Präsidentenwahl in der Türkei Dieser Mann will Erdoğan stürzen
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan muss um seine Wiederwahl fürchten. Dieser Mann dürfte zu seiner größten Gefahr werden.
Der türkische Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu wird bei Präsidentenwahl gegen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan antreten, die für Mitte Mai angesetzt ist. Der 74-Jährige wurde am Montag in der Hauptstadt Ankara von einem Bündnis aus sechs Parteien zum gemeinsamen Kandidaten ernannt. Hier lesen Sie mehr dazu.
Wer ist der Politiker, der den amtierenden Präsidenten herausfordern will? Die wichtigsten Informationen zu Erdogans Rivalen:
Kılıçdaroğlu gehört religiöser Minderheit an
Der 74-Jährige stammt aus der ostanatolischen Provinz Tunceli (kurdisch: Dersim) und gehört der religiösen Minderheit der Aleviten an. Der Oppositionsführer ist Befürworter einer türkischen EU-Mitgliedschaft und Verfechter eines nationalistischen Kurses beim Thema Flüchtlinge.
In einem Interview mit dem Magazin "Stern" gab er sich als Kämpfer für Demokratie, Menschenrechte, den Sozialstaat und die Unabhängigkeit der Justiz. So wolle er etwa alle Demokratisierungsvorgaben der EU vorantreiben und das Präsidialsystem wieder zu einem Parlamentssystem zurückbauen.
Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa plädierte er dafür, dass Politik von "Vernunft" geleitete werden müsse. Kılıçdaroğlu gilt zwar als schwacher Wahlkämpfer, aber als guter Vermittler mit diplomatischem Geschick und Kompromissbereitschaft.
"Erdoğan hat die Leute vergessen, zu denen er einst gehörte"
Kritiker werfen ihm zudem fehlendes Charisma vor. Der Oppositionsführer hält dagegen, die Türken hätten genug von Erdoğan und dessen Führungsstil. "Erdoğan hat die Leute vergessen, zu denen er einst gehörte", so Kılıçdaroğlu.
An den wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland wolle er allerdings festhalten. "Wir importieren viel Gas aus Russland und genau wie Deutschland können wir das nicht einfach aufgeben", sagte Kılıçdaroğlu dem "Stern".
Inflation, Erdbeben und Kopftuch als Wahlkampfthemen
Auch mit aktuellen Themen dürfte er im Wahlkampf gegen Erdoğan wettern. So soll er Berichten zufolge planen, den wirtschaftlichen Niedergang in der Türkei und das Ausmaß der Erdbebenkatastrophe als direkte Folgen von Erdoğans Führung darzustellen.
Auch die Kopftuch-Debatte dürfte im Wahlkampf Beachtung finden. Hierzu hatte Kılıçdaroğlu kürzlich ein Gesetz vorgeschlagen, das das Rechts auf das Kopftuchtragen gesetzlich sichern soll. Berichten zufolge wolle er mit diesem Vorstoß Wählerinnen und Wählern die Bedenken nehmen, dass seine Partei im Falle eines Sieges wieder ein Kopftuchverbot einführen könnte. "Wir haben in der Vergangenheit Fehler hinsichtlich des Kopftuchs gemacht", sagte er im Herbst. Hier lesen Sie, was es damit auf sich hat.
Kılıçdaroğlu könnte Stimmen aus dem kurdischen Lager erhalten. So wird erwartet, dass die HDP keinen eigenen Kandidaten aufstellt. Der 74-Jährige steht seit fast 13 Jahren an der Spitze der Opposition – unter seiner Führung konnte seine Partei zwar noch keine Wahl gegen Erdoğan gewinnen. Umfragen zufolge muss der amtierende Präsident dieses Mal jedoch um seine Wiederwahl fürchten. Warum, lesen Sie hier.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP
- stern.de: "Kemal Kılıçdaroğlu will Erdoğan stürzen: ‚Natürlich will ich Präsident werden‘"
- spiegel.de: "Dieser Mann will Erdoğan schlagen. Hat er eine Chance?"