Emotionale Szenen So inszeniert die russische Propaganda die Mobilmachung
Das russische Verteidigungsministerium hatte am 21. September angekündigt, 300.000 Reservisten für den Krieg gegen die Ukraine einzuziehen. Viele gehen allerdings davon aus, dass der Kreml vorhat, weit mehr Menschen einzuziehen, auch ohne militärische Vorerfahrung.
Diese sogenannte Teilmobilisierung stieß in Russland auf Kritik und sorgte für Angst. Nun veröffentlichen russische Nachrichtenagenturen und Nachrichtenportale Bilder, die die emotionalen Abschiede der Soldaten von ihren Familien zeigen sollen. Einige romantisieren die Mobilisierung, andere scheinen echte Emotionen zu zeigen, wie hier in Michailowsk. Tass und Sputnik, von denen die folgenden Bilder stammen, veröffentlichen aber generell kein Material, das gegen die politischen Richtlinien des Kremls verstößt.
Eine Frau schaut in Michailowsk in Südrussland durch einen Zaun: Allgemein gelten sowohl ehemalige Wehrdienstleistende als auch ehemalige Berufssoldaten als Reservisten. Die obere Altersgrenze liegt zwischen 50 Jahren für einfache Soldaten und 70 Jahren für höhere Ränge.
Eine Frau drückt die Hand eines Soldaten in Moskau: Es gibt zahlreiche Berichte, dass die nun eingezogenen Reservisten schlecht ausgerüstet und schlecht ausgebildet an die Front geschickt werden. Als "Kanonenfutter" bezeichnen sie nun Experten.
Ein Paar verabschiedet sich in Moskau: Fast jeder zweite Russe blickt einer Umfrage zufolge ängstlich und erschrocken auf die Mobilmachung. 47 Prozent beschrieben ihre Gefühlslage laut den Ergebnissen des unabhängigen Instituts Lewada mit "Angst, Furcht, Entsetzen". Die Zustimmung zum Krieg sank um einige Prozentpunkte auf 72 Prozent.
Familien verabschieden mobilisierte Männer in einer provisorischen Mobilisierungsstation, die im Pavillon Nr. 46 des VDNKh eingerichtet wurde: Immer wieder kam es auch zu Protesten gegen die Mobilmachung, von denen im Unterschied zu den emotionalen Verabschiedungen keine Bilder über die russischen Nachrichtenagenturen verbreitet worden sind.
Vor einem Militärstützpunkt in Chkalovsky, etwa 30 Kilometer von Moskau entfernt, verabschieden sich eingezogene Soldaten von ihren Familien: Der Ärger über die Mobilmachung war so groß, dass der Kreml Fehler einräumen musste – die Verantwortung allerdings auf die lokalen und regionalen Verantwortlichen schob.
Abschied in Tscheljabinsk: In diesem Kontext sind wohl auch die nun veröffentlichten Bilder zu verstehen. Die Staatspropaganda gibt damit zu, dass vor allem zurückgebliebene Frauen verzweifelt sind, stilisiert die mobilisierten Männer gleichzeitig zu Helden, die ein Opfer für ihr Vaterland bringen.
Ein Mann hält vielleicht ein letztes Mal sein Kind in den Armen, bevor der Bus in Tschkalowski abfährt: Gleichzeitig droht der Kreml harte Strafen an. Mit bis zu 15 Jahren Haft müssen Russen im wehrpflichtigen Alter rechnen, wenn sie die Teilnahme an Kampfhandlungen verweigern. Mehrere Hunderttausende sollen vor der Mobilmachung bereits aus Russland geflüchtet sein.
Abschied in Tscheljabinsk: Während einige Bilder wie Schnappschüsse wirken, sehen andere gestellt aus, wie diese Verabschiedung. Das "Z", das Symbol des Krieges, ist am Arm des Soldaten deutlich zu sehen.
Ein russischer Soldat verabschiedet sich in Volgograd: Vielen Paaren ist der Trennungsschmerz in den Gesichtern deutlich anzusehen.
Mobilisierung in der Millionenstadt Wolgograd: An den Grenzen Russlands wurden mittlerweile Militärdienstbüros installiert, die fliehende Männer abfangen und sofort einziehen.
Zurückbleibende Familienangehörige schauen in Wolgograd den abfahrenden Zügen nach: Experten rechnen damit, dass die Mobilisierung deutliche Auswirkungen auf die demografische und wirtschaftliche Entwicklung Russlands haben wird.