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Coronavirus wütet in den USA: Steht das Schlimmste noch bevor?


Immer mehr Infizierte
Corona wütet in den USA – ist die Pandemie außer Kontrolle?

dpa, Christina Horsten

Aktualisiert am 22.07.2020Lesedauer: 3 Min.
Corona-Test in Florida: Jeden Tag gibt es fast 70.000 bestätigte Coronavirus-Fälle in den USA.Vergrößern des Bildes
Corona-Test in Florida: Jeden Tag gibt es fast 70.000 bestätigte Coronavirus-Fälle in den USA. (Quelle: Meghan Mccarthy/imago-images-bilder)
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Die Infektionszahlen in den USA steigen auf immer neue Rekorde. Berichte über Todeszahlen scheinen allerdings nicht so dramatisch. Sind das gute Nachrichten? Oder steht das Schlimmste noch bevor?

Die Bilder aus dem Frühjahr in New York haben sich vielen Menschen eingebrannt: Lange Schlangen vor Coronavirus-Teststationen, Behelfskrankenhäuser auf Schiffen, in Konferenzzentren oder im Central Park. Angemietete Kühlwagen, in denen Leichen aufbewahrt wurden, für die in Bestattungsunternehmen kein Platz mehr war. Inzwischen hat sich die Corona-Situation in der Millionenmetropole an der US-Ostküste deutlich verbessert – dafür aber steigen in großen Teilen vom Rest des Landes die Zahlen.

Rund 70.000 Neuinfektionen melden die US-Behörden inzwischen täglich, vor allem aus dem Süden und Westen des Landes, wo es im Frühjahr größtenteils nur sehr kurze und nicht sehr strenge Einschränkungen gegeben hatte. Nach Ansicht vieler Experten ist die Pandemie in einigen Bundesstaaten – wie beispielsweise Florida oder Texas – weitgehend außer Kontrolle. Vielerorts wurde daher die phasenweise Wiedereröffnung der Wirtschaft gebremst, pausiert oder Lockerungen der Eindämmungsmaßnahmen zurückgenommen.

Mehr Infektionen und Tote als in jedem anderem Land

Insgesamt haben sich in dem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern bislang mehr als 3,8 Millionen Menschen nachweislich mit Sars-CoV-2 infiziert. Rund 140.000 Menschen starben nach einer Infektion – mehr als in jedem anderen Land der Welt.

US-Präsident Donald Trump, der sich im November um eine zweite Amtszeit bewirbt, hatte den Kampf zur Eindämmung des Virus zuletzt großteils den Gouverneuren der Bundesstaaten und örtlichen Behörden überlassen. Er dringt aber auf eine rasche Rückkehr zur Normalität, damit sich die Wirtschaft erholen kann und Schulen wieder öffnen können. Die hohe Zahl der Infektionen ist für Trump ein Ausdruck der ausgeweiteten Corona-Tests. Die Ausbrüche bezeichnet er als "Flammen" oder "Glutherde", die rasch gelöscht würden, wie zuletzt in einem Interview mit dem TV-Sender Fox News, in dem Trump mehrfach Falschbehauptungen von sich gab. Zudem betont er immer wieder, dass die USA "eine der niedrigsten, wenn nicht die niedrigste, Sterberate der Welt" hätten.

Während die täglichen Neuinfektionszahlen teils dramatisch zunahmen, war die Zahl der Toten pro Tag zunächst wochenlang gesunken. Experten führen das auf zahlreiche mögliche Gründe zurück: Die Menschen, die sich neu ansteckten, waren zu einem großen Teil jung und hatten damit größere Chancen auf einen leichteren Verlauf der Krankheit. Die Krankenhäuser des Landes haben nun schon einige Monate Erfahrung mit dem Virus und haben ihre Behandlungsmethoden verbessern können. Die Testkapazitäten in den USA sind im Vergleich zum März deutlich ausgebaut worden, weswegen Infektionen möglicherweise früher entdeckt werden können. Das Tragen von Masken ist weiter verbreitet, wenn auch vielerorts umstritten.

Experten: Die Zahl der Toten hinkt hinterher

Das alles bedeute aber definitiv keine Entwarnung, betonen Gesundheitsexperten. Die Zahl der Toten hinke erfahrungsgemäß denen der nachgewiesenen Infektionen um mindestens zwei Wochen hinterher, sagte etwa der oberste Gesundheitsbeamte der US-Regierung, Vizeadmiral Jerome Adams. Und seit Mitte Juli werden pro Tag wieder deutlich mehr Tote verzeichnet, wie von vielen befürchtet. Im April und Mai waren es teils mehr als 2.000 Tote innerhalb von 24 Stunden, dann meist deutlich weniger, derzeit liegt die Zahl täglich annähernd bei 1.000.

"Die Situation ist so schlimm wie noch nie zuvor in den USA und sie gerät außer Kontrolle", sagte Peter Hotez vom Baylor College of Medicine in Texas dem Online-Portal "Politico". Gleichzeitig mache sich Ermüdung und Abstumpfung hinsichtlich der Pandemie und ihrer Zahlen breit, sagte Kirsten Bibbins-Domingo von der University of California. "Das ist wie eine Wippe – offen, geschlossen, offen, geschlossen. Das hilft nicht gegen die Ermüdung."

Es werden wieder Kühllaster für Leichen angemietet

Schon warnen einige Städte und Gemeinden wieder vor einer Überforderung ihrer Krankenhaussysteme und Bestattungsunternehmen. So haben beispielsweise in der texanischen Metropole Houston schon die Kinderkrankenhäuser damit begonnen, Erwachsene aufzunehmen, um für Entlastung zu sorgen. In Texas und Arizona werden mancherorts schon vorbeugend Kühlwagen angemietet, um als mobile Aufbewahrungszentren für Leichen zu dienen – wie im April in New York.

In der Millionenmetropole an der US-Ostküste wird unterdessen mit großer Sorge auf diese Entwicklungen geschaut – und die Lockerung der einst strengen Einschränkungen gebremst. Kinos, Museen und die Innenräume von Restaurants, Bars und Cafés beispielsweise müssen vorerst anders als geplant weiter geschlossen bleiben. "New York ist nicht von der Tatsache beruhigt, dass unsere Infektionsrate niedrig ist", sagte New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo, der sich für die im Frühjahr erhaltene Unterstützung anderer Bundesstaaten bereits mit der Sendung von Medikamenten, Schutzausrüstung und Beatmungsgeräten revanchierte. "Dieses Virus kann und wird die Grenzen von Bundesstaaten überqueren. Wir wissen das."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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