Pendeldiplomatie Indien will zu Frieden für die Ukraine beitragen
Die Ukraine braucht Indien und ist zugleich misstrauisch wegen dessen Freundschaft zu Russland. Nun lässt der indische Premier Modi einer umstrittenen Umarmung in Moskau eine weitere in Kiew folgen.
Bei seinem ersten Besuch in der von Russland angegriffenen Ukraine hat Indiens Ministerpräsident Narendra Modi seine Hilfe angeboten, um den Krieg zu beenden. Konkrete Vorschläge machte er aber nicht. Trotzdem bedeutete der Besuch eine Annäherung, nachdem die Ukraine wegen des engen indischen Verhältnisses zu Russland misstrauisch war. Kiew hofft aber auf Unterstützung Indiens, weil es weltpolitisch eine wichtige Stimme ist.
Um ein herzliches Verhältnis zu betonen, nahm Modi den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mehrmals fest in den Arm. Wenige Wochen zuvor waren Modis symbolträchtige Umarmungen mit Kremlchef Wladimir Putin bei seinem Moskau-Besuch in der Ukraine wie im Westen auf Kritik gestoßen.
"Wir meinen es gut mit der Ukraine"
"Präsident Selenskyj weiß, dass wir es gut mit der Ukraine meinen", bekräftigte der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar. "Wir glauben, dass dieser Konflikt enden muss." Man erwarte, dass beide Seiten an einer Lösung arbeiten. In einer gemeinsamen Erklärung erinnerten Selenskyj und Modi an den Friedensgipfel in der Schweiz im Juni. Russland hatte daran nicht teilgenommen, Indien die Abschlusserklärung nicht unterzeichnet.
Selenskyj nannte das damalige Kommuniqué eine Grundlage für einen gerechten Frieden. Modi verwies auf die Bedeutung einer gesicherten Getreideversorgung aus der Ukraine. Er rief alle Seiten dazu auf, rasch zu einer Wiederherstellung des Friedens beizutragen. Beide betonten die Bedeutung der UN-Charta, die allen Staaten die Unverletzlichkeit ihrer Grenzen zusichert.
Modi gedenkt der toten ukrainischen Kinder
Indien als bevölkerungsreichstes Land der Welt hat den von Putin befohlenen Krieg gegen die Ukraine nie verurteilt und nur Anfang 2022 Atomdrohungen aus Moskau kritisiert. Modi sagt immer wieder, sein Land stehe auf der Seite des Friedens.
Der 73-Jährige besuchte in Kiew nicht das Michaels-Kloster oder andere Stätten, an denen getöteter ukrainischer Soldaten gedacht wird. Stattdessen fand das erste Treffen mit Selenskyj an einem Erinnerungsort für die toten Kinder der Ukraine statt. Der Inder legte in der früheren Kapelle eine Puppe nieder. "Konflikte sind für Kinder besonders zerstörerisch", schrieb Modi im sozialen Netzwerk X. Er denke auch an die Familien der toten Kinder und wünsche ihnen Kraft in ihrer Trauer.
Indien trägt westliche Sanktionen gegen Moskau nicht mit und wirbt regelmäßig für eine Konfliktlösung durch Dialog. "Indien glaubt fest daran, dass Frieden immer die Oberhand behält", kommentierte Modi auf der Plattform X seinen Besuch. In Kiew besuchte er das Denkmal für Mahatma Gandhi (1869-1948), den großen indischen Verfechter von Gewaltlosigkeit und zivilem Widerstand.
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Indiens balanciert zwischen Russland und dem Westen
Der Subkontinent pflegt gute Beziehungen zum Westen und zu Moskau. Indien ist gerade bei Rüstungsgütern abhängig von Russland, auch wenn es versucht, diese Abhängigkeit zu verringern. Während des Kriegs ist das Land zudem zu einem der größten Käufer von billigem russischem Öl geworden. Zugleich ist die indische Politik darauf angelegt, China und das russisch-chinesische Bündnis nicht zu mächtig werden zu lassen. Denn mit China hat Indien äußerst angespannte Beziehungen.
Modi hatte Moskau im Juli besucht - zum ersten Mal seit Beginn des Angriffskriegs. Die Reise erfolgte kurz nach seiner Wiederwahl zum Regierungschef, was russische Medien als Zeichen der Wertschätzung für die Beziehungen zu Russland interpretierten.
Selenskyj kritisierte damals die demonstrative Nähe Modis zu Putin. Indien wies dies zurück. Außenminister Jaishankar sagte in Kiew: "Es gibt einen kulturellen Unterschied, den Menschen im Westen möglicherweise nicht verstehen." Heute habe Premier Modi auch Selenskyj umarmt. "In unserem Teil der Welt neigt man dazu, sich zu umarmen, wenn Menschen Menschen begegnen."
- Nachrichtenagentur dpa