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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Chronische Schmerzen Neues Rückenmedikament könnte Millionen Patienten helfen

Cannabis statt Opioid: Ein neues Mittel zur Schmerzlinderung könnte noch in diesem Jahr auf den Markt kommen. Das steckt hinter VER-01.
Chronische Schmerzen gehören zu den größten gesundheitlichen Herausforderungen weltweit. Über 1,5 Milliarden Menschen leiden darunter – mehr als an Diabetes, Herzkrankheiten und Krebs zusammen.
Doch die Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt: Bislang gelten Opioide als Standardtherapie. Diese Mittel sind allerdings aufgrund ihres hohen Suchtpotenzials und ihrer teils schweren Nebenwirkungen wie chronischer Verstopfung oder Schlafstörungen umstritten. In Deutschland werden sie dennoch jährlich über 18 Millionen Mal verschrieben.
Das Münchener Biopharmaunternehmen Vertanical hat nun ein Alternativmedikament entwickelt: das Cannabinoid-basierte Schmerzmittel VER-01. Nach acht Jahren Forschung steht es kurz vor der Zulassung.
Was bedeutet Cannabinoid-basiert?
Cannabinoide sind Moleküle, die von Cannabispflanzen produziert werden. Das bekannteste Cannabinoid ist Tetrahydrocannabinol (THC).
VER-01: Schmerzmediziner spricht von einem "Durchbruch"
In zwei großangelegten Phase-III-Studien erzielte VER-01 eine deutliche Schmerzlinderung bei Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen – der weltweit häufigsten Form chronischer Schmerzen. Neben einer verbesserten Mobilität und Schlafqualität zeigten die Patienten keine Anzeichen von Abhängigkeit oder Entzugssymptomen.
Der renommierte Schmerzforscher und Träger des Deutschen Schmerzpreises, Prof. Thomas Herdegen, nennt die Studienergebnisse "einen echten Durchbruch in der Schmerzmittelforschung".
Auch Prof. Matthias Karst, Schmerzmediziner an der Medizinischen Hochschule Hannover, sieht großes Potenzial: "Die Studien belegen eine deutliche Schmerzreduktion sowie eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität. Das minimiert auch das Risiko für Depressionen, die oft mit chronischen Schmerzen einhergehen."
Gut zu wissen
Cannabis als Medizin ist seit März 2017 in Deutschland zugelassen – für die Therapie schwerer Erkrankungen, bei denen bisherige Behandlungsmöglichkeiten nicht mehr oder nicht ausreichend wirken. Verabreicht werden überwiegend Blüten, Öle und Tropfen und sogenannte Rezepturarzneimittel auf Basis des Cannabisinhaltsstoffs THC.
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Markteinführung könnte kurz bevorstehen
Das neuartige Medikament könnte bereits im Juli zugelassen werden. Laut Dr. Clemens Fischer, Gründer von Vertanical, soll es unter dem Handelsnamen Exilby zunächst in Deutschland und Österreich erhältlich sein, weitere europäische Länder sollen folgen. In den USA startet in Kürze eine weitere Phase-III-Studie, um die Zulassung auch dort zu sichern. Zudem plant Vertanical, VER-01 für weitere Schmerzindikationen wie neuropathische Schmerzen zu testen.
"Viele Schmerzpatienten befinden sich in einem Teufelskreis aus Schmerzen, Schlafstörungen und eingeschränkter Mobilität. VER-01 hat das Potenzial, diesen Kreislauf zu durchbrechen", resümiert Fischer hoffnungsvoll.
- Pressekonferenz von Vertanical am 17. März 2025
- schmerzgesellschaft.de: "Cannabis in der Schmerzbehandlung"
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.