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Influenza 2018/2019: Kann sich die Spanische Grippe wiederholen?


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Influenza 2018/2019
Kann sich die Spanische Grippe wiederholen?


Aktualisiert am 23.12.2018Lesedauer: 5 Min.
Spanische Grippe 1918/19 - Walter Reed Hospital, Washington, D.C.Vergrößern des Bildes
Spanische Grippe 1918/1919: Krankenschwestern betreuen Grippekranke in ihren Betten in der Grippestation des Walter Reed Hospital in Washington, D.C., USA – undatierte Aufnahme 1918/1919. (Quelle: Ullstein Bild/histopics)
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Die vergangene Grippesaison war außergewöhnlich heftig. Es gab viele Todesfälle. Vor 100 Jahren wütete die Spanische Grippe. Sie weitete sich über den gesamten Globus aus. Bei der Pandemie starben bis zu 100 Millionen Menschen. Wie groß ist das Risiko, dass sich das wiederholt?

Die Spanische Grippe, die im Herbst 1918 begann und bis 1920 zur schlimmsten Grippe-Pandemie der Geschichte wurde, forderte deutlich mehr Todesopfer als der Erste Weltkrieg (1914 bis 1918). Es starben bis zu 50 Millionen, manchen Quellen zufolge sogar bis zu 100 Millionen Menschen. Damit war die Spanische Grippe verheerender als jede andere Krankheitswelle denn je. Erkrankt war rund ein Drittel der Weltbevölkerung. Geht man von 50 Millionen Opfern aus, starben etwa zweieinhalb Prozent der Infizierten an der Influenza.

Der Erste Weltkrieg war noch nicht ganz überstanden, da breitete sich die Spanische Grippe über den gesamten Erdball aus. Sie kam in drei Wellen: die erste im Frühling, die zweite im Herbst, die dritte im Winter. Die Bevölkerung war noch sehr geschwächt und litt in weiten Teilen der Welt an Unterernährung. Vor allem junge Menschen starben damals. Warum das so war, ist bis heute nicht geklärt. Die Grippe war so aggressiv, dass viele morgens krank aufwachten und am Abend bereits tot waren. Historikern zufolge starben viele an akutem Lungenversagen. Ärzte wussten damals nicht, mit welchem Erreger sie es zu tun hatten und waren machtlos.

Ihren Ursprung hatte die Grippe nicht in Spanien

Heute ist es unter Wissenschaftlern Konsens, dass das Influenzavirus von 1918 seinen Ursprung im Mittleren Westen der USA hatte. Die ersten Fälle wurden in einem Millitärlager in Kansas gemeldet. Von da aus soll sich die Grippe in den Vereinigten Staaten verbreitet haben und dann von amerikanischen Truppen zu den Schlachtfeldern Frankreichs geschleppt worden sein. Anschließend hat sie sich in Europa und dem Rest der Welt verbreitet. Es wird vermutet, dass sich die Bezeichnung Spanische Grippe deshalb ergeben hat, weil in dem Land zuerst öffentlich über den Ausbruch der Krankheit berichtet worden sein soll.

Wie groß ist die Gefahr einer erneuten Pandemie?

Einige Forscher warnen davor, dass sich eine solche Pandemie auch heute noch wiederholen kann. Einer Studie der Universität Melbourne zufolge, die im Fachblatt "Frontiers in Cellular and Infection Microbiology" veröffentlicht wurde, sind wir nicht ausreichend gewappnet, um erneute Epidemien oder gar eine Pandemie sicher zu vermeiden. Die Wissenschaftler haben mehrere Grippeepidemien analysiert: die sogenannte Asiatische Grippe von 1957, die "Hongkong-Grippe" 1968 und die Schweinegrippe 2009. Außerdem werteten sie große Datenmengen zur Spanischen Grippe aus.

Der Klimawandel könnte zur Verbreitung von Grippeviren führen

Demnach könne auch der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs und der Verbreitung erhöhen. Die Begründung: Grippeviren werden häufig zunächst von Vögeln verbreitet. Die Erwärmung des Globus kann dazu führen, dass sich die Flugrouten von Vögeln ändern. Somit könnten potenziell pandemische Viren in neue Orte getragen werden und möglicherweise eine größere Bandbreite an Vogelarten infizieren.

Ein weiterer Risikofaktor ist den Wissenschaftlern zufolge die wachsende Problematik um Antibiotika-Resistenzen. Wer beispielsweise an einer bakteriellen Infektion wie einer Lungenentzündung erkrankt und diese sich aufgrund schwer zu bekämpfender Erreger nicht mehr mit Antibiotika behandeln lässt, kann sich leichter mit dem Grippevirus infizieren. Denn sein Organismus ist bereits geschwächt. Die Wahrscheinlichkeit, an der Influenza zu sterben, ist damit ebenfalls erhöht – ein Teufelskreis. Wer schon alt und gebrechlich ist und/oder an Grunderkrankungen wie Diabetes oder Fettleibigkeit erkrankt ist, gehört demnach zur Risikogruppe. Bei der nächsten Grippeepidemie könnten demnach vermehrt Menschen an bakteriellen Folge-Infektionen sterben, so die Schlussfolgerung der Forscher.


