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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Tumore rechtzeitig erkennen Diese Früherkennungsuntersuchungen sind ein Muss
Krebs im eigenen Körper zu haben, ist eine Horrorvorstellung. Die meisten hoffen, dass im Falle einer Erkrankung der Tumor so früh wie möglich entdeckt wird. Und so entscheiden sich viele Patienten zusätzlich auch für individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL, deren Kosten sie selbst übernehmen müssen. Doch macht das Sinn? Wir haben eine Expertin gefragt, auf welche Untersuchungen Patienten auf keinen Fall verzichten sollten.
"Wirklich empfehlenswert sind nur die Früherkennungsuntersuchungen, die von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden", sagt Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). "In Studien konnte nachgewiesen werden, dass diese die Heilungschancen der Patienten zum Teil deutlich verbessern. Anerkannt sind somit Früherkennungsmaßnahmen für die Krebsarten Darmkrebs, Brustkrebs, Gebärmutterhalskrebs sowie Hautkrebs."
Keine Früherkennung ohne Risiko einer Fehldiagnose
Doch bei diesen Untersuchungen müsse man sich bewusst sein, dass es auch unklare Befunde geben könne und für eine eindeutige Diagnose weitere Eingriffe notwendig seien, erklärt Weg-Remers. Zudem könnte auch die regelmäßige Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen nicht garantieren, dass der Krebs rechtzeitig erkannt wird. "Das Risiko, dass der Krebs nicht mehr geheilt werden kann, gibt es immer."
Nur eine Untersuchung kann Krebs vorbeugen
Und noch etwas muss sich der Patient bewusst machen: "Die Früherkennungsuntersuchungen können den Krebs lediglich erkennen, ihn aber nicht verhindern", betont die Krebsexpertin. Eine Ausnahme stelle allerdings die Darmspiegelung dar. "Im Rahmen der Kontrolle wird dem Patienten ein Endoskop in den Darm eingeführt, welches mit einer kleinen Zange ausgestattet ist. Findet der Arzt einen Polypen, aus dem sich Darmkrebs entwickeln könnte, trennt er diesen von der Schleimhaut des Dickdarms ab." Die Darmspiegelung stelle daher eine sehr gute Maßnahme dar, um Darmkrebserkrankungen zu verhindern, weiß Weg-Remers.
Brustkrebs erkennen mit Mammografie
"Um Brustkrebs frühzeitig zu erkennen, ist es wichtig, die Brust regelmäßig abtasten zu lassen und ab dem 50. Lebensjahr das Brustscreening, die sogenannte Mammografie, wahrzunehmen", rät die Krebsexpertin. "Studien haben gezeigt, dass bei jeder 200. deutschen Frau, die regelmäßig an dieser Röntgenuntersuchung teilnimmt, der Brustkrebs früh genug entdeckt wird, sodass er heilbar ist. Das wirkt auf den ersten Blick zwar nicht viel, aber auf die Gesamtbevölkerung gesehen, kann man bei der Mammografie von einer erfolgreichen Früherkennungsuntersuchung sprechen."
Quetschung der Brust erhöht Krebsrisiko nicht
Es sei übrigens ein Mythos, dass das Zusammenpressen der Brust während der Untersuchung das Risiko für Brustkrebs erhöhe, betont die Expertin. Hierfür gebe es keinerlei Hinweise. Quetschungen und Brustkrebs stünden nicht in Zusammenhang.
"Allerdings kann es sein, dass die Untersuchung einen auffälligen Befund hervorbringt und sich die Frauen dann nicht nur Ängsten ausgesetzt sehen, sondern auch weitere Untersuchungen über sich ergehen lassen müssen, vielleicht sogar minimal-invasive, damit eine Gewebeprobe entnommen werden kann. Oft stellt sich dann heraus, dass kein Grund zur Sorge bestand und somit ein falsch-positiver Befund vorliegt. Im Einzelfall können kleinste, langsam fortschreitende Karzinome entdeckt werden, die das Leben der Frau aber nie bedroht hätten, wäre er nicht entdeckt worden. Dann sprechen wir von einer Überdiagnose", erklärt Weg-Remers. "Dieses Risiko besteht immer."
Gebärmutterhalskrebs heute seltener als früher
Die Krebsfrüherkennung für Gebärmutterhalskrebs können Frauen ab dem 20. Lebensjahr einmal jährlich wahrnehmen. Hierbei wird die Gebärmutterhalsschleimhaut auf entartete Zellen untersucht. Und es gibt gute Nachrichten: "Verglichen mit den 1980er Jahren ist ein rückläufiger Trend zu beobachten", sagt die Expertin. "Auch weil Frauen die Möglichkeit einer Früherkennungsuntersuchung haben. Ob die Erkrankungshäufigkeiten auch in Folge der Impfung gegen die humanen Papillomviren (HPV) noch weiter zurückgehen werden, lässt sich erst in einigen Jahren sicher sagen."
Alle zwei Jahre zum Hautkrebsfrüherkennung
"Die Hautkrebsfrüherkennung ist seit 2008 als gesetzliche Früherkennungsmaßnahme anerkannt", erklärt Weg-Remers. "Seitdem ist die Zahl der Hautkrebserkrankungen gestiegen. Das liegt unter anderem daran, dass Hautkrebs jetzt viel früher entdeckt wird, besonders weißer Hautkrebs." Ab einem Alter von 35 Jahren hat jeder die Möglichkeit, alle zwei Jahre Haut und Leberflecken untersuchen zu lassen. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen.
IGeL-Leistungen genau hinterfragen
Und wie steht die Expertin zu IGeL-Leistungen? „Ich empfehle Patienten die oben genannten Früherkennungsuntersuchungen, da bei ihnen der Nutzen zum Teil in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen wurde“, betont die Krebsexpertin. „Wie sinnvoll IGeL-Leistungen sind, kann ich pauschal nicht sagen. Das kommt immer auf den individuellen Fall an. Wichtig ist, dass Patienten, die solche Leistungen von ihrem Arzt angeboten bekommen, sich an unabhängiger Stelle informieren, ob diese für sie wirklich sinnvoll sind.“
Wann IGel-Leistungen sinnvoll sind
Es gebe durchaus IGeL-Leistungen, die den Patienten einen Mehrwert bieten, so Weg-Remers. So könne für Frauen, die ein sehr dichtes Brustgewebe haben, eine zusätzliche Untersuchung der Brust mit einem Ultraschallgerät sinnvoll sein. Ultraschall aber für die Früherkennung von Blasenkrebs einzusetzen, hält die Expertin für weniger sinnvoll: "Blasenkrebs ist über Ultraschall im Regelfall nicht früh genug erkennbar. Meist macht der Krebs schon viel früher auf sich aufmerksam, beispielsweise durch Blut im Urin."
Bei Frauen und Männern, die in ihrem Beruf mit bestimmten industriellen Farbstoffen oder Chemikalien in Berührung kommen, ist das Risiko für Blasenkrebs erhöht. Leider gebe es für diese Gruppe derzeit keine wirksame Früherkennungsuntersuchung. Einen Zusammenhang zwischen den chemischen Farbstoffen in den heute verfügbaren Haarfärbemitteln und Blasenkrebs sieht sie aber nicht. Einige Haarfärbemittel, für die die Datenlage unklar war, seien Anfang der 1980er Haare verboten worden.
Ultraschall hat keine gute Auflösung
Generell sieht die Expertin Ultraschalluntersuchungen als Krebsfrüherkennungsmaßnahme eher kritisch. "Dieses bildgebende Verfahren hat keine sehr hohe Auflösung und ist daher für die Früherkennung nur bedingt geeignet", sagt sie. "Die Vorteile sind aber, dass bei der Ultraschalluntersuchung kein Eingriff notwendig ist, der Patient keiner Strahlenbelastung ausgesetzt wird und die Untersuchung nicht schmerzhaft ist. Doch die Ergebnisse sind einfach zu ungenau. Das ist auch mit ein Grund, warum sich Ultraschalluntersuchungen für die Früherkennung von Prostatakrebs bisher nicht durchsetzen konnten. Nach Alternativen wird derzeit geforscht."
Eine Ultraschalluntersuchung könne lediglich eine Ergänzung zu anderen Früherkennungsmaßnahmen darstellen. Sie eigne sich nicht als alleinige Methode, so die Meinung der Krebsexpertin.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.