Regierungsbildung schwierig Prowestlicher Block führt bei Wahl in Bulgarien
In Bulgarien liegt der liberal-konservative Block bei den Parlamentswahlen vorn. Für eine alleinige Regierung reicht es aber nicht.
In Bulgarien ist der prowestliche Reformblock PP-DP ersten Prognosen zufolge als stärkste Kraft aus der Parlamentswahl hervorgegangen. Der liberal-konservative Block soll demnach auf gut 26 Prozent der Stimmen kommen.
Mit geringem Abstand landet auf Platz zwei mit bis zu rund 25 Prozent der Stimmen das 2021 nach Korruptionsvorwürfen abgewählte ebenso prowestliche Mitte-Rechts-Bündnis der GERB-SDS. Außenpolitisch sind sich beide Lager über die Unterstützung der Ukraine im russischen Angriffskrieg, auch mit Waffenlieferungen, einig.
Fünf Parteien werden den Prognosen zufolge mit Sicherheit ins Parlament in Sofia einziehen. Unter ihnen sei mit gut 13 Prozent die prorussische und nationalistische Partei Wasraschdane (Wiedergeburt).
Wem gelingt die Regierungsbildung?
Politologen sehen die wichtigste Frage nach der Wahl darin, welche Partei eine Regierung auf die Beine stellen kann, und nicht welche die Wahl gewonnen hat. Im 240 Sitze zählenden Parlament wird den Prognosen zufolge keine Partei eine ausreichende Mehrheit haben, um alleine zu regieren. Spitzenpolitiker wollten sich erst nach Bekanntwerden von amtlichen Ergebnissen zu ihren Plänen äußern.
Angesichts der erwarteten Kräfteverhältnisse dürfte sich die Bildung einer neuen Regierung auch nach dieser fünften Wahl binnen zwei Jahren schwierig gestalten. Im Wahlkampf haben sich die Parteien Anschuldigungen und Beleidigungen geliefert und viele rote Linien gezogen – etwa bei der Haltung zum Ukrainekrieg, zur Justizreform oder zur Einführung des Euro.
"Ich erwarte, dass der Verstand und die Prinzipien in der bulgarischen Politik überwiegen", sagte Staatspräsident Rumen Radew bei der Stimmabgabe. Der Staatschef kündigte an, er werde die Vergabe des Regierungsauftrags nicht hinauszögern. Ein von ihm eingesetztes Übergangskabinett führt angesichts der Neuwahl die Regierungsgeschäfte.
Nach fünf Wahlen: Hoffnung auf reguläre Regierung
Das EU-Land braucht nach Auffassung von Politologen dringend eine reguläre Regierung. Ein geschäftsführendes Kabinett könne keinesfalls Lösungen für die Probleme bieten, sagte die Politologin Rumjana Kolarowa. Da das Parlament vor einer Neuwahl immer wieder aufgelöst wurde, blieben wichtige Gesetze auf der Strecke – wie die Gesetze zur Umsetzung des EU-Wiederaufbauplans des Landes oder aktuell – für eine Preisbremse.
Weitere Baustellen einer künftigen Regierung wären die Korruptionsbekämpfung, der angestrebte Beitritt des Landes zum Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen sowie die Einführung des Euro. Wegen der hohen Inflation wurde der ursprünglich für 2024 geplante Beitritt zur Euro-Zone aufgeschoben.
- Nachrichtenagentur dpa