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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ex-Außenminister über China "Das ist eine bittere Geschichte"
Durch Putins Ukraine-Krieg ringt Deutschland mit seiner neuen internationalen Rolle. Der frühere Vizekanzler Sigmar Gabriel kritisiert nun den Friedensappell von Wagenknecht und spricht über den Konflikt mit China.
Die diesjährige Münchner Sicherheitskonferenz wird überschattet von Wladimir Putins Angriffskrieg in der Ukraine und einer drohenden russischen Frühjahrsoffensive. Bei dieser Sicherheitskonferenz sind Vertreter des Kremls nicht eingeladen, die Organisatoren wollen Putin und seiner Propaganda keine Bühne geben.
Im Interview spricht der ehemalige Vizekanzler und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) über den Systemkonflikt mit Russland und China, über eine deutsche Außenpolitik am Scheideweg und über den sogenannten "Friedensappell" von Sahra Wagenknecht (Linke).
t-online: Herr Gabriel. Die diesjährige Münchner Sicherheitskonferenz findet unter Ausschluss Russlands und des Iran statt. Droht die Konferenz damit zu einem Selbstgespräch des Westens zu werden?
Sigmar Gabriel: Der Kreml führt Krieg in Europa, Russland produziert das Gegenteil von Sicherheit. Die deutliche Mehrheit der Vereinten Nationen sagt, dass dieser Angriffskrieg gegen die Ukraine völkerrechtswidrig ist. Ich kann deshalb verstehen, dass man Putins Regime nicht einlädt. Ich wüsste auch nicht, was mit Russlands Vertretern zu besprechen wäre, denn über einen Waffenstillstand oder gar einen Frieden würden sie in München gewiss nicht reden. Sondern wir würden nur die unerträglichen Rechtfertigungen dieses Angriffskrieges zu hören bekommen.
Sigmar Gabriel war unter anderem Bundesumweltminister (2005-2009), Bundeswirtschaftsminister (2013-2017) sowie Bundesaußenminister (2017-2018). Er war von 2009 bis 2017 SPD-Vorsitzender und von 2013 bis März 2018 Vizekanzler.
Gabriel wurde 2019 zum Vorsitzenden des Atlantik-Brücke e.V. gewählt. Außerdem ist Gabriel im Aufsichtsrat der Deutschen Bank.
Auch der Iran ist nicht dabei. Eine gute Entscheidung?
Da kann man unterschiedlicher Meinung sein. Einerseits begehrt ein Teil des iranischen Volkes gegen das Regime in Teheran auf und viele würden es als Aufwertung des Regimes verstehen, wenn man sie in München begrüßt. Andererseits droht uns in der Region ein neuer Krieg, denn wenn der Iran sein Atomprogramm fortsetzt, wird es Nachbarn geben, die dem nicht tatenlos zusehen. Es gäbe also viele Gründe, um auch mit dieser schwierigen Regierung in Teheran zu reden.
Klingt, als steckten die Organisatoren der Konferenz da in einer Zwickmühle.
Ich kann verstehen, dass man nicht ein Regime einladen möchte, das im eigenen Land seine Menschen umbringt und einsperrt. Wir dürfen denen keine Bühne bieten, aber wir kommen in der Weltpolitik auch nicht voran, wenn wir nicht miteinander reden. Irgendwann sprechen dann meist die Waffen.
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Wäre es nach dieser Logik nicht besser, auch mit dem Kreml zu sprechen? Auch um ihm wie beim G-20-Gipfel in Indonesien geschlossen gegenüberzutreten?
Es war ein Erfolg, dass beim G20-Gipfel der russische Krieg in der Ukraine verurteilt wurde. Vor allem, dass China sich klar gegen die russischen Drohungen zum Einsatz von Atomwaffen geäußert hat. Aber Gespräche mit Russland ergeben auf der Münchner Sicherheitskonferenz aktuell keinen Sinn. Der Versuch, einen Krieg auf diplomatischem Weg zu verhindern, beginnt nie auf dem "Markplatz" einer öffentlichen Konferenz. Wir sollten eher mit anderen Staaten über den Krieg in der Ukraine sprechen.
