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Einsam? Das können Sie dagegen tun


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Nicht nur zu Weihnachten
So finden Sie Wege aus der Einsamkeit

Eine Kolumne von Ulrike Scheuermann

Aktualisiert am 13.12.2023Lesedauer: 5 Min.
Einsamkeit: Viele überspielen den Schmerz der Einsamkeit mit Camouflage-Strategien.Vergrößern des Bildes
Einsamkeit: Viele überspielen den Schmerz der Einsamkeit mit Camouflage-Strategien. (Quelle: Marjan_Apostolovic/getty-images-bilder)
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Einsamkeit tut weh. Millionen Menschen leiden darunter, sich allein zu fühlen. Das wird an Feiertagen wie Weihnachten, dem Fest der Liebe, besonders deutlich. Wie wir das ändern können.

Was können wir tun, um die Einsamkeit abzubauen – bei uns selbst und bei anderen? Was hilft, sich mehr mit anderen zu verbinden?
Menschen sind durch und durch soziale Wesen, und Einsamkeit ist ein unnatürlicher und ungesunder Zustand der modernen Welt. Zugleich lässt sich das Leiden an der Einsamkeit leicht überspielen. Zum Beispiel so, wie Jan es tut.

Das Gefühl der Einsamkeit wird häufig überdeckt

Jan ist mit seiner Ein-Mann-Firma morgens ab 6.30 Uhr im Einsatz. Er erzählt mir, dass er als typischer Selbstständiger "selbst und ständig" im Arbeitsmodus ist, oft bis in die Nacht und auch am Wochenende. Abends schiebt er in seiner stillen Wohnung eine Fertigpizza in den Ofen und schaltet den Fernseher an. Bald ist er müde und geht schlafen.

Als ich ihn in meinem Self-Care-Programm kennenlerne, finden wir heraus, dass der Grund für seine trübe Stimmung und seine Sinnlosigkeitsgefühle seine private Einsamkeit ist, die er seit Jahren mit Arbeit zudeckt. Er arbeitet 90 bis 100 Stunden pro Woche, vertieft sich stundenlang in eine Aufgabe und merkt dann keine Gefühle mehr.

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Camouflage-Strategien weglassen

Wie Jan überspielen viele den Schmerz der Einsamkeit mit Camouflage-Strategien: Zu-viel-Arbeiten, aber auch Rauchen, Frustessen, übermäßiger Sport, Alkoholtrinken, Dauerfernsehen oder -surfen gehören dazu.

Durch solches suchtartiges Verhalten werden Gefühle gedeckelt. So muss man den Mangel nicht allzu deutlich spüren. Sich diese zudeckenden Camouflage-Strategien einzugestehen und sie wegzulassen, sind die ersten Schritte, um etwas zu verändern.

Der nächste Schritt ist die klare Entscheidung: "Ich will nicht mehr einsam sein", und Zeit dafür einzuräumen. Dann kann man Neues ausprobieren. Ich möchte Ihnen hier anstelle von Tipps wie "Suchen Sie die Gemeinschaft in einem Ehrenamt oder Verein" lieber leichtere Einstiegsstrategien vorschlagen, denn sonst ist die Hürde nach meiner Erfahrung zu hoch: Leicht gesagt – schwer getan.

Wie können wir also nach und nach, passend zur eigenen Persönlichkeit, tragfähige Beziehungen mit Freunden, Familie oder anderen Gemeinschaften aufbauen? Ein Weg sind die flüchtigen Kontakte – ein hochwirksamer, aber wenig beachteter Glücksfaktor.

1) Sich verbinden: Die Kraft flüchtiger Kontakte

Bei flüchtigen Kontakten liegt die Lösung quasi auf der Straße: Wir können uns mit anderen Menschen verbinden, auch wenn wir sie kaum oder gar nicht kennen. Auf der Straße, am Postschalter, beim Überqueren der Ampel oder auf dem Spielplatz: kurz mal jemandem zulächeln, eine Bemerkung oder einen Scherz machen, eine Situationskomik nutzen, etwas fragen.

Wie wäre es, eine Nachbarin zu grüßen, auch wenn wir noch nie mit ihr gesprochen haben? Ehrliche Komplimente sind eine weitere Möglichkeit, anderen – und damit zugleich sich selbst – eine Freude zu machen: "Schön, Sie zu sehen", "Wo hast du den Mantel eigentlich gekauft?", "Sie sehen so erholt aus". Oder auch gute Wünsche, und sei es, aus vollem Herzen Wildfremden im Supermarkt am 24. Dezember ein "Frohe Weihnachten!" zuzurufen. Jan übt sich gerade darin, seinen persönlichen Stil zu finden, wie er am besten in Kontakt kommt.

Ich mache einen regelrechten Sport daraus, angestrengt oder grimmig dreinschauende Leute auf solche Art aus der Reserve zu locken. Es funktioniert fast immer: Die meisten gucken erst erstaunt, dann geht ein Strahlen über ihr Gesicht, und plötzlich sind Freude und Kontakt da. Diese flüchtigen Kontakte führen dazu, dass wir uns verbundener mit anderen Menschen fühlen, eingebundener sind in das weite Netz sozialer Beziehungen und uns im Kontakteknüpfen üben.

