G7-Gipfel in Biarritz Eine französische Kleinstadt hat Angst vor dem Chaos
Biarritz – das ist eine Idylle mit Felsenküste, Palmen und Hotelpalästen. Doch für den Gipfel der großen Industriestaaten wird das Ferienparadies zur Festung umgebaut. Nicht allen gefällt das.
Keine Surfer auf hohen Wellen, keine Kinder, die im Sand buddeln: Beim Gipfel der großen Industriestaaten (G7) wird sich das schicke französische Seebad Biarritz in eine Hochsicherheitszone verwandeln.
Bewohner, Geschäftsleute und Touristen müssen in dem Ort an der Atlantikküste für Gastgeber Emmanuel Macron, US-Präsident Donald Trump oder Kanzlerin Angela Merkel Platz machen. Der zentrale Strand wird gesperrt – mitten in der Sommersaison. Der Bahnhof und der Flughafen bleiben für Normalbürger geschlossen.
Der Gipfel bringt den Alltag zum Erliegen
Vor dem mehrtägigen Treffen der Staats- und Regierungschefs, das am kommenden Samstag (24. August) beginnt, ist das Murren der Biarrots, wie die Bewohner des Badeortes im Französischen heißen, unüberhörbar. "Ich werde die Stadt während des Gipfels verlassen", kündigt eine Frau an, die auf der sonnenüberfluteten Strandpromenade Eis verkauft.
Christine Vargas, die neuerdings handgemachte Seifenstücke und Metalldosen mit G7-Logo im Angebot hat, ist noch unsicher, ob sie ihr Geschäft in einer schmalen Altstadtgasse öffnet oder nicht. "Wir wissen nicht, was kommt", sagt sie. Ein Surflehrer an der "Grande Plage" im Schatten des Casinos meint nur trocken: "Man behindert meine Arbeit", und wendet sich wieder seinen Schülern zu.
Der Präsident wandte sich persönlich an den Bürgermeister
Im nahe gelegenen Rathaus des Ferienortes unweit der spanischen Grenze sind die Probleme der Bewohner wohl bekannt, denn es gab bereits zahlreiche Informationsversammlungen. Bürgermeister Michel Veunac erzählt, Staatschef Macron habe ihn persönlich gebeten, das internationale Toptreffen in dem mondänen Badeort abzuhalten.
"Es gibt keinen Bürgermeister, der so etwas ablehnt", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Ein Treffen dieser Größenordnung habe es bisher in Biarritz nicht gegeben, und letztlich werde das französische Baskenland davon wirtschaftlich profitieren.
Die Sorgen der Händler und Geschäftsleute seien durchaus berechtigt, räumt der Lokalpolitiker von der Zentrumspartei MoDem ein. Immer wieder werde gefragt, ob es Gewalt geben könnte. Kein Wunder, viele Franzosen haben immer noch die Ausschreitungen während der "Gelbwesten"-Proteste vom Jahresbeginn vor Augen, vor allem in Paris.
Die Restaurants sollen offen bleiben
"Biarritz wird die am besten gesicherte Stadt der Erde sein", versichert der Bürgermeister. Die Kommune soll aber trotz Polizisten, Absperrgittern und speziellen Zugangsausweisen für viele Bürger nicht zum Bunker werden. Die Stadt appelliert deshalb an Gastronomen und Händler, trotz der Absperrungen Restaurants und Geschäfte zu öffnen.
Die G7-Gegner zahlreicher Gruppen werden sich versammeln – aber nicht in Biarritz, sondern im deutlich weniger eleganten Grenzort Hendaye, auf der Straße gut 30 Kilometer im Südwesten.
Beim "Gegengipfel" an der Grenze zu Spanien werden laut Medien bis zu 12.000 Menschen erwartet. Auch eine Demonstration ist geplant, die in die spanische Nachbarstadt Irun führen wird. Regionale Globalisierungsgegner geißeln die Wahl von Biarritz als eine "monarchische Laune" – und greifen damit den 41 Jahre alten Gastgeber Macron persönlich an.
"Herr Minister, das ist aber eine schlechte Idee"
"Der G7-Gipfel wurde zwischen dem Präsidialamt und Biarritz verhandelt. Der Gegengipfel wurde uns hingegen vom Staat auferlegt", bilanziert Kotte Ecenarro. Der sozialistische Bürgermeister von Hendaye mit 17.000 Einwohnern und vielen Sommergästen macht aus seiner Haltung keinen Hehl: "Ich habe zu Innenminister Christophe Castaner gesagt: Herr Minister, das ist aber eine schlechte Idee, einen G7 mitten in der Touristensaison im Herzen des Baskenlandes zu veranstalten. Das scheint mir unangemessen und unpassend zu sein."
Die Stadt gebe nun ihr Bestes, um die Demonstration an diesem Samstag zu begleiten, sagte Ecenarro der Deutschen Presse-Agentur: "Wir vertrauen den örtlichen Organisationen. Aber es gibt Fragezeichen bei möglichen Teilnehmern, die nicht von hier sind." Gefürchtet sind in der kleinen Stadt insbesondere sogenannte schwarze Blöcke mit Randalierern. Die Veranstalter des Gegen-Gipfels sicherten bereits zu, keine Konfrontation mit den Sicherheitskräften zu suchen.
- Letzte Chance G7-Gipfel: Bundesregierung rechnet mit No-Deal-Brexit
- Trumps droht Frankreich: Die Risse werden größer
- Analyse: Wie die Großen Sieben wieder groß werden können
Anders als in Spanien ist das Baskenland im äußersten Südwesten Frankreichs keine eigenständige Region. Es gibt allerdings einen Gemeindeverband mit 158 Kommunen. "Es wird (in der Region) immer noch die Forderung vertreten, ein französisches Baskenland zu schaffen, wie in Spanien", bilanziert Ecenarro.
- Nachrichtenagentur dpa