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Rakete schlägt in Krankenhaus in Gaza ein: Brisante Aufnahmen der Hamas


"Es ist von uns? Sieht so aus"
Brisante Aufnahmen wecken Zweifel nach Klinik-Explosion


Aktualisiert am 19.10.2023Lesedauer: 7 Min.
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Einschlag in Krankenhaus: Diese Bilder des israelischen Militärs sollen Ursache belegen. (Quelle: t-online)

Ein Raketeneinschlag in Gaza-Stadt soll Hunderte Menschen getötet haben. Die Berichte sind jedoch nicht eindeutig. Was wir wissen – und was nicht.

Der Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas fordert täglich Todesopfer – am Dienstag sollen es gleich mehrere Hundert gewesen sein. Denn eine Rakete schlug in oder vor einem Krankenhaus in Gaza-Stadt ein. Wer ist dafür verantwortlich und welche Folgen hat das verheerende Ereignis? t-online gibt den Überblick.

Was ist passiert?

Am Dienstagabend hat eine Rakete das Al-Ahli-Arab-Krankenhaus in Gaza-Stadt getroffen. Der Angriff soll Hunderte Menschen das Leben gekostet haben – wie viele genau, ist noch unklar. Die Terrororganisation Hamas, die die Gesundheitseinrichtung leitet, sprach von mindestens 500 Verletzten und Todesopfern, darunter auch Kinder. Der Chef des Zivilschutzes sagte dem Sender Al-Jazeera, es habe mehr als 300 Tote gegeben.

Das Gesundheitsministerium, das der Hamas untersteht, teilte mit, in der Klinik seien Hunderte Patienten und Flüchtlinge untergebracht gewesen. Bei der Bombardierung seien vor allem Menschen aus dem Norden der Küstenenklave getötet worden, die wegen der israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen Schutz gesucht hatten. Unter den Trümmern würden noch weitere Opfer erwartet. Bilder des Senders Al-Jazeera zeigten Sanitäter und Zivilisten, die Leichen in weißen Taschen oder Decken bergen.

"Eine Art Treffer auf dem Parkplatz"

Die israelische Armee zweifelt die Zahl der Todesopfer hingegen an. Es habe keinen direkten Treffer auf die Einrichtung gegeben, sagte ein Sprecher. Aufnahmen von Militärdrohnen zeigten "eine Art Treffer auf dem Parkplatz".

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnte vor einem Kollaps des Gesundheitssystems in dem von Israel abgeriegelten Küstenstreifen. "Die Lage ist äußerst prekär", sagte Präsidentin Mirjana Spoljaric Egger am Mittwoch im Deutschlandfunk. Die Krankenhäuser seien überfüllt. Es fehle an Ärzten, Material, Betten und Operationssälen. "Es ist eine Frage von Stunden oder Tagen, bis das ganze System zusammenbricht."

Das Krankenhaus wird von der anglikanischen Diözese Jerusalem getragen und ist das einzige christliche Krankenhaus im Gazastreifen. Die Ereignisse lösten spontane Proteste in mehreren muslimisch geprägten Ländern aus, so etwa in Jordanien, in der Türkei und im Iran. Aber auch in Deutschland gingen Menschen auf die Straße und randalierten, wie Sie hier nachlesen können.

Nur wenige Stunden vor dem Raketeneinschlag hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Tel Aviv getroffen.

Krieg im Nahen Osten

Die Hamas hatte am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel gestartet, dort Massaker unter Zivilisten verübt und mindestens 199 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Bei dem Angriff wurden in Israel nach Angaben der dortigen Dienste mehr als 1.400 Menschen getötet. Bei den israelischen Gegenangriffen auf den Gazastreifen wurden nach bisherigen Angaben der dortigen Behörden etwa 3.200 Menschen getötet. Eine Bodenoffensive gegen die Hamas ist möglich. Das Militär hatte die Bevölkerung im nördlichen Gazastreifen wiederholt aufgefordert, das Gebiet Richtung Süden zu verlassen. Nach UN-Angaben sind bisher rund eine Million Menschen in den Süden geflohen, die israelische Armee spricht von rund 600.000 Menschen.

Wer ist für den Raketeneinschlag verantwortlich?

Das ist noch nicht klar. Die unterschiedlichen Berichte sind nur schwer zu überprüfen.

Die palästinensischen Behörden beschuldigen die israelische Armee, das Krankenhaus gezielt mit einer Rakete angegriffen zu haben. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprach am Abend von einem "entsetzlichen Verbrechen, einem Völkermord". Dafür trügen auch die Länder Verantwortung, die Israel unterstützen.

Israel wies die Verantwortung für den Einschlag der Rakete strikt zurück. Dem israelischen Militär zufolge soll die palästinensische Terrorgruppe Islamischer Dschihad für den Angriff verantwortlich sein. "Die ganze Welt sollte es wissen: Es waren barbarische Terroristen in Gaza, die das Krankenhaus in Gaza angegriffen haben", sagte Ministerpräsident Netanjahu. "Diejenigen, die unsere Kinder brutal ermordet haben, ermorden auch ihre eigenen Kinder."

Der Islamische Dschihad ist eine ebenfalls im Gazastreifen ansässige palästinensische Terroristengruppe, die an der Seite der radikalislamischen Hamas gegen Israel kämpft.

Am Mittwochmorgen teilte das israelische Militär erste Ergebnisse seiner Untersuchungen mit. Eine Analyse, unter anderem von der Flugbahn einer mutmaßlichen Rakete des Islamischen Dschihad, habe ergeben, dass "Terroristen in Gaza zuvor eine Ladung Raketen abgefeuert" hätten, die zum Zeitpunkt des Einschlags um 18.59 Uhr in unmittelbarer Nähe des betroffenen Krankenhauses vorbeigezogen seien.

Zugleich veröffentlichte das israelische Militär Aufnahmen, die die These der fehlgeleiteten palästinensischen Rakete stützen sollen. In einem Videozusammenschnitt sind Luftaufnahmen der Al-Ahli-Klinik und eines Parkplatzes zu sehen, auf dem ein Brand ausgebrochen war. Verglichen werden Luftaufnahmen vor und nach dem tödlichen Vorfall. Es sei kein typischer Krater zu sehen, wie er sonst bei israelischen Luftangriffen entstehe, so das Militär. Die Aufnahmen sehen Sie im Video oben oder hier.

"Krankenhaus selbst nicht direkt getroffen"

"Die Analyse unserer Luftaufnahmen bestätigt, dass das Krankenhaus selbst nicht direkt getroffen wurde. Die einzige beschädigte Stelle befindet sich außerhalb des Krankenhauses auf dem Parkplatz, wo wir Brandspuren, keine Kraterbildung und keine strukturellen Schäden an umliegenden Gebäuden erkennen können", hieß es weiter zur Begründung. Das Ausmaß des Schadens sei auf den Sprengkopf der Rakete des Islamischen Dschihad zurückzuführen. Der größte Teil des Raketenantriebs sei aufgrund des kurzen Flugs der Rakete – wegen des fehlgeschlagenen Starts – immer noch sichtbar.

In der Mitteilung erhob das israelische Militär weitere schwere Vorwürfe: "Unseren Geheimdienstinformationen zufolge überprüfte die Hamas die Berichte, erkannte, dass es sich um eine Fehlzündung einer Rakete des Islamischen Dschihad handelte und beschloss, eine weltweite Medienkampagne zu starten, um zu verbergen, was wirklich passiert ist. Sie ging sogar so weit, die Zahl der Opfer in die Höhe zu treiben. (...) Es ist unmöglich, so schnell zu wissen, was passiert ist, wie die Hamas behauptete, es zu wissen. Das dürfte für viele ein erstes Warnsignal gewesen sein."

Brisanter Audiomitschnitt

Auch dafür führte das Militär mutmaßliche Beweise an. Der Geheimdienst veröffentlichte einen Audiomitschnitt, der ein Gespräch zwischen zwei Hamas-Terroristen wiedergeben soll. Darin heißt es unter anderem:

Gesprächspartner 1: "Ich sage dir, das ist das erste Mal, dass wir eine Rakete auf diese Art fallen sehen."

(...)

Gesprächspartner 2: "Sie sagen, es gehört zum Islamischen Dschihad."

Gesprächspartner 1: "Es ist von uns?" [Die Hamas und der Islamische Dschihad kämpfen gemeinsam gegen Israel, Anm. d. Red]

Gesprächspartner 2: "Sieht so aus!"

Gesprächspartner 1: "Wer sagt das?"

Gesprächspartner 2: "Sie sagen, dass die Schrapnell [Artilleriegranate, Anm. d. Red.] eine lokale sei und keine israelische."

(...)

Gesprächspartner 2: "Aber hätte sie [die Rakete, Anm. d. Red] nicht einen anderen Ort zum Explodieren finden können?"

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Gesprächspartner 1: "Ja, sie schossen sie [die Rakete, Anm. d. Red] vom Friedhof hinter dem Krankenhaus ab. (...) Sie schlug fehl und fiel runter."

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Die Echtheit der Aufnahmen ließ sich nicht unabhängig verifizieren. Sollte das Gespräch jedoch so stattgefunden haben, könnte der Raketeneinschlag auf die Terroristen des Islamischen Dschihad zurückzuführen zu sein.

Auch der dänische Datenspezialist Oliver Alexander ist der Meinung, es handle sich um eine fehlgeleitete Rakete. Auf X schrieb er zu den Aufnahmen: "Die Explosion im Krankenhaus ereignet sich weniger als 20 Sekunden nachdem eine große Raketensalve auf Israel abgefeuert wurde, deren Flugbahn über das Krankenhaus führte."

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Weiter erklärte Alexander: "Nach den derzeit vorliegenden Informationen scheint dies das plausibelste Szenario zu sein. Ideal wäre es, wenn wir Bilder der Trümmer vor Ort sehen könnten, um den Verursacher zu bestätigen, aber angesichts der Situation wird das unmöglich sein."

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Welche Folgen hat der Raketeneinschlag?

Der Raketeneinschlag gefährdet die Bemühungen, einen Flächenbrand im Nahen Osten zu verhindern. Hamas-Chef Ismail Haniyya warf den USA vor, hinter der Tat zu stehen und Israel zu decken. Der Angriff sei ein neuer "Wendepunkt in dem Konflikt" (lesen Sie hier mehr zu dem Hamas-Chef).

Jordanien sagte nach dem Vorfall ein für Mittwoch geplantes Treffen zwischen König Abdullah II. und US-Präsident Joe Biden ab. Das Treffen, an dem auch Palästinenserpräsident Abbas und Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi teilnehmen sollte, werde erst stattfinden, wenn es eine Einigung gebe, den Krieg zu beenden und "diese Massaker" zu stoppen, sagte Außenminister Aiman al-Safadi dem jordanischen TV-Sender Al-Mamlaka.

Abbas sei nun aber nach Ramallah zu seinem Regierungssitz im besetzten Westjordanland zurückgekehrt. Er rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Palästinensische Flaggen sollten auf halbmast gesetzt werden, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa am Dienstag.

Der Weltsicherheitsrat soll sich am heutigen Mittwoch mit dem Raketeneinschlag beschäftigen. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Russland beantragten am Dienstag eine Dringlichkeitssitzung des mächtigsten UN-Gremiums für Mittwochvormittag New Yorker Zeit, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen erfuhr.

Wie sind die Reaktionen?

Zahlreiche Länder verurteilten den Raketeneinschlag aufs Schärfste. Das Auswärtige Amt zeigte sich "zutiefst erschüttert" über die Berichte. "Zivile Ziele, insbesondere ein voll funktionsfähiges Krankenhaus mit Patienten und medizinischem Personal, dürfen unter keinen Umständen angegriffen werden. Zivilisten müssen in Konflikten geschützt werden", hieß es in einem Beitrag auf der Plattform X (vormals Twitter). Bundeskanzler Scholz ergänzte in einem Posting: "Unschuldige wurden verletzt und getötet. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer".

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, forderte eine lückenlose Aufklärung. "Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden", sagte er am Mittwochabend in Genf. Er rief die Staaten mit Einfluss in der Region auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die furchtbaren Ereignisse dort zu einem Ende zu bringen. Er habe keine Worte für die Tragödie.

"Dies ist völlig inakzeptabel"

"Dies ist völlig inakzeptabel. (...) Krankenhäuser sind unantastbar, und sie müssen um jeden Preis geschützt werden", so Türk. Auch Zivilisten müssten jederzeit vor Kriegshandlungen sicher sein und sie müssten dringend mit humanitärer Hilfe versorgt werden. "Wir kennen den vollen Umfang des Blutbads noch nicht, aber klar ist, dass die Gewalt und das Morden sofort aufhören müssen."

US-Präsident Joe Biden, der am Mittwoch zu einem Solidaritätsbesuch in Israel eingetroffen war, zeigte sich ebenfalls "empört" und "betrübt" angesichts der "Explosion" in dem Krankenhaus und dem Verlust an Menschenleben. Direkt nach dem Bekanntwerden der Nachricht habe er sein nationales Sicherheitsteam angewiesen, Informationen über die Vorfälle zu sammeln. Bei einem späteren Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu sagte Biden mit Blick auf die Hamas: "Es scheint so, als wäre die Explosion vom anderen Team verursacht worden, nicht von euch [Israel, Anm. d. Red.]."

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EU-Ratspräsident Charles Michel mahnte: "Ein Angriff auf zivile Infrastruktur ist nicht im Einklang mit internationalem Recht." Gleichzeitig bekräftigte er die Solidarität der 27 EU-Länder mit Israel.

"Abscheuliches Verbrechen"

Mehrere Länder machten hingegen Israel für den Raketeneinschlag verantwortlich, darunter Saudi-Arabien und die Türkei. Das saudische Außenministerium sprach von einem "abscheulichen Verbrechen". Man verurteile die "anhaltenden Angriffe der israelischen Besatzung" auf Zivilisten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan schrieb auf X, der Beschuss eines Krankenhauses, in dem Frauen, Kinder und unschuldige Zivilisten untergebracht seien, sei das jüngste Beispiel für israelische Angriffe, die frei seien von den grundlegendsten menschlichen Werten. Er rief die gesamte Menschheit dazu auf, diese in "in der Geschichte beispiellose Brutalität" zu stoppen.

Die Extremisten der libanesischen Hisbollah-Miliz kündigten für Mittwoch einen "Tag des beispiellosen Zorns" gegen Israel und den Besuch von US-Präsident Biden in dem Land an. Die USA trügen die direkte und vollständige Verantwortung "für dieses Massaker", hieß es in der Erklärung.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
  • ajazeera.com: "Photos: An Israeli air raid on al-Ahli Arab Hospital kills an estimated 500" (englisch)
  • idfanc.activetrail.biz: "Briefing by IDF Spokesperson, Rear Admiral Daniel Hagari" (englisch)
  • twitter.com: Beiträge von @OAlexanderDK, @IDF, @i24NEWS_EN
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