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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Maischberger" Oberster Soldat: "Putin geht es nicht um die Ukraine"
Generalinspekteur Carsten Breuer hält Sabotage beim DHL-Absturz für möglich. Russland teste Grenzen aus, sagte er bei "Maischberger" – und gibt uns fünf Jahre.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, hält es für denkbar, dass Russland hinter dem Absturz einer DHL-Frachtmaschine in Vilnius steckt. Könne das ein Test auf Schwachstellen gewesen sein, fragte Sandra Maischberger am Dienstagabend. "Sie meinen einen Test von Russland uns gegenüber? Ja, absolut", sagte der ranghöchste Soldat der Bundeswehr.
Die Gäste
- Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr
- Claudia Major, Expertin für Sicherheitspolitik
- Peer Steinbrück (SPD), Ex-Bundesfinanzminister
- Ulrike Herrmann, taz
- Amelie Fried, Journalistin
- Jan Fleischhauer, "Focus"
"Wir haben schon im Sommer dieses Jahres eine ähnliche Situation erlebt", sagte Breuer, offenbar unter Verweis auf ein aus dem Baltikum verschicktes Paket mit einem Brandsatz, das im Leipziger Logistikzentrum in Flammen aufgegangen war. Die abgestürzte DHL-Maschine war in Leipzig gestartet. Der jüngste Vorfall passe ins Muster, sagte Breuer.
"Maischberger": Nicht mehr Frieden, noch nicht Krieg
Der Bundeswehr-Generalinspekteur meinte damit den "hybriden Zustand", den der russische Machthaber Wladimir Putin erzeuge: Ein Zustand, "der nicht mehr ganz Frieden, aber auch noch nicht ganz Krieg" sei. "Das gehört mit dazu", sagte Breuer zum Absturz in Litauen, bei dem ein Mensch getötet wurde.
Die Sicherheitsexpertin Claudia Major ging angesichts der russischen Strategie einen Schritt weiter. "Der Krieg ist schon da", sagte die Beraterin des Auswärtigen Amts von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Doch immer noch herrsche der Irrglaube, dass der Krieg in der Ukraine nicht auch ganz direkt Deutschland betrifft. Dabei läuft laut beiden Experten längst der Countdown für einen offenen Krieg Russlands gegen den Westen.
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In fünf bis acht Jahren könne Analysen zufolge die russische Armee voll kampffähig sein, schätzte Breuer bei "Maischberger". Major gab 2029 als "Deadline für unsere Verteidigungsfähigkeit" aus. Sie warnte: "Bis dahin müssen wir in der Lage sein, einen russischen Angriff abschrecken zu können, also Russland zu signalisieren: Es lohnt sich nicht, weil die Kosten höher wären als der Gewinn." Und wenn Abschreckung nicht funktioniere, müsse die Bundeswehr verteidigungsfähig sein.
Davon ist die Truppe allerdings trotz aller Fortschritte nach Zeitenwende und Sondervermögen noch weit entfernt, wie Breuer einräumte. Russland produziere aktuell 1.000 bis 1.500 Kampfpanzer pro Jahr. In den fünf größten europäischen Nato-Nationen sei gerade einmal die Hälfte im Bestand; Deutschland besitze rund 300 Kampfpanzer.
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Breuer: Russland kann in fünf Jahren angreifen
Russland produziere außerdem vier Millionen Schuss Artilleriemunition. "Wir sehen, dass dieses Material eben nicht eins zu eins in die Ukraine geht, sondern dass es auch in Depots und in neue Militärstrukturen geht", sagte der Generalinspekteur und verwies zudem auf Russlands offen geäußerte Pläne. "Dann zeigt mir das, dass wir gewappnet sein müssen, in fünf bis acht Jahren; weil dann ein Angriff wieder möglich sein könnte", warnte Breuer, dem alle Bundeswehrsoldaten unterstellt sind.
