus. "Wir sind Muslime, wir können keine Rassisten, Diskriminierende oder Antisemiten sein."
Erdogan verurteilte erneut die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Israel warf er "Staatsterror" vor. "Verurteilen, sich ärgern und aufschreien wird auch weiterhin die Besatzung und die Unterdrückung nicht aufhalten können", sagte Erdogan. "Niemand gibt Muslimen ihr Recht. Wir müssen uns unser Recht selbst holen." An die Adresse der USA sagte Erdogan: "Wann immer ihr Lust habt, trampelt ihr auf allem herum, was mit Justiz, Demokratie und Rechten zu tun hat."
Erdogan kündigte an, vor die Vereinten Nationen zu ziehen, um diese Entscheidung der USA "annullieren" zu lassen. "Wir kämpfen nicht für Rache, sondern für Gerechtigkeit. Wir wollen nicht nur für Muslime, sondern für alle Gläubigen Frieden, Ruhe und Sicherheit." Am Mittwoch hatte ein von Erdogan einberufener Sondergipfel der Organisation für Islamische Kooperation (OIC) in Istanbul alle Länder dazu aufgerufen, Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines Palästinenserstaates anzuerkennen.
Erneut massive Zusammenstöße
Am "Tag des Zorns" ist es im Heiligen Land unterdessen erneut zu gewalttätigen Konfrontationen gekommen. Mehr als 300 Palästinenser wurden bei Zusammenstößen mit israelischen Soldaten durch scharfe Munition, Gummimantelgeschosse und Tränengas verletzt. Dies teilten das palästinensische Gesundheitsministerium in Gaza und der palästinensische Rettungsdienst Roter Halbmond am Freitag mit. Von den Verletzten litten rund 180 unter dem Kontakt mit Tränengas.
Ein palästinensischer Angreifer trug bei einer Messerattacke auf einen israelischen Soldaten einen Sprengstoffgürtel, wie die israelische Polizei mitteilte. Er verletzte einen Soldaten leicht mit seinem Messer. Soldaten schossen daraufhin auf den Palästinenser, der ebenfalls verletzt wurde. Ob es sich bei dem Sprengstoffgürtel um eine Attrappe handelte, war zunächst nicht klar.
Im Gazastreifen gingen Tausende Palästinenser auf die Straßen, um gegen die US-Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt zu protestieren, wie palästinensische Medien berichteten. Unter anderem in Jerusalem, in Bethlehem und am Grenzübergang Kalandia von Jerusalem zum Westjordanland kam es zu Zusammenstößen. Alle palästinensischen Gruppierungen hatten für Freitag zu einem "Tag des Zorns" aufgerufen.
Hamas-Chef will Juden vertreiben
"Die Juden, die aus Europa rausgeschmissen wurden, werden aus Palästina herausgeschmissen", sagte ein führendes Mitglied der radikal-islamischen Hamas, Mahmud Sahar, in Gaza. "Das ist das Versprechen von Gott. Unser Hauptziel bleibt die Befreiung Palästinas." Die Hamas wird von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft.
In der israelisch-arabischen Stadt Sachnin gingen laut einem Bericht ebenfalls 10.000 Menschen aus Protest auf die Straße. Dies schrieb die "Jerusalem Post" unter Berufung auf die Gemeinsame Liste der arabischen Abgeordneten im israelischen Parlament.
Israel hatte 1967 während des Sechs-Tage-Kriegs unter anderem das Westjordanland und den arabischen Ostteil Jerusalems erobert. Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt, was international nicht anerkannt wird. Die Palästinenser sehen dagegen in Ost-Jerusalem die künftige Hauptstadt eines unabhängigen Palästinenserstaates.