2) Stellen Sie Fragen

Gerade Fragen sind eine hochwirksame Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen: "Wie geht es Ihnen?", "Wie verbringen Sie denn die bevorstehenden Festtage?". Dafür darf man allerdings nicht jede Minute verplanen, sonst läuft man ständig hinter der eigenen To-do-Liste her. So war es bis vor Kurzem auch bei Jan, aber er hat seine Arbeitszeit deutlich gekürzt, nachdem er die Tragweite seines Alleinseins erkannt hatte. Nun hat er Zeit, um die Antwort in Ruhe anzuhören, mit ehrlichem Interesse weiter nachzufragen. Und er kann er eine weitere Strategie ausprobieren, die ebenfalls aus der Einsamkeit führt.

3) Bitten Sie um Hilfe

Viele scheuen davor zurück, um Hilfe zu bitten. Man fühlt sich dann schwach und abhängig, will anderen nicht zur Last fallen. Doch ist es so – das ist in vielen Studien nachgewiesen: Menschen freuen sich, wenn sie um Hilfe gebeten werden und helfen können. Und es muss ja nicht gleich die Hilfe beim Ausräumen des Kellers sein. Man kann bei kleinen Dingen um Hilfe bitten und sich damit ganz beiläufig verbinden: im Laden nach dem Regal mit den Teigwaren fragen, anstatt durch die Reihen zu irren; einen Passanten nach dem Weg fragen, anstatt die App zu öffnen. Ähnlich geht es andersherum.

4) Geben macht glücklich: Helfen Sie anderen

Geben macht glücklich. Es schafft Verbundenheit und vertieft jede Beziehung. Interessant ist, dass Hilfsbereitschaft ansteckt: So ist etwa gerade zur Weihnachtszeit die Bereitschaft höher als sonst, zu helfen, zu spenden, anderen etwas Gutes zu tun. Auch dadurch entstehen Nähe und Kontakt.

Wir können zum Beispiel direkt Hilfe anbieten und fragen: "Brauchen Sie Hilfe?" oder "Wie kann ich dir helfen?". Auch darüber freuen sich andere fast immer, und Sympathie, Dankbarkeit, Freude sind gute Voraussetzungen für sich vertiefende Beziehungen. Was können Sie gut? Wobei könnten Sie anderen helfen, auch mit Kleinigkeiten? – Jan kam neulich dazu, als eine Nachbarin sich mit ihren beiden Jungs vor der Haustür abmühte, eines der Kinderfahrräder zu reparieren. Da er nicht mehr so im Zeitstress war wie früher, blieb er einfach stehen: "Kann ich helfen?" Alle hatten großen Spaß, obwohl Jan früher meinte, er könne nicht mit Kindern.

5) Unverfängliche Berührungen schaffen Verbundenheit

Einen weiteren Vorschlag habe ich für Sie. Wenn wir uns bei einer Begrüßung umarmen – zumindest die Hand geben, wenn wir der alten Dame an der Treppe helfend unter den Arm greifen: kleine Taten, große Wirkung. Vertrauen, Zuneigung und Entspannung nehmen enorm zu und treten sofort ein. Jede freundliche, unverfängliche Berührung löst ein Gefühl der Sympathie, Sicherheit, Verbundenheit und Kooperationsbereitschaft aus. Immunabwehr und Schmerztoleranz werden gestärkt. Berührungen, auch ohne intime Nähe, haben einen enorm hohen Stellenwert für körperliches und psychisches Wohlbefinden. Auch das geht viel häufiger, als wir meinen.

Nach und nach: So wachsen Beziehungsnetzwerke

Beziehungen wachsen und vertiefen sich nicht von jetzt auf gleich. Wir können stetig daran arbeiten, so wächst Vertrauen und Verbindung. Bei Jan ist im Laufe von Monaten ein erstes Netzwerk aus Nachbarn entstanden, die sich gerne mit ihm unterhalten. Bei zweien von ihnen ist inzwischen viel Sympathie im Spiel. Die Nachbarin mit den beiden Kindern hat ihn zum großen Weihnachtsfest mit Familie und Freunden auf dem Land eingeladen. "Einer mehr oder weniger fällt da nicht auf, die freuen sich alle", sagt sie auf sein anfängliches Zögern hin. Jan hat seitdem ein warmes Gefühl im Bauch, wenn er daran denkt.

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Einsame und Gesellige sind gefragt

All das gilt nicht nur für Einsame, sondern auch für sozial gut Eingebundene: Stellen Sie sich vor, Sie wären die einzige Person, die heute mit der alten Dame von nebenan spricht. Sie können nur ahnen, wie viel Freude, Erleichterung und Rührung sie mit Ihrem kleinen Gruß auslösen, mit Ihrem guten Wunsch für eine besonders schönen Tag, der Sie nichts kostet und nur Freude auslöst. Auf beiden Seiten.

25 Jahre psychologische Tätigkeit bringen mich zu dem Fazit: Wir alle – nicht nur die Einsamen, auch die Geselligen – können viel mehr für ein soziales Miteinander tun, um gesünder, glücklicher und zufriedener zu leben. Jede Begegnung, jeder Kontakt zählt.


Ulrike Scheuermann ist Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin. Seit 25 Jahren hilft sie Menschen dabei, gut für sich zu sorgen. Ihre Self-Care-Programme finden in ihrer Akademie in Berlin statt.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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