Patientenrechte Was bei Verdacht auf Behandlungsfehler zu tun ist
Berlin (dpa/tmn) - Wenn Ärzte einen Fehler machen, haben Patienten womöglich Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu im Überblick, beantwortet von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und dem Bundesgesundheitsministerium:
Was sind Behandlungsfehler?
Fehlerquellen gibt es viele - nicht nur bei Therapie oder Operation. Auch bei einem Beratungs- oder Aufklärungsgespräch kann etwas schiefgehen, eine Diagnose kann falsch sein, Hygienestandards können verletzt werden. Und natürlich können statt Ärzten auch Pfleger oder Hebammen einen Fehler machen.
Was mache ich, wenn ich den Verdacht habe, dass ein Fehler passiert ist?
Vor allem nicht ewig warten: Nach drei Jahren verjähren die Ansprüche. Das Ministerium empfiehlt zunächst ein Gespräch mit dem Arzt. Vielleicht lassen sich Missverständnisse oder Fragen direkt klären. Bei der Gelegenheit können Patienten auch Einsicht in ihre Patientenakte verlangen. Den darf der Arzt nur in Ausnahmefällen verwehren.
Das Gespräch hat nichts gebracht - und der Verdacht erhärtet sich. Was nun?
Dann sollten Patienten sich Unterstützung holen. Ansprechpartner dafür ist in der Regel die Krankenkasse. Alternativ können sich Betroffene zum Beispiel an die Unabhängige Patientenberatung oder an Selbsthilfe-Organisationen wenden. Krankenhäuser haben oft auch eigene Beschwerdestellen für Patienten.
Wie geht es dann weiter?
Die Krankenkasse kann bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler ein Gutachten in Auftrag geben. Stellt der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) tatsächlich einen Fehler fest, können Patienten vor Gericht ziehen. Alternativ haben Ärzte- und Zahnärztekammern oft eigene Gutachter und Schlichtungsstellen. Die Teilnahme an den entsprechenden Verfahren ist für Patienten meistens kostenlos.
Wie viele Behandlungsfehler werden aufgedeckt?
Gutachter der Krankenkassen haben im vergangenen Jahr etwas mehr Behandlungsfehler in Krankenhäusern und Arztpraxen festgestellt. Bei 14 133 Gutachten nach Patientenbeschwerden wurden 3497 Fehler aufgedeckt. In jedem fünften Fall (2799) verursachten die Fehler den Schaden beim Patienten, der Anlass für die Überprüfung war, wie der Medizinische Dienst der gesetzlichen Krankenkassen (MDK) am Donnerstag in Berlin mitteilte. In fast jedem dritten Fall davon handelte es sich um einen Dauerschaden. In 107 Fällen führte ein Fehler zum Tod oder trug dazu bei. Im Jahr 2017 hatten die Gutachter 3337 Fehler bestätigt.
Allerdings gibt es weit mehr Behandlungsfehler. Die Ärzteschaft, die eigene Beschwerdestellen hat, hatte ihre Bilanz mit 1499 bestätigten Fällen bereits vorgelegt. Andere Patienten wenden sich direkt an Anwälte und Gerichte. Vor allem aber ist die Dunkelziffer hoch, wie der Vize-Geschäftsführer der Medizinischen Dienste, Stefan Gronemeyer, sagte. Auf jeden unentdeckten Behandlungsfehler kämen nach wissenschaftlichen Studien rund 30 unentdeckte Fälle.
Wo treten die meisten Verdachtsfälle auf?
Mit 9433 Fällen betrafen rund zwei Drittel der Vorwürfe von Patienten in der neuen MDK-Statistik Behandlungen in Krankenhäusern. 31 Prozent aller Vorwürfe beziehen sich auf Orthopädie und Unfallchirurgie, 13 Prozent auf Innere und Allgemeinmedizin und jeweils 9 Prozent auf die allgemeine Chirurgie und die Frauenheilkunde. Fehler seien für Betroffene aber etwa bei der Orthopädie einfach leichter erkennbar, als etwa bei der Medikamentengabe auf einer Intensivstation, so der MDK. In Deutschland gibt es pro Jahr rund 20 Millionen Behandlungen in Krankenhäusern und etwa eine Milliarde Arztkontakte in Praxen.
Welche Prbleme könnten vermieden werden?
Eindringlich mahnten die Kassen stärkere Anstrengungen für die Fehlervermeidung an. Gronemeyer forderte eine nationale Liste von schweren, eigentlich vermeidbaren Problemen. Dazu zählen etwa die Verwechslung der Körperseite oder eines Patienten bei Operationen oder auch die Verwechslung von Medikamenten. Kliniken, Praxen, aber auch Pflegedienste bräuchten zudem spezielle Beauftragte für Patientensicherheit. Derzeit herrsche beim Kampf um mehr Sicherheit eher Stillstand, kritisierte Gronemeyer.
Welche Hilfe leisten Krankenkassen?
Die Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet, Versicherte mit Verdacht auf einen Behandlungsfehler zu unterstützen. Die Gutachten sind für Versicherte kostenfrei. Der MDK erstellt sie auf der Grundlage der Patientenunterlagen sowie eines Gedächtnisprotokolls des Patienten. Die Gutachten sind eine Grundlage für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.