"Gelbwesten"-Proteste in Frankreich Macron kündigt Erklärung an – Wirbel um Rollstuhlfahrer-Video
Der Druck auf Frankreichs Präsident Macron wächst. Dieser will nun "wichtige Ankündigungen machen".
Der französische Präsident Emmanuel Macron will sich in der kommenden Woche zu den Protesten der "Gelben Westen" äußern. "Der Präsident der Republik wird natürlich wichtige Ankündigungen machen", sagte ein Regierungssprecher dem Fernsehsender LCI. "Nicht alle Probleme der Gelbwesten-Demonstranten werden jedoch wie durch Zauberhand gelöst werden", so der Sprecher weiter.
Macron steht zunehmend in der Kritik, weil er seit über einer Woche trotz der Proteste gegen seine Reformpolitik nicht in der Öffentlichkeit erschienen ist. Seine Mitte-Regierung legte als Zugeständnis bereits die geplante Steuererhöhung für Benzin und Diesel auf Eis.
Die Wut der Protestbewegung hatte sich einst an diesem Vorhaben entzündet. Mittlerweile reichen die Forderungen viel weiter: von mehr Steuergerechtigkeit über mehr Kaufkraft bis hin zum Rücktritt Macrons. Auch das Vorgehen der Polizei sorgt immer wieder für Kritik. Aktuell entzündet sich diese an einem bei Facebook geposteten Video.
Mehr als 1.700 Festnahmen am Samstag
Den vierten Samstag in Folge hatte es in Frankreich schwere Ausschreitungen gegeben. Die Polizei setzte in mehreren Städten Tränengas ein. In Paris zündeten Randalierer einzelne Autos an und versuchten, Barrikaden zu errichten. Die Sicherheitskräfte setzten zum Teil Wasserwerfer gegen sie ein. In der Hauptstadt waren auch gepanzerte Fahrzeuge unterwegs.
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Die Zahl der Festnahmen ist auf mehr als 1.700 gestiegen. Das teilte das französische Innenministerium auf Twitter mit. 1.220 Menschen kamen demnach in Polizeigewahrsam. Das bedeutet, sie können nach französischem Recht im Regelfall bis zu 24 Stunden festgehalten werden, etwa um zu verhindern, dass sie Straftaten begehen.
136.000 Demonstranten in ganz Frankreich
264 Menschen wurden den Angaben zufolge landesweit verletzt, darunter 39 Sicherheitskräfte. Insgesamt gingen 136.000 Menschen auf die Straße, davon rund 10.000 in Paris, wie aus der Bilanz des Ministeriums hervorgeht.
Nach den jüngsten Angaben des Innenministeriums waren im ganzen Land 120.000 Polizisten, Gendarmen und Feuerwehrleute im Einsatz. Das Aufgebot war nach schweren Krawallen der "Gelben Westen" in der Vorwoche massiv aufgestockt worden.
Empörung nach Rollstuhlfahrer-Vorfall
Bei der Stadt Bessan in Südfrankreich hat die Polizei die Blockade einer Autobahn beendet. Unter den protestierenden "Gelbwesten" war auch ein Mann im Rollstuhl. Ein auf Facebook veröffentlichtes Video zeigt, wie er von Polizisten von der Straße gehoben wird und sich dagegen wehrt.
Zu Handgreiflichkeiten kam es, als einer der Polizisten ein "verdächtiges Objekt" in der Tasche des Rollstuhlfahrers bemerkte und danach griff. Daraufhin kippte der Rollstuhl des Mannes um und er fiel heraus.
Ob der Rollstuhl in dem entstandenen Durcheinander umfiel oder von einem Beamten umgestoßen wurde, ist unklar. In den sozialen Netzwerken sorgt der Vorfall für Diskussionen und teils scharfe Kritik.
Medien loben Sicherheitsstrategie
In französischen Medien wird derweil eine positivere Bilanz gezogen als vergangenes Wochenende. Das Chaos habe dieses Mal in Paris nicht gesiegt, resümierte die Zeitung "Le Parisien". Das lag dem Bericht zufolge an der offensiveren Strategie der Sicherheitskräfte, die viel mehr Menschen festgenommen sowie Rucksäcke und Taschen der Demonstranten systematisch auch im Vorfeld kontrolliert hätten.
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Vertreter der "Gelbwesten" hatten Präsident Macron im Vorfeld aufgefordert, Lösungen zu präsentieren. Es sei jetzt an ihm, sich so schnell wie möglich zu äußern – "mit dem Herzen und mit Emotion", sagte Benjamin Cauchy, der am Freitag an einem Treffen mit Premier Philippe teilgenommen hatte. Macron sei es, "der den Schlüssel für dieses Schloss in der Hand hat", sagte ein anderer Teilnehmer.
Frankreichs Präsident hatte sich zuletzt Ende November mit einer Rede an die Nation gewandt und betont, er werde sich nicht durch "Schläger" zu einem Politikwechsel drängen lassen.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP