Schwerster Beschuss seit Kriegsbeginn Rund 100 Raketen aus dem Libanon Richtung Israel abgefeuert
Während der Gaza-Krieg andauert, brodelt auch der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon. Immer wieder kommt es zu militärischen Auseinandersetzungen.
Nach israelischen Luftangriffen auf Ziele im Nordosten des Libanons hat es am Morgen schweren Beschuss aus dem Nachbarland gegeben. Die Hisbollah im Libanon erklärte, "mehr als 100" Raketen auf Israel abgefeuert zu haben. Der Miliz zufolge wurden Stützpunkte des Luft- und Raketenabwehrkommandos sowie eine Raketenbasis in den von Israel besetzten Golanhöhen angegriffen.
Israelische Medien hatten zuvor unter Berufung auf das Militär berichtet, rund 100 Geschosse seien in Richtung der Golanhöhen abgefeuert worden. Berichte über Verletzte oder Schäden gab es zunächst nicht. Viele Geschosse seien abgefangen worden oder auf offenem Gelände eingeschlagen. Die Armee sagte auf Anfrage, sie prüfe die Berichte dazu.
Das israelische Militär teilte aber mit, drei Raketenwerfer im Libanon angegriffen zu haben. Diese seien dazu genutzt worden, am Dienstagmorgen Raketen in Richtung der Golanhöhen zu feuern.
Israel greift Hisbollah tief im Libanon an
Israels Armee hatte am Montagabend eigenen Angaben zufolge zwei Stellungen der Hisbollah in der Bekaa-Ebene attackiert. Es sei erst der zweite Angriff von Israels Militär auf das etwa 100 Kilometer nördlich der Landesgrenze gelegene Gebiet seit Beginn des Gaza-Kriegs gewesen, berichtete die israelische Nachrichtenseite "Ynet".
Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, dabei sei mindestens ein Zivilist getötet worden. Sechs weitere Menschen wurden demnach verletzt. Israels Militär teilte mit, die Attacken auf Standorte der "Luftstreitkräfte der Hisbollah" – gemeint sind wohl Kämpfer der Hisbollah, die Drohnen starten – im Nordosten Libanons seien eine Vergeltung für Luftangriffe der Miliz.
Seit Beginn des Gaza-Krieges nach dem Massaker der Terrorvereinigung Hamas am 7. Oktober in Israel kommt es fast täglich zu gegenseitigen Angriffen zwischen der mit der Hamas verbündeten Hisbollah und Israel, konzentriert auf die Grenzregion. Israel will erreichen, dass sich die Hisbollah wieder hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht – so wie es eine UN-Resolution aus dem Jahr 2006 vorsieht.
Israel: Dritthöchstem Hamas-Führer auf die Spur gekommen
Unterdessen ist Israels Armee im Gazastreifen nach eigenen Angaben Marwan Issa auf die Spur gekommen – dem dritthöchsten Hamas-Funktionär in dem abgeriegelten Küstengebiet. Man habe ihn möglicherweise getötet, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Die Luftwaffe habe in der Nacht zum Sonntag unterirdische Anlagen im Flüchtlingslager Nuseirat bombardiert. Issa habe den Tunnel genutzt, sagte Hagari. Man prüfe noch, ob die Nummer drei der Hamas tatsächlich unter den Opfern des Luftangriffs war.
Als Nummer eins und zwei bezeichnet Israel den Führer der Hamas im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, und den Chef der Kassam-Brigaden der Islamisten, Mohammed Deif. "Sie alle sind tote Männer, wir werden sie alle kriegen", sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und bekräftigte seine Absicht, sein Land zum "absoluten Sieg" führen zu wollen.
Bericht: Vollständige Vernichtung der Hamas schwierig
Nach Einschätzung der US-Geheimdienste dürfte es für Israel jedoch schwierig sein, das Ziel einer vollständigen Eliminierung der Hamas zu erreichen, wie die US-Zeitung "Wall Street Journal" berichtete. Sie zitierte aus dem jüngsten Bericht der US-Geheimdienste mit dem Titel "Annual Threat Assessment" (Jährliche Bewertung der Bedrohung). Darin heiße es, Israel werde wahrscheinlich noch jahrelang mit dem bewaffneten Widerstand der Hamas konfrontiert sein.
Israels Militär werde Schwierigkeiten haben, die unterirdische Infrastruktur der Hamas zu zerstören, die es den Aufständischen ermögliche, sich zu verstecken, neue Kräfte zu sammeln und die israelischen Streitkräfte zu überraschen.
Israels Außenminister fordert Druck vom Weltsicherheitsrat
Israels Außenminister Israel Katz hat unterdessen den Weltsicherheitsrat dazu aufgefordert, äußersten Druck auf die Hamas zu machen und so die Freilassung von Geiseln zu ermöglichen. "Ich fordere vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, so viel Druck wie möglich auf die Hamas-Organisation auszuüben", sagte Katz bei einer Sitzung des mächtigsten UN-Gremiums in New York. Der Weltsicherheitsrat war zusammengekommen, um über einen vor einer Woche vorgestellten Bericht zu diskutieren. Darin stufte die UN die israelischen Vorwürfe über sexualisierte Gewalt während des Massakers von Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel als glaubwürdig ein.
Bundesfrauenministerin Lisa Paus begrüßte das Treffen des Weltsicherheitsrates. Es brauche aber "mehr Aufklärung, damit diese abscheulichen Verbrechen und der Terror der Hamas vor Gericht kommen", sagte Paus der Deutschen Presse-Agentur in New York.
Die UN-Sonderbeauftragte für sexualisierte Gewalt in Konflikten wies einen Vorwurf Israels zurück, die Vereinten Nationen hätten den Bericht zu sexualisierter Gewalt von Hamas-Terroristen unterdrücken wollen. "Der Generalsekretär hat keinen Versuch unternommen, meinen Bericht oder seine Erkenntnisse zu unterdrücken", sagte Pramila Patten. Sie reagierte damit auf den Vorwurf von Israels Außenminister Katz, die UN hätten die Verbrechen der Hamas "unter den Teppich kehren" wollen.
Netanjahus Frau schaltet sich in Ringen um Geisel-Deal ein
Mit einer ungewöhnlichen Initiative versucht nun auch die Frau von Ministerpräsident Netanjahu eine Freilassung der Geiseln zu erreichen. Sara Netanjahu wandte sich in einem Brief an die Mutter des Emirs von Katar, Scheich Mosa Nasser Al Missned. "Ich bitte Sie dringend, im Geiste des Ramadans, Ihren großen Einfluss geltend zu machen, um auf die Freilassung der israelischen Geiseln hinzuwirken", schrieb Sara Netanjahu in dem Brief, der auf dem Account ihres Mannes auf der Plattform X veröffentlicht wurde.
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Katar vermittelt zusammen mit Ägypten und den USA seit Wochen zwischen der Terrorvereinigung Hamas und Israel. Die Vermittler hatten vergeblich gehofft, bis zum Ramadan eine Einigung über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln zu erzielen. Israels Regierung geht davon aus, dass die palästinensischen Extremisten im Gazastreifen derzeit noch rund 100 lebende Geiseln in ihrer Gewalt haben.
- Nachrichtenagentur dpa