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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Milliardengeschäft Captagon Was passiert jetzt mit Assads Drogenimperium?
Das Assad-Regime in Syrien finanzierte sich durch die Herstellung der Droge Captagon. Was passiert jetzt mit den Produktionsstätten?
Fast ein Vierteljahrhundert lang regierte Baschar al-Assad Syrien als Diktator. Trotz Bürgerkrieg, internationaler Sanktionen und wirtschaftlicher Isolation hielt sich das Regime bis zuletzt an der Macht. Finanziell ermöglicht haben soll das unter anderem Assads Treiben als Drogenbaron. Genauer: der florierende Handel mit der Droge Captagon.
Der Bürgerkrieg ab 2011 verstärkte die Bedeutung des Captagon-Handels: Um den Krieg zu finanzieren und die Kontrolle über das Land zu behalten, baute das Assad-Regime ein industrielles Produktions- und Schmuggelnetzwerk für die Droge auf. Unterstützt wurde Assad dabei von der libanesischen Hisbollah, die eng in die Herstellung und Verteilung eingebunden war. Westliche Ermittler bezeichneten die Verbindungen zwischen Hisbollah und Assad-Regime als "Levante-Kartelle". (Lesen Sie hier mehr dazu.)
Das Captagon-Kartell
Laut einer Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung verlagerte sich die Captagon-Produktion schon um das Jahr 2005 herum vom Balkan in den Nahen Osten. Syrien wurde schnell zu einem der großen Produzenten. Während der Bürgerkriegsjahre professionalisierte das Assad-Regime den Drogenhandel weiter.
Fabriken in Südsyrien sollen monatlich Millionen von Pillen produziert haben, die in den gesamten Nahen Osten geschmuggelt wurden. Besonders gefragt war Captagon offenbar in Saudi-Arabien, das als Hauptmarkt gilt. Über Land-, See- und Luftwege wurden die Drogen transportiert, oft verborgen in harmlos wirkenden Gütern wie Lebensmitteln oder Elektronik. Dieses auf X verbreitete Video soll eine Captagon-Produktionsstätte in Syrien zeigen, die kürzlich von den Rebellen entdeckt wurde:
Was passiert nun mit dem Captagon-Imperium?
Der Wirkstoff in Captagon ist Amphetamin. In Europa ist die Droge in Pulverform geläufiger und unter dem Namen "Speed" bekannt. Captagon wurde Anfang der 1960er-Jahre in Deutschland als Mittel gegen die Schlafkrankheit auf den Markt gebracht, später wegen starker Suchtgefahr aber verboten.
Nach der Flucht von Baschar al-Assad im Dezember 2024 stellt sich die Frage, ob das Captagon-Netzwerk mit dem Ende seines Regimes zusammenbricht. Berichten zufolge wurden zwar bereits Lager mit Millionen von Pillen beschlagnahmt und verbrannt. Videos in sozialen Medien zeigen, wie Milizen Drogenbestände zerstören. Trotzdem bleibt unklar, ob die Produktion tatsächlich gestoppt werden kann.
Denn die Bedeutung des Captagon-Marktes für Syrien ist nicht zu unterschätzen. Mit Einnahmen von bis zu 40 Milliarden Dollar pro Jahr soll sich der Handel zur wichtigen Säule der syrischen Wirtschaft entwickelt haben. Auch nach dem Ende des Assad-Regimes ist es fraglich, ob die neuen Machthaber auf diese Gelder verzichten werden.
- blick.ch: Wie Assad zu einem der grössten Drogenbarone der Welt wurde
- sueddeutsche.de: Diktator Assad, Deutschland und das Geschäft mit Captagon
- bka.de: Bericht zu Captagon-Handel in Europa
- foreignaffairs.com: The Middle East Is Awash in Drugs
- kas.de: Die Drogenkartelle des Assad-Regimes: Die hybride Bedrohung des Captagon-Business