Durch die Globalisierung wird die Welt immer stärker vernetzt, Viren verbreiten sich mit dem regen internationalen Flug- und Schiffsverkehr deutlich einfacher und schneller als noch vor 100 Jahren. Die Verdichtung der Weltbevölkerung, die inzwischen auf sieben Milliarden angewachsen ist, Megastädte mit mehr als 10 Millionen Einwohnern, die auf kleinem Raum zusammenleben – all das sind Faktoren, die es Erregern leichter machen, sich zu vermehren und fortwährend zu verändern. Zur Bekämpfung der Influenza fehle es zudem noch an einem Universal-Impfstoff gegen die vielen, sich ständig neu entwickelnden Varianten des Virus, geben die Wissenschaftler zu bedenken.

Einschätzung des Robert Koch-Instituts

Das Robert Koch-Institut (RKI) warnt allerdings ausdrücklich davor, die Spanische Grippe mit der uns bekannten Influenza in einen Topf zu werfen: "Die Spanische Grippe war eine von drei Pandemien des 20. Jahrhunderts und wurde durch ein völlig neuartiges Influenzavirus verursacht. Zudem war die Spanische Grippe, die bislang schwerste Pandemie, offenbar ein Ergebnis eines besonders aggressiven neuen Virus und der fehlenden Möglichkeiten, die Krankheit zu diagnostizieren, mit Hochleistungsmedizin zu behandeln oder Impfstoffe herstellen zu können", erklären die RKI-Experten t-online.de.

Die heutigen saisonalen Grippewellen werden der Behörde zufolge hingegen durch Grippeviren verursacht, die seit Jahrzehnten im Umlauf sind. Diese Viren würden sich nur langsam verändern und sind uns daher bekannt. Es handelt sich immer wieder um zwei Influenza-Subtypen und zwei Influenza-Linien, die auftreten. Jede Saison dominiert eine der vier Varianten.

Grippesaison 2018/2019

Die Grippesaison 2017/2018 verlief ungewöhnlich schwer. Zwischen Ende Dezember 2017 und Anfang April 2018 sind laut Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) nachweislich 333.567 Menschen an einer Grippe erkrankt. Zeitweise war die Karte der Institution, die die Verbreitung der Grippe in Deutschland anzeigt, flächendeckend tiefrot. Am heftigsten wütete die Influenza in der achten Kalenderwoche 2018 (siehe Grafik unten). Gestorben sind der AGI zufolge über 1.660 Menschen, 87 Prozent davon waren über 60 Jahre alt. Häufig gab es bereits Vorerkrankungen. Diese Zahl bildet allerdings nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Todesfälle ab. Die Zahl dürfte weit darüber liegen, denn nicht jeder Grippekranke geht zum Arzt. Außerdem schicken nur ausgewählte Praxen Erregerproben ins Labor.

Da bereits die Saison davor (2016/2017) laut RKI-Bericht 22.900 grippebedingte Todesfälle forderte, ist davon auszugehen, dass für die vergangene heftige Welle 2017/2018 mindestens diese Zahl erreicht wird. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu den Todesursachen im relevanten Zeitraum liegen allerdings noch nicht vor.

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Dauer der Grippewelle

In der Regel beginnt die jährliche Grippewelle im Januar und dauert dann bis März oder April. Meist startet die Influenza im Südwesten Europas und bahnt sich dann ihren Weg über Mittel- nach Osteuropa. Wie heftig die kommende Grippewelle ausfällt, lässt sich leider nicht vorhersagen. Der Verlauf der Grippe im Nachbarland kann jedoch einen Hinweis darauf geben, welche Variante auf Deutschland zukommt. Die Arbeitsgemeinschaft Influenza des Robert Koch-Instituts informiert wöchentlich zum Verlauf der Grippesaison im gesamten Bundesgebiet (siehe Link unten).

Schutzimpfung rettet Leben

Das größte Risiko für einen schweren Verlauf der Grippe, schlimmstenfalls mit Todesfolge, tragen ältere Menschen über 60 Jahre. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut empfiehlt ihnen sowie chronisch Kranken, Schwangeren und Menschen, die in medizinischen Berufen arbeiten, sich jährlich gegen Influenzaviren impfen zu lassen. "Mit keiner anderen Impfung lassen sich hierzulande mehr Leben retten", sagt RKI-Präsident Lothar H. Wieler. Die Schutzmöglichkeiten müssen besser genutzt werden, appelliert der Behördenchef an die Bevölkerung.

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Impfstoff wirkt nie hundert Prozent

Am besten ist es, die Immunisierung bereits im Oktober oder November durchzuführen. Der Körper benötigt zehn bis 14 Tage, bis sich der Schutz gegen Grippeviren aufgebaut hat. Einen hundertprozentigen Schutz gibt es jedoch nicht. Die Wirksamkeit des Impfschutzes lag in der vergangenen Saison etwa bei 46 Prozent. Das klingt nach wenig, war aber laut Robert Koch-Institut bereits ein recht hoher Wert. Geimpfte Personen tragen dennoch ein deutlich geringeres Risiko, sich anzustecken und sollte es doch passieren, verläuft die Grippe viel milder.

Jedes Jahr entwickeln Experten einen annähernd passenden Impfstoff für die aufkommende Grippewelle. Da nie klar ist, welche Virustypen vorherrschen werden, können die Wissenschaftler nur Wahrscheinlichkeiten ermitteln, welche Influenza auf uns zurollt. An dieser statistischen Vorhersage orientiert sich dann die Zusammensetzung des Imfpstoffes für die anstehende Saison.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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