"Russland sieht diesen Krieg, Putin sieht diesen Krieg als einen Krieg gegen das westliche System, weil das westliche System ist ein attraktives System, und er trägt es deshalb auch so weit. Es geht nicht um die Ukraine" betonte Breuer noch einmal. Die freiheitlichen Demokratien seien eine zu große Gefahr für die autokratische Machtpyramide in Russland, so der Generalinspekteur. Daher diene der Krieg Putin dazu, diese Gefahr einzudämmen.
Breuer attestierte Putin außerdem, mit dem Einsatz einer neuen ballistischen Rakete "eine nächste Stufe auf der Eskalationsleiter" erklommen zu haben. Putin habe deutlich gemacht, mit dieser atomar bestückbaren Waffe Ziele in ganz Europa erreichen zu können. "Es ist schon sehr, sehr zynisch, was er dort mit dem Einsatz dieser Waffe gemacht hat", kommentierte Breuer.
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Ob Deutschland mit der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern reagieren sollte, ließ der Generalinspekteur offen. "Das ist eine politische Entscheidung", wollte er die Weigerung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Frage nicht kommentieren. Er dürfe seine Empfehlung nicht öffentlich machen, erklärte Breuer, sprach aber auf Nachfrage Maischbergers von einem "Dilemma".
Major kritisierte die Haltung des Kanzlers – bei aller Vorsicht, die im Konflikt mit einer Atommacht geboten sei. "Aber die Frage ist, wann diese Besonnenheit kippt und man sich einschüchtern lässt und aus dieser Sorge heraus vielleicht noch viel schlimmere Konsequenzen in Kauf nimmt", warnte die Expertin der
Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), die vor allem den Bundestag und die Bundesregierung berät.
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Major meinte damit die schlechte Lage, in der sich die Ukraine vor dem Winter befindet. Die russische Offensive werde derzeit mit täglich 1.000 bis 1.900 Toten oder schwer verwundeten russischen Soldaten erkauft, sagte sie.
"Maischberger" zur Ukraine
Ziel sei es, bis zum Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump die bestmögliche Ausgangslage für etwaige Verhandlungen zu erreichen. Der Ukraine bleibe in dieser Situation nur "die Wahl zwischen Abnutzung und Niederlage". Breuer bestätigte: "Was wir in der Ukraine sehen, ist ein Spiel auf Zeit und diese Zeit wird uns im Westen gerade erkauft."
"Warum sollen wir Olaf Scholz wählen?", hatte Maischberger zuvor Peer Steinbrück (SPD) gefragt. Die Antwort des ehemaligen Bundesfinanzministers und Ex-Kanzlerkandidaten fiel nicht gerade überschwänglich aus. "Auf manchen Feldern hat er sich (als) kompetent erwiesen", sagte Steinbrück.
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Eine Aufholjagd wie bei der vorherigen Bundestagswahl hielt der Sozialdemokrat allerdings für sehr unwahrscheinlich. Scholz werde sich nicht erneut von 15 auf über 25 Prozent steigern können. Steinbrück forderte seine Partei auf, sich dementsprechend zu verhalten. "Hoffentlich wird das nicht eine surreale Krönungsmesse am 11. Januar, das wäre lächerlich", sagte er mit Blick auf den Parteitag, der die erneute Scholz-Kandidatur besiegeln soll.
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Die nächste Bundesregierung muss laut Steinbrück die Wähler mit unangenehmen Wahrheiten konfrontieren. "Ich habe den Eindruck, wir befinden uns immer noch in so einer Art Komfortzone. Es ist Zahltag. Das wird diese Regierung sagen müssen", forderte der Ex-Finanzminister.
Seine Kritik an dem Wirtschaftskurs der SPD war ausgerechnet von seinem geschassten Amtsnachfolger Christian Lindner (FDP) in der ersten Bundestagsrede nach dem Ampel-Aus zitiert worden. Dass Scholz nach dem Anruf bei Putin vom russischen Außenminister Sergej Lawrow gelobt worden war, hielt Steinbrück für nicht per se problematisch: "Das ist so ähnlich, wie ich von Herrn Lindner zitiert werde. Das kann ich mir auch nicht aussuchen."
- ARD: "Maischberger" vom 26. November 2024