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Coronavirus-Ausbreitung in Deutschland: "Krankenhäuser sind gut vorbereitet"


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Ausbreitung von Covid-19
"Deutschlands Krankenhäuser sind auf das Coronavirus gut vorbereitet"

InterviewVon Nicole Sagener

Aktualisiert am 04.03.2020Lesedauer: 3 Min.
Eine Mitarbeiterin eines Krankenhauses im chinesischen Wuhan: Inzwischen hat der Coronavirus auch Mitteleuropa erreicht.Vergrößern des Bildes
Eine Mitarbeiterin eines Krankenhauses im chinesischen Wuhan: Inzwischen hat der Coronavirus auch Mitteleuropa erreicht. (Quelle: imago-images-bilder)
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Mit den ersten Coronavirus-Fällen in Baden-Württemberg und NRW wächst die Sorge vor einem unkontrollierten Ausbruch in Deutschland. Wie gut das deutsche Gesundheitssystem darauf vorbereitet ist, erklärt der Infektiologe Stefan Moritz im Interview mit t-online.de.

Das Coronavirus SARS-CoV-2 hat Europa erreicht, am Dienstagabend meldete auch Baden-Württemberg eine erste Infektion. Sind Deutschlands Ärzte und Kliniken ausreichend gegen einen unkontrollierte Ausbreitung des Virus gewappnet? Der Infektiologe Dr. Stefan Moritz erklärt im Gespräch mit t-online.de, warum Panik unangebracht ist und welche Schutzmaßnahmen sinnvoll sind.

Aktuelle Entwicklung: Coronavirus im Newsblog

Eine "mögliche Pandemie": Davon spricht angesichts der rasanten Ausbreitung des neuartigen Coronavirus inzwischen die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Würden Sie den Begriff auch schon nutzen?

Das ist schwierig. Pandemien sind weltweite Epidemien, die sich über weite Regionen erstrecken und in der Regel viele Personen betreffen. Ich würde sagen, die Gefahr einer Pandemie ist zum jetzigen Zeitpunkt auf jeden Fall durchaus reell.

Kliniken leiden unter Personalmangel, Betten auf den Intensivstationen sind belegt, Wartezeiten für Behandlungen zum Teil lang. Wäre unser Gesundheitssystem denn auf eine schnelle Verbreitung des neuartigen Coronavirus vorbereitet?

Ich wäre da nicht zu pessimistisch. Schließlich haben wir eines der besten und teuersten Gesundheitssysteme der Welt. Wenn wir nicht gut vorbereitet sind, stellt sich die Frage: wer dann?

Nehmen wir an, auch in Deutschland wächst demnächst die Zahl der Infizierten plötzlich rasant an. Wie ließen sich die Krankenhäuser auf die Schnelle besser auf eine große Anzahl von Patienten vorbereiten?

In den Kliniken haben wir nicht nur Notfälle, sondern auch Patienten mit geplanten, aber nicht dringenden Behandlungen. Diese Eingriffe ließen sich ohne ein Risiko für die Betroffenen mehrere Wochen verschieben und damit Kapazitäten für akute Fälle schaffen.

Isolierstationen lassen sich auch jederzeit recht einfach in einem Krankenhaus schaffen: Man würde alle Patienten mit dem Coronavirus zusammenlegen und eine Schleuse schaffen. Natürlich muss man die Infizierten von anderen Patienten sicher abschirmen, um Letztere nicht zu gefährden. Aber wir haben da eine gewisse Erfahrung, denn bei einer Influenza-Welle reagieren wir ähnlich.

Ist das neue Virus nicht gefährlicher als die Grippe? Laut aktuellen Zahlen liegt die Sterblichkeit beim neuartigen Coronavirus zwischen 0,5 und 1,5 Prozent, bei der Grippe bei etwa 0,1 Prozent.

Aus China gibt es ja Zahlen, ein wie großer Anteil der Infektionen mit dem Coronavirus schwer verläuft und wie hoch die Sterblichkeitsrate ist. Vermutlich sind gerade die leichten Fälle aber deutlich unterschätzt, da diese oft nicht getestet wurden. Dadurch könnten sich die Zahlen zur Sterblichkeit deutlich nach unten korrigieren. Gefährlich ist, dass wir über das Virus immer noch zu wenig wissen. Es ist zudem fraglich, wie verlässlich die Zahlen aus China sind.

Sollten alle Menschen mit schweren Atemwegsinfektionen grundsätzlich auf das neue Virus getestet werden?

(Quelle: Zentrale Fotostelle Universitätsklinikum Halle)

Dr. med. Stefan Moritz
leitet die Klinische Infektiologie am Universitätsklinikum Halle.

Es sieht aktuell so aus, als wäre das Virus so übertragbar wie eine Erkältungskrankheit. Wie kann man sich vor einer Ansteckung schützen?

Für medizinisches Personal gelten im Kontakt mit Infizierten natürlich die üblichen Sicherheitsmaßnahmen, die auch das Tragen von Feinpartikelmasken beinhalten. Im Alltag sollten Menschen darauf achten, sich regelmäßig und gründlich die Hände zu waschen und sich möglichst nicht an Mund und Nase zu fassen. Insofern kann ein normaler Mundschutz durchaus sinnvoll sein: Er verhindert, dass wir uns an Mund und Nase fassen.

Ist jemand infiziert, reicht eine normale Atemschutzmaske aber nicht aus, um die Umgebung vor einer Ansteckung zu schützen. Solche Masken liegen nicht eng am Gesicht an, darum können etwa beim Niesen und Husten Erreger nach außen dringen. Ansonsten würde ich dazu raten, sich erst einmal zur Begrüßung nicht mehr die Hände zu geben oder sich mit Küsschen zu umarmen.

Wagen Sie eine Prognose, ob und wann die Ausbreitung des Virus gestoppt werden kann? Die SARS-Epidemie endete ja 2003 recht plötzlich und unerwartet.

Nein, eine solche Prognose würde ich nicht abgeben. Wir kennen den Erreger erst seit rund zwei Monaten und wissen noch gar nicht, ob etwa die wärmere Jahreszeit die Ausbreitung bremst. Dass das Virus plötzlich wieder verschwindet wie damals SARS, halte ich für unwahrscheinlich. Dass sich SARS plötzlich wieder in die Tierwelt zurückgezogen hat, war auch sehr überraschend. Ob das neue Virus SARS-CoV-2 künftig jedes Jahr in der kalten Jahreszeit wiederkehrt wie die Grippe, ob alle ehemals Infizierten danach immun sind – das alles ist zurzeit noch völlig unklar.

Ich gehe zudem davon aus, dass die Entwicklung eines Impfstoffs noch mindestens ein Jahr in Anspruch nehmen wird. Er muss ja zuerst entwickelt und erfolgreich am Menschen getestet werden, dann in die Großproduktion gehen und an alle Menschen verabreicht werden.

Vielen Dank für das Gespräch.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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