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Einfach mal abschalten: Hochsensible Menschen brauchen mehr Auszeiten


Symptome verstehen
Warum Hochsensibilität keine Krankheit ist

Von dpa, msc

Aktualisiert am 28.02.2023Lesedauer: 2 Min.
Irrtum Nr. 3: Depressionen sind keine Krankheit: Das ist falsch. Oft wird zwar behauptet, dass depressive Menschen einfach nur empfindlich oder sensibel sind. Dass die Depression aber tatsächlich eine Krankheit ist, wie Diabetes oder andere, wissen die wenigsten.Vergrößern des Bildes
Eine sensible Frau: Hochsensibilität gilt nicht als Krankheit, kann aber Menschen sehr belasten. (Quelle: FollowTheFlow/getty-images-bilder)

Hochsensibel – das ist in Deutschland leider immer noch ein negativ konnotierter Begriff. Dabei sind mit der höheren Empfindlichkeit eindeutige Symptome verbunden, die Betroffene erstmal verstehen müssen.

Mit dem Wort "hochsensibel" ist Michael Jack gar nicht glücklich. "Für Musiker ist das positiv, aber außerhalb dessen hat Sensibilität so eine negative Konnotation von Lebensuntüchtigkeit", sagt der Rechtsanwalt aus Dortmund.

Selbst hochsensibel, hat Michael Jack 2007 den Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität gegründet. "Highly Sensitive Person", diesen Begriff prägte in den 90er Jahren die US-Amerikanerin Elaine Aron. "Das "Sensitive" im Englischen ist eine neutrale Beschreibung von einer höheren Empfindlichkeit", erklärt Jack. In Deutschland hat sich letztlich dennoch die Bezeichnung Hochsensibilität durchgesetzt.

Hochsensible haben nach der Definition von Aron bestimmte Merkmale. "Die Menschen verarbeiten gründlicher, reflektieren stärker, haben einen Hang zur Nachdenklichkeit, stellen viel in Frage", erklärt Stephanie Kaye, integrative Lerntherapeutin mit eigener Praxis in Rostock. "Sie sind übererregbar, Stress durch Veränderung etwa sorgt für eine Überreizung des vegetativen Nervensystems."

"Sie sind sensorisch empfindlicher, das kann Lärm sein oder Schmerz, Allergien treten eher auf", fügt Kaye hinzu. "Aber das alles muss nicht in dieser kompletten Kombination vorliegen."

Hochsensibilität nicht immer leicht zu erkennen

Jack hat die Erfahrung gemacht: Hochsensibilität zu erkennen hilft den Menschen, sich selbst besser zu verstehen. "Da fällt nicht nur ein Stein vom Herzen, sondern eine ganze Gebirgskette." Auch Eltern kann das so gehen: wenn sie sich fragen, warum das Kind oft so anders tickt als erwartet.

Eine Krankheit ist Hochsensibilität nicht, vielmehr eine Persönlichkeitsvariante. "Das Spektrum dessen, was normal ist, ist sehr breit und groß", sagt Professor Marcel Romanos, Direktor der kinder- und jugendpsychiatrischen Uniklinik Würzburg. Der Begriff Hochsensibilität, mit objektiven Methoden nie belegt, sei aber eventuell problematisch. Nämlich dann, wenn damit eine psychische Störung verdeckt werde: "Ich habe mehrfach erlebt, wie Kinder mit Angsterkrankungen oder ADHS mit der "Diagnose" Hochsensibilität belegt wurden", warnt er.

Die richtige Diagnose und erforderliche Therapie würden so verhindert, sagt Romanos. Auffälliges Verhalten gehört abgeklärt – der Ansicht ist auch Lerntherapeutin Kaye. "Ich verweise selbst an Fachärzte, um psychiatrische Erkrankungen auszuschließen." Liegt keine Störung vor, kann es Menschen aber helfen, das Phänomen Hochsensibilität zu kennen.

Stärken fokussieren und Selbstwertgefühl vermitteln

An erster Stelle steht oft, die Sicht auf die Betroffenen generell zu verändern und von Erwartungshaltungen wegzukommen. "Geduld haben!", ist Kayes wichtigster Rat. Sind Eltern selbst hochsensibel, können sie das Kind vielleicht besser verstehen. Ansonsten hilft Neugier, sich darauf einzulassen. Feste Familienregeln können sein, nicht laut rumzuschreien oder "dass jeder die Tür zumachen und in seinem Zimmer auch ein Stück in seinen Gedanken versinken darf."

Eltern sollten sich zudem auf die Stärken des Kindes fokussieren und ihm ein gutes Selbstwertgefühl vermitteln. Hochsensible Kinder dürfen nicht das Gefühl haben, dass sie nicht mehr dazugehören, wenn sie sich mal abgrenzen. "So ein Kind ist unheimlich glücklich, wenn es sich stundenlang mit Lego beschäftigen und bauen kann, statt zum Kaffeetrinken mit vielen Leuten zu gehen."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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