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"Sleepy Girl Mocktail": Kirschsaft mit Magnesium gegen Schlafprobleme?


"Sleepy Girl Mocktail"
Hilft Kirschsaft wirklich bei Schlafproblemen?

Von dpa, mra

Aktualisiert am 23.04.2024Lesedauer: 3 Min.
Positive Wirkung? Ein selbst gemixtes Getränk soll tieferen Schlaf fördern.Vergrößern des Bildes
Positive Wirkung? Ein selbst gemixtes Getränk soll tieferen Schlaf fördern. (Quelle: PeopleImages/getty-images-bilder)

Auf Social Media geht ein Trend um: Ein Getränk aus Kirschsaft und Magnesium soll bei Schlafstörungen helfen. Was ist dran am "Sleepy Girl Mocktail"?

Es ist schon spät, aber man kann einfach nicht einschlafen. Man wälzt sich im Bett hin und her, blickt immer wieder verzweifelt auf die Uhr. Morgens quält man sich dann bleiern müde aus dem Bett. Nicht schlafen zu können, das Problem kennen viele Menschen. Kein Wunder also, dass der sogenannte "Sleepy Girl Mocktail" in den sozialen Medien zum Trend geworden ist.

In zahlreichen Videos kann man jungen Frauen dabei zusehen, wie sie aus Sauerkirschsaft, Magnesiumpulver und wahlweise Limo oder Mineralwasser einen alkoholfreien Drink mixen. Dieser soll den Schlaf fördern und wirkt deutlicher hipper als eine Tasse Kamillentee. Doch was sagt die Wissenschaft dazu? Kann so ein Mocktail wirken?

"Sleepy Girl Mocktail": Besser einschlafen dank Kirschsaft?

"Das ist in dem Fall nicht so einfach zu beurteilen", sagt die Ernährungswissenschaftlerin Luisa Hardt vom Uniklinikum in Erlangen. "Man weiß nicht, wie viel und welcher Saft und wie viel Magnesium jeweils konkret verwendet wurden." Auf den ersten Blick könnten die Bestandteile jedoch durchaus sinnvoll sein, meint sie.

Der Körper brauche Magnesium, um aus der Aminosäure Tryptophan das Hormon Melatonin zu bilden, das für den Schlaf-Wach-Rhythmus zuständig sei. Der Sauerkirschsaft enthalte wiederum sekundäre Pflanzenstoffe, die den Tryptophan-Abbau im Körper hemmen könnten, sodass mehr dieses Ausgangsstoffs für die Melatoninbildung zur Verfügung stehe.

Ernährungsmediziner warnt vor Magnesium-Überdosis

Der Ernährungsmediziner Hans Hauner von der Technischen Universität München ist trotzdem skeptisch. "Die Datenlage dazu ist sehr dünn. Das sind meistens kleine Studien mit einer ausgewählten Gruppe von Testpersonen."

Vor allem zweifelt er daran, dass es sinnvoll ist, Magnesium zusätzlich einzunehmen. "Wir haben mit einer Durchschnittskost eigentlich keinen Magnesiummangel. Kein Mensch braucht das als Supplement, wenn er sich normal ernährt."

Außerdem könne der Körper Magnesium besser in kleineren Mengen über den Tag verteilt aufnehmen als einmal in einer höheren Dosis, ergänzt Hardt. Nahrungsergänzungsmittel seien oft sehr hoch konzentriert und überschritten die vom Bundesinstitut für Risikobewertung empfohlene Tageshöchstmenge von 250 Milligramm. "Das kann zu Magen-Darm-Beschwerden, vor allem Durchfällen, führen – was die Nachtruhe erheblich stören kann."

Sauerkirschsaft: Zu geringe Konzentration

Ähnlich könnte sich der Sauerkirschsaft bei Menschen auswirken, die empfindlich auf Säure reagieren, sagt Hauner. Die sekundären Pflanzenstoffe, die den Schlaf fördern sollen, seien dagegen nur in Mikrogrammmengen enthalten. "Die Konzentration ist so gering, dass eine Wirkung nicht plausibel ist."

Zumal der Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen von Sauerkirschsaft zu Sauerkirschsaft nach Angaben von Hardt sehr stark schwanken kann. Studien zu dessen schlaffördernder Wirkung verwendeten meist Saft der Montmorency-Sauerkirsche, einer speziellen Sorte, die besonders viele sekundäre Pflanzenstoffe und Melatonin enthalte, erläutert sie. Diese werde aber hauptsächlich in den USA und Kanada angebaut. Deshalb sei der Saft im Supermarkt hierzulande eher nicht erhältlich.

Auch nach Ansicht des Schlafforschers Hans-Günter Weeß hat der "Sleepy Girl Mocktail" keinerlei Wirkung – zumindest, wenn man nur die Inhaltsstoffe betrachtet. "Was wir bei Menschen mit Schlafstörungen in Studien feststellen ist, dass sie stark auf Placebos reagieren. Es könnte also sein, dass jemand eine Wirkung bei dem Drink spürt, wenn er fest daran glaubt", erläutert Weeß.

Doch allein das Ritual, sich abends etwas Gutes zu tun und dabei zu entspannen, könne beim Einschlafen helfen. "So ein Getränk kann man selbst herstellen, die Bestandteile kosten nicht viel", meint Weeß. Deshalb sei der "Sleepy Girl Mocktail" möglicherweise zwar wirkungslos, aber auch harmlos im Gegensatz zu vielen anderen Produkten, die mit einer angeblichen schlaffördernden Wirkung werben und für die Betroffene zum Teil viel Geld ausgeben.

Schlafprobleme: Besser Tee oder heiße Milch

Einen Minuspunkt sieht Ernährungswissenschaftlerin Hardt dennoch beim "Sleepy Girl Mocktail". "Die meisten Menschen werden eher keinen Direktsaft trinken