Welche Staaten sind das?
Etwa mit China, Indien, Brasilien und vielen afrikanischen Staaten. Es gibt viele Länder, die der Überzeugung sind, dass sie durch die westlichen Sanktionen gegen Russland höhere Energie- und Nahrungsmittelpreise verkraften müssen, und die sich eigentlich aus diesem Konflikt heraushalten möchten. Für viele Staaten in Afrika, Lateinamerika oder Asien ist dieser Krieg ein Stellvertreterkrieg zweier alter Imperien – den USA und Russland –, mit dem sie nichts zu tun haben wollen. Mit diesen Ländern müssen wir sprechen und ihnen übrigens auch helfen.
Aber das reicht offenbar nicht aus, damit sich mehr Länder gegen Moskau stellen.
Unsere Botschaft muss lauten: Wenn Russland die Ukraine besiegen würde, wäre das auch ein gefährliches Beispiel für Euch. Denn was dort passiert, ist nichts anderes als der Versuch einer Re-Kolonialisierung: Ein Land, das seine Freiheit gewonnen hatte, soll mit Waffengewalt zurück unter die Knute seines früheren Imperialherren gezwungen werden. Wenn das Schule macht, dann leben alle gefährlich auf dieser Welt.
Sie haben auch China angesprochen. Zuletzt haben die Spannungen zwischen der Volksrepublik und den USA durch die mutmaßlichen Spionageballons dramatisch zugenommen. Wie groß sehen Sie aktuell das Eskalationspotenzial?
Das ist eine bittere Geschichte. Das erste Mal seit fünf Jahren wollte mit Außenminister Anthony Blinken ein hochrangiger US-Politiker nach Peking reisen. Das sollte ein Signal der Amerikaner sein, dass die Spannungen nicht noch weiter anwachsen sollen. Das wurde durch diesen unsinnigen Spionageballon zerstört.
War das eine absichtliche Provokation durch das chinesische Regime?
Es spricht wenig dafür. Ich glaube, dass es auch in China wenig Begeisterung über diesen politischen Fehler gab. Diese Erprobung von Spionageballons soll ja sozusagen eine Alternative für den Fall bieten, dass in einem militärischen Konflikt die eigenen Satelliten durch den Gegner zerstört werden. Aber die Volksrepublik ist aktuell in keiner besonders guten Situation: Die Wirtschaft ist aufgrund der Null-Covid-Politik geschwächt, das Land steht vor einem dramatischen Alterungsprozess.
Das bedeutet?
China befindet sich nicht in einer Position der Stärke. Ich vermute, dass es in Peking aktuell kein Interesse gibt, den Konflikt eskalieren zu lassen. Im Gegenteil. Die Führung des Landes hat zurzeit andere Probleme, als eine wachsende Konfrontation mit den USA voranzutreiben.
Das dürften auch die USA kaum wollen, oder?
Zumindest haben wir aktuell eine Regierung in den USA, die zwar in China einen wirklich gefährlichen Gegner sieht, die aber zugleich die Spannungen nicht eskalieren lassen will. US-Präsident Joe Biden sucht nach Wegen, den Konflikt beherrschbar zu halten. Aber der nächste US-Wahlkampf steht an und die Republikaner werden versuchen, Joe Biden Schwäche gegenüber China zu unterstellen. Die US-Regierung musste deshalb so scharf auf den Ballon reagieren.
Die Bundesregierung arbeitet aktuell an einer neuen China-Strategie. Glauben Sie, dass die USA Druck auf Deutschland machen?
Die Vereinigten Staaten haben natürlich ein Interesse daran, dass ihre Alliierten ihrer Politik folgen. Alles, was aus Sicht der USA ihre nationale Sicherheit gefährdet, soll nicht mehr aus China importiert werden dürfen, und alles, was China bei den digitalen Technologien helfen könnte, darf nicht mehr nach China exportiert werden. Wir müssen uns fragen, wie stark unsere Unabhängigkeit und Souveränität in Europa durch zu starke Abhängigkeiten von China infrage gestellt werden könnten. Aber anders als in den USA kommen eben vor allem in Deutschland 50 Prozent unseres Wohlstands aus der Exportwirtschaft und dabei spielt China eine große Rolle.
