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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Iran-Israel-Konflikt Diese Männer entscheiden, ob es Krieg gibt
Der Streit zwischen dem Iran und Israel droht zu eskalieren. Doch wer entscheidet eigentlich darüber? t-online stellt die wichtigsten Akteure des Konflikts vor.
Der militärische Schlagabtausch im Nahen Osten geht weiter: Laut Medienberichten hat Israel in der Nacht mutmaßlich den Iran mit Drohnen attackiert. Der Angriff könnte eine Antwort auf Irans Großangriff vom Samstag sein, der wiederum eine Reaktion darauf war, dass Israel am 1. April die iranische Botschaft in Syrien bombardiert hatte. Der Iran plane zunächst keine Vergeltungsmaßnahmen, sagte ein iranischer Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters, wollte aber namentlich nicht genannt werden.
- Kommentar von t-online-Chefredakteur Florian Harms: Um Himmels willen, wie kommen wir da wieder raus?
Die Lage im Nahen Osten spitzt sich weiter zu, es droht ein zweiter Krieg neben dem Kampf Israels gegen die Hamas im Gazastreifen. Sowohl der Iran als auch Israel sind schwer bewaffnet, und ihre Staatsoberhäupter geizen nicht mit Drohungen. Wer von ihnen bei der Frage nach Krieg und Frieden die größte Entscheidungsgewalt hat, zeigt der Überblick zu den mächtigsten Akteuren auf beiden Seiten.
Irans Ajatollah Ali Khamenei
Ajatollah Ali Khamenei ist politisches und religiöses Staatsoberhaupt des Iran und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Der 85-Jährige hat das letzte Wort dazu, ob der Konflikt zwischen Israel und dem Iran weiter eskaliert. Aufgrund der regierungskritischen Demonstrationen im Land ist seine Position allerdings geschwächt, und er ist zunehmend abhängig von den Revolutionsgarden. Nach Israels Angriff auf die iranische Botschaft in Syrien hatte er sich für einen Gegenschlag ausgesprochen: "Das boshafte zionistische Regime wird bestraft werden", hieß es am 13. April auf dem offiziellen Account des Religionsführers auf der Plattform X.
Die Iran-Expertin Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik erklärte der Deutschen Presse-Agentur: "Khamenei ist noch immer die mit Abstand mächtigste Person im Staat und ist richtungsweisend für alle wesentlichen Fragen der Außen- und Innenpolitik. Noch scheint sein Wort Gewicht zu haben." Mehr zu Khamenei lesen Sie hier.
Hussein Salami, Anführer der iranischen Revolutionsgarden
Hussein Salami ist der Anführer der Revolutionsgarden, welche die politische Linie von Staatsoberhaupt Khamenei stützen. Die Elitetruppen verfügen laut eigenen Angaben von 2019 über 190.000 Kämpfer und sind unabhängig von der iranischen Armee. Die Garden sind die mächtigste Waffe der iranischen Regierung zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung.
Salami teilte der Nachrichtenagentur Tasnim am Sonntag mit, die Revolutionsgarden würden künftig anders mit Israel umgehen. "Diese neue Gleichung besagt, ab jetzt werden wir, wann immer das zionistische Regime unsere Interessen, Besitztümer, Individuen und Bürger angreift, von der Islamischen Republik Iran aus Vergeltung üben." Bislang setzte der Iran vor allem auf verbündete, nicht staatliche Akteure in arabischen Ländern. Mehr zu den Revolutionsgarden finden Sie hier.
Irans Präsident Ebrahim Raisi
Irans konservativer Präsident Ebrahim Raisi ist seit 2021 an der Macht und gilt als möglicher Nachfolger von Staatsoberhaupt Khamenei. Zuvor hatte er hohe Posten in der Justiz inne. Der Menschenrechtsaktivist Hadi Gahemi kritisierte ihn: "Raisi ist eine Säule eines Systems, das Menschen einsperrt, foltert und tötet, weil sie es gewagt haben, die staatliche Politik zu kritisieren".
Raisi hat Israel erst kürzlich mit Zerstörung gedroht. Die iranischen Streitkräfte würden auch auf geringe Provokationen hart reagieren, sagte Raisi am Dienstag im Staatsfernsehen. An Israel gerichtet sagte der Regierungschef: "Dem kleinsten Fehler ihrerseits gegen die Sicherheit unseres Landes wird begegnet mit der Zerstörung der Städte Tel Aviv und Haifa." Lesen Sie hier mehr über den Werdegang Raisis.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
Israels Ministerpräsident und wichtigster Entscheider ist Benjamin Netanjahu, in seinem Land häufig nur "Bibi" genannt. Er ist innerhalb wie außerhalb Israels sehr umstritten: Zum einen für eine geplante Justizreform, zum anderen dafür, dass er sich Kritikern zufolge zu wenig dafür einsetze, die Geiseln aus der Gewalt der Hamas zu befreien. Westliche Verbündete Israels kritisieren Netanjahu immer wieder für die hohe Zahl ziviler Opfer im Gaza-Krieg. Zudem fordern rechtsradikale Regierungsmitglieder wie Sicherheitsminister Itamar Ben-Gwir von Netanjahu, dass er härter gegen Israels Feinde vorgehe.
Netanjahu hatte vor der jüngsten Attacke auf den Iran verkündet, Israels Reaktion auf Irans Großangriff vom Samstag müsse klug sein. Teheran solle nervös warten müssen, wann die Gegenreaktion erfolge, so wie es Israel ergangen sei.
Israels Verteidigungsminister Joav Galant
Joav Galant ist Verteidigungsminister Israels und Teil des Kriegskabinetts. Es umfasst neben Galant noch Ministerpräsident Netanjahu, Benny Gantz als Oppositionsvertreter und die Minister Ron Dermer und Gadi Eizenkot, die aber nur eine Beobachterfunktion innehaben. Das Kriegskabinett hatte sich kurz nach dem Angriff der terroristischen Hamas gebildet und soll die zerstrittene israelische Regierung im Krieg mit der Hamas handlungsfähig halten. Das Kabinett darf Militär- und Notstandsentscheidungen treffen, für andere Gesetzesvorhaben hat es aber keine Autorität.
Im Gespräch mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin teilte Galant am 11. April mit, Israel werde auf einen möglichen Angriff Irans reagieren: "Ein direkter iranischer Angriff wird eine angemessene israelische Antwort gegen den Iran erfordern", sagte Galant.
Oppositionspolitiker Benny Gantz
Der ehemalige Militärchef und einflussreiche Oppositionspolitiker Benny Gantz ist ebenfalls Teil des Kriegskabinetts. Umfragen zufolge könnte die von ihm geführte Mitte-Rechts-Partei Nationale Union mit Abstand stärkste Fraktion werden, sollte es im September Wahlen geben, wie Gantz es fordert. Er könnte dann Ministerpräsident werden.
Gantz hat am Sonntag mitgeteilt, das Kriegskabinett werde dafür sorgen, dass der Iran für seinen Angriff auf Israel bezahlen werde, "wie und wann es uns passt", berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Im Gespräch mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach er am Donnerstag darüber, dass Israel eine "globale Front" gegen den Iran und seine Stellvertreter anstrebe. "Der Iran ist ein weltweites Problem, eine regionale Herausforderung und auch eine Gefahr für Israel", sagte er.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP