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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Heizungsgesetz kippt Kommt stattdessen das Öko-Heizsystem?

Der Entwurf des Koalitionsvertrags sieht die Abschaffung des Heizungsgesetzes vor. Bedeutet das etwa, dass Gasheizungen auch in Zukunft erlaubt sein werden?
Im Entwurf des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD steht unmissverständlich: "Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen." Verbände haben diese Formulierung für das sogenannte Heizungsgesetz bereits kritisiert und hinterfragt. Denn was die Parteien damit meinen und bei Abschaffung des Heizungsgesetzes wirklich planen und was der nachfolgende Satz "Das neue GEG machen wir technologieoffener, flexibler und einfacher", bedeutet, bleibt offen. Doch genau das wollen Verbraucher, die bis dato mit dem Heizungstausch gewartet haben, wissen. Auf welches Heizsystem sollen sie setzen? Wer zwischen den Zeilen liest, findet mögliche Antworten.
Verbraucher über steigende Brennstoffpreise erziehen
Ein weiterer Hinweis, in welche Richtung CDU-Chef Friedrich Merz künftig steuern will, wird in seinem Interview mit RTL deutlich. "Wir wollen zurückkehren zu den alten Grundsätzen des früheren Gebäudeenergiegesetzes", sagt er. Damit bezieht er sich vor allem auf die Neuerungen, die unter dem Begriff "Heizungsgesetz" bekannt wurden.
Doch das bedeutet nicht, dass künftig Gasheizungen und Ölheizungen erlaubt sein werden. Denn im weiteren Verlauf erklärt Merz: "Diejenigen, die etwas ersetzen müssen, sollen das dann auch umweltfreundlich tun". Dementsprechend fallen fossile Brennstoffe aus den möglichen künftigen Heizoptionen heraus. Verstärkt wird diese Aussage, indem der Politiker im Interview durchblicken lässt, dass er fossile Brennstoffe wie Heizöl und Erdgas nicht verbiete. Stattdessen sollen die Verbraucher über steigende Brennstoffpreise "erzogen" werden. Ganz nach dem Motto: Wird heizen mit Öl und Gas zu teuer, müssen Verbraucher eine umweltfreundliche und somit auch günstigere Heizmethode wählen.
Und auf welches Heizsystem setzt die künftige Bundesregierung? Etwa genau wie die vorherige: auf Wärmepumpen?
Die Heizsysteme der Zukunft?
In der Tat. Zum einen, weil Wärmepumpen weiterhin als umweltfreundlichere Alternative zu Gas und Öl zählen. Zum anderen, weil im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, verstärkt auf Strom – und folglich auch das Heizen mit Strom – zu setzen. Deutlich wird das in mehreren Passagen. So wird hervorgehoben, dass der Strompreis deutlich sinken werde, indem etwa die Steuer reduziert und die Netzentgelte gedeckelt werden. Ebenso betonen die Vertragsparteien, dass "alle Potenziale der erneuerbaren Energien" genutzt werden sollen. "Dazu gehören Sonnen- und Windenergie sowie Bioenergie".
Die Betonung des Ökostroms kommt nicht von ungefähr. Damit möchte die Regierung das übergeordnete Ziel der Klimaneutralität erreichen. Allerdings hat dieser Fokus auch einen Vorteil für die Verbraucher, die mit Wärmepumpe heizen: Nutzen sie für den Betrieb des Heizsystems ausschließlich Ökostrom, fallen hierfür keine CO2-Steuern an. Das macht Strom aus erneuerbarer Energie nicht nur ökologischer, sondern auf lange Sicht auch deutlich günstiger.
Doch was ist mit dem Erdgas? Auch wenn die Regierung Verbraucher dazu bewegen möchte, von fossilen Brennstoffen Abstand zu nehmen, bedeutet das nicht das Aus fürs Erdgasnetz. Schließlich heißt es im Entwurf auch, die Gasnetze müssen erhalten bleiben, da sie für eine sichere Wärmeversorgung notwendig seien. Aber auch abseits der Wärmeversorgung gibt es einen – vielleicht noch wichtigeren – Grund, das Gasnetz nicht sofort abzuschaffen: Denn der größte Abnehmer von Erdgas ist die Industrie (61 Prozent). Haushalte und Gewerbe machen hingegen 39 Prozent aus. Für die für Deutschland wichtige Industrie muss dementsprechend erst noch ein adäquater Ersatz gefunden werden.
- Lesen Sie dazu auch: Abschaffung der Gasumlage: Wird Erdgas wieder günstiger?
Als Ersatz kommt "Erdgas" ins Spiel. Dabei handelt es sich laut einem Bericht des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) um Bio-Erdgas (auch Bio-Methan genannt) und Gas aus Biomasse" oder auch sogenannte grüne Gase.
So kommen neben Wärmepumpen auch Biogas- oder Biomethan-Heizungen in Frage. Die Entscheidung hängt jedoch von der kommunalen Wärmeplanung ab. Nur wenn diese auf Grüne Gase setzt, kann dieses Heizsystem mit dem entsprechenden Brennstoff beliefert werden. Auch die Wärmerückgewinnung soll künftig wichtiger werden.
Bei der Wärmerückgewinnung in einem Haus wird die nicht mehr benötigte, erwärmte Raumlauf zum Heizen genutzt. Diese thermische Energierückgewinnung kann entweder über bestimmte Wärmepumpenarten oder die Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung erfolgen.
Gibt es Alternativen zu Wärmepumpen?
Für Mieter und diejenigen, die kein eigenes Heizsystem haben oder haben möchten, stellt sich nun allerdings die Frage: Worauf soll ich setzen? Wenn es nach der künftigen Regierung geht: auf Fernwärme. So wird mehrfach im Entwurf betont, den Bau von Nah- und Fernwärmenetzen zu unterstützen, diese auszubauen und den Zugang hierzu zu erleichtern. Zudem wird ausgeführt, dass die "Potenziale der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) konsequent und langfristig genutzt werden" müssen. "Dafür wird das KWKG noch 2025 an die Herausforderungen einer klimaneutralen Wärmeversorgung, an Flexibilitäten sowie hinsichtlich eines Kapazitätsmechanismus angepasst."
Hinzu kommt, dass die Kommunen bereits seit mehreren Jahren an ihrer Wärmeplanung arbeiten. Denn diese ist nicht erst seit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes – auch Heizungsgesetz genannt – verpflichtend. In einigen Bundesländern wäre sie schon vorher vorgeschrieben. Diese sind demnach auch schon bei der Umsetzung und haben entsprechend Gelder investiert – etwa, indem sie das Fernwärmenetz aus- und das Gasnetz zurückbauen.
Allerdings ist die Fernwärmeversorgung vielen Verbraucherschützern ein Dorn im Auge. Denn bei Fernwärme besteht ein Monopol. Verbraucher können – anders als bei Strom und Gas – nicht wählen, von welchem Anbieter sie beliefert werden möchten. Die Verbraucher sind den Preiserhöhungen ihres Versorgers ausgeliefert, mahnen die Experten.
Übrigens,...
... bei der Nah- und Fernwärme setzt die künftige Regierung nicht nur auf KWK, auch Geothermie steht bei der künftigen Wärmeversorgung im Fokus.
Im Großen und Ganzen sollten Verbraucher sich durch das aktuelle Hin und Her nicht verunsichern lassen. Stattdessen ist Geduld gefragt. Erst wenn die Parteien Vorgaben und Maßnahmen konkretisiert haben, können Verbraucher entsprechende Überlegungen anstellen und Pläne machen.
- mdr.de: "Koalition will Heizungsgesetz abschaffen – Union mit Merz vorne"
- umweltbundesamt.de: "Kurzgutachten: Kommunale Wärmeplanung"
- statista.com: "Monatlicher Erdgasverbrauch in Deutschland"
- statista.com: "Anteil von Erdgas an der Stromerzeugung in Deutschland"
- bundesnetzagentur.de: "Gasverbrauch 2024 im Rückblick"
- bdew.de "Zu den Legislativvorschlägen der Europäischen Kommission zur Anpassung der Gasbinnenmarkt-Richtlinie und -Verordnung vom 15.12.2021"