Wie können wir das lösen?
Es geht um Diversifizierung, nicht um Entkoppelung. Deutschland und Europa haben begonnen, die Abhängigkeiten von China abzubauen und andere Länder im Indo-Pazifik viel mehr in den Blick zu nehmen. Indonesien, Indien oder Vietnam, um nur einige Beispiele zu nennen. Das aber geht nicht über Nacht.
Inwieweit sollte sich der Westen von Staaten wie China abgrenzen?
Diese Abgrenzung gibt es, denn sowohl wir Europäer als auch die Volksrepublik China wissen, dass wir kulturell, gesellschaftlich und politisch sehr unterschiedlich sind. China geht seinen Weg und wir gehen unseren. Die Frage ist, in welcher globalen Ordnung wir zusammenleben und überleben wollen? Und da wachsen gerade die globalen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam lösen können. Pandemien, Klimawandel, die Weiterverbreitung von Atomwaffen, Hunger und bittere Armut im globalen Süden, um nur einige Stichworte zu nennen. Allein mit Abgrenzung ist es nicht getan.
Die Geheimdienste rechnen damit, dass China früher oder später Taiwan angreifen könnte. Selbst dann sollte sich der Westen nicht von dem Land abkehren?
Nach allem, was wir wissen, steht eine militärische Eroberung Taiwans nicht auf der absehbaren Agenda Chinas. Dafür ist China derzeit auch ökonomisch viel zu schwach und hat zudem gewaltige innere Probleme zu bewältigen. Denn die frühere "Ein-Kind-Politik" führt zu einem massiven demografischen Wandel. Erst wird China alt, bevor es reich wird. Das heißt nicht, dass wir uns beruhigt abwenden können, aber wenn wir keine Fehler machen, dann kann der heutige Status quo noch eine ganze Weile halten.
Wie ginge das denn?
Durch Krisenmanagement. Der Autor Christopher Clarke hat in einem Buch beschrieben, wie die Menschen in Europa wie "Schlafwandler" in den Ersten Weltkrieg gezogen wurden. Im Kalten Krieg gab es viele Regeln, Kanäle für Kommunikation im Notfall, rote Telefone, Informationen über Manöver. Das brauchen wir erneut, denn Konflikte könnten entstehen, obwohl keiner den echten Krieg will. Um solche Konflikte zu verhindern, braucht es eigentlich Instrumente zwischen China und den USA, die denen ähneln, die die Nato und die Sowjetunion im alten Kalten Krieg des vorigen Jahrhunderts hatten.
Zuletzt haben eine Reihe westlicher Politiker Taiwan besucht. War das hilfreich oder schädlich für diesen Weg?
Eine gute Frage. Mein Eindruck ist: Viele westliche Politiker machen mit solchen Besuchen Innenpolitik. Was etwa sollte der Besuch von Nancy Pelosi dort, während ihr Präsident Joe Biden gerade versuchte, mit China den Konflikt einzudämmen? Oder die Visite der deutschen Bundestagsabgeordneten? Das kann man machen, um zu Hause Beifall zu bekommen, aber das macht die Welt nicht besser. Interessant wäre es, wenn deutsche Vertreter zuerst nach Peking fliegen würden, um nach Gesprächen dort einen sogenannten "Inlandsflug" nach Taipeh zu buchen, die gibt es nämlich. Ich wäre gespannt auf die Reaktion Chinas.
Also waren sie eher schädlich.
Sie haben die Lage für Taiwan jedenfalls nicht besser gemacht. Und China hat es nicht überzeugt, sich anders zu verhalten. Der Status quo hat nun viele Jahre ohne militärische Eskalation gehalten und für die absehbare Zukunft tun wir gut daran, ihn zu erhalten. Ich kann nicht dazu raten, ihn infrage zu stellen.
Die Folgen eines chinesischen Angriffs wären fatal.
Ich mag mir nicht vorstellen, was uns drohen würde, wenn es einen militärischen Konflikt zwischen zwei Nuklearmächten in der Straße von Taiwan gibt.
Sie haben darüber gesprochen, dass wir politische Menschheitsaufgaben nur als internationale Gemeinschaft lösen können. Stattdessen erleben wir aber eine neue Blockbildung.
Da haben Sie völlig recht. Wir erleben eine Renationalisierung der Politik. Das ist paradox, weil die Aufgaben immer mehr werden, die man nur durch internationale Zusammenarbeit lösen kann. Das hat etwas damit zu tun, dass die globale Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr funktioniert. Indien, China oder Afrikas Staaten waren nicht an dieser Ordnung beteiligt, aber das fordern sie nun für sich ein.
Und das führt zu der Instabilität?
Die alte globale Ordnung ist Vergangenheit und eine neue gibt es noch nicht. Deswegen befinden wir uns aktuell in einer Dekade der Unsicherheit, wo alle Nationalstaaten versuchen, sich in eine gute Ausgangsposition zu bringen. Es wird für die USA, die EU und ihre Verbündeten darauf ankommen, dass wir fragilere Demokratien stabilisieren und dass wir deren Sorgen ernst nehmen. Es muss uns doch erschrecken, wie viele Staaten in Afrika, Asien oder Lateinamerika sich gegenüber dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine "neutral" verhalten wollen und eher in unseren Sanktionen gegen Russland die Ursache für ihre wirtschaftlichen Probleme durch steigende Energie- und Nahrungsmittelpreise sehen. Wir dürfen dem globalen Süden nicht den Rücken zukehren.
Diese Brüche in der globalen Ordnung werden durch den Ukraine-Krieg scheinbar noch beschleunigt. Inwieweit hat sich Deutschlands internationale Rolle seit Kriegsbeginn verändert?
Die Zeitenwende, die Kanzler Olaf Scholz ausgerufen hat, ist mehr als die zusätzlichen 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. Es geht um eine veränderte Haltung, die sich aber erst allmählich bahnbricht.
Was genau meinen Sie damit?
Die Deutschen wollten in den vergangenen Jahrzehnten ein wenig wie die Schweiz sein: wirtschaftlich erfolgreich, aber politisch neutral. Das geht mit acht Millionen Einwohnern am Rande der EU, aber nicht mit 82 Millionen Menschen im Zentrum. Deutschland hat eine besondere Stellung in Europa, ob uns das passt oder nicht. Wir sind die größte Volkswirtschaft und die größte Bevölkerung. Auf uns kommt es ganz wesentlich an. Deshalb müssen wir uns der Welt zuwenden und dürfen nicht länger glauben, dass es ausreicht, wenn wir wirtschaftlich und sozial erfolgreich sind.
Diese Vorstellung scheinen auch Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer zu haben. Sie wollen, dass die Unterstützung der ukrainischen Verteidiger mit Waffen aus Deutschland endet. Was halten Sie von ihrem offenen Brief?
Ich kann jeden Menschen verstehen, der sich für den Frieden und ein Ende der mörderischen Gewalt in der Ukraine einsetzt. Und auch Pazifismus ist eine ehrenwerte Einstellung, die ich angesichts der globalen Realitäten nicht teile, die ich aber achte. An die Autoren dieses "Friedensappells" hätte ich allerdings zwei Fragen: Was spricht eigentlich dafür, dass eine Beendigung der militärischen Unterstützung der Ukraine zu einem Frieden oder auch nur zu einem Waffenstillstand führt? Aus meiner Sicht führt es nur dazu, dass Russland Erfolg haben und die Ukraine mindestens teilweise von der Landkarte ausradieren wird. Warum sollte Russland, wenn wir die Ukraine schwächen, seinen Angriff einstellen?
Und die zweite Frage?
Und die zweite Frage ist: Können sich die Autoren auch nur annähernd vorstellen, welche Folgen es in Europa hätte, wenn ausgerechnet Deutschland aus der europäischen Solidarität mit der Ukraine ausbricht und einen neuen deutschen "Sonderweg" mit Russland geht? Das historische Gedächtnis unserer Nachbarn beginnt nicht 1945 wie das vieler heutiger Deutscher. Für die wäre ein deutscher Sonderweg der Wiederbeginn deutscher Unberechenbarkeit. Europa würde daran mindestens auseinanderbrechen in Ost und West, wenn nicht ganz untergehen.
Kritisieren Sie in dem Zusammenhang auch ihren SPD-Parteikollegen Rolf Mützenich?
Nein. Rolf Mützenich ist ein ehrenwerter Mensch, weil seine Grundüberzeugung pazifistisch ist. Dafür würde ich niemanden kritisieren. Ich bin kein Pazifist, weil die Welt leider nicht so ist, dass man Pazifist sein kann. Aber ich finde das eine ehrenhafte Haltung.
Unterschiedliche Meinungen über Tempo und Ausmaß der Unterstützung für die Ukraine gibt es aber auch im Bundeskabinett. Wie bewerten Sie den zurückhaltenden Kurs von Kanzler Scholz?
Es ist richtig, dass er vorsichtig agiert und Entscheidungen nicht im Hurra-Patriotismus trifft. Scholz hat recht, wenn er Militärhilfen für die Ukraine nur im Verbund mit den Amerikanern geben möchte. Alle fordern zwar deutsche Führung, aber die Wahrheit in diesem Konflikt lautet, dass es nur eine Nation gibt, die diese Verantwortung übernehmen kann: Das sind die USA. Dort liegt die politische, nachrichtendienstliche und militärische Führung in diesem aktuellen Krieg. Deshalb ist die Abstimmung mit den USA von zentraler Bedeutung für den Erfolg.
Aber hat Scholz mit dem Druck in der Panzerfrage Washington nicht auch verärgert?
Das glaube ich nicht, aber ich fand es richtig und angemessen, auch hier die USA sozusagen "im Boot" zu haben. Interessant finde ich eher, was von den vielen Medienberichten über die angeblich große Bereitschaft in Europa, Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern, übrig geblieben ist: ziemlich wenig. Wer jetzt liefert, ist Deutschland.
Was bedeutet das für den Kanzler?
Es war vollkommen richtig, dass sich Scholz von der medialen Debatte nicht hat jagen lassen. Die Mehrheit der Deutschen findet in einer Kriegssituation einen nachdenklichen Bundeskanzler besser als einen, der mit dem Geschrei von Agnes Strack-Zimmermann voranschreiten würde.
Müsste Kanzler Scholz nicht zumindest seine Politik besser kommunizieren, um seinen Koalitionspartnern und der Bevölkerung Sorgen zu nehmen?
Der Bundeskanzler ist wahrscheinlich der Überzeugung, dass am Ende die Entscheidung zählt und nicht das Reden davor. Und das stimmt auch. Wir waren erst ein Volk von Hobbyvirologen und sind jetzt ein Volk von Hobbymilitärexperten. In dieser schwierigen Zeit bin ich froh über eine nachdenkliche Regierung und einen Kanzler, der entscheidet.
Wie bewerten Sie die Alleingänge von Außenministerin Annalena Baerbock in der Panzerdebatte?
Der Bundeskanzler entscheidet in Deutschland über solche Fragen – und das ist gut so.
Zuletzt erklärte die Außenministerin in Straßburg, dass wir uns in einem Krieg mit Russland befänden. Denken Sie auch, dass das ein Versprecher war?
Ich glaube, dass Frau Baerbock gesagt hat, was sie wirklich denkt. Sie hat sozusagen ihr Herz auf der Zunge getragen. Das scheint mir allerdings kein Grund zu sein, sie jetzt über die Maßen zu kritisieren. Welchem Politiker ist das nicht schon einmal passiert?
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Gabriel.
- Gespräch mit Sigmar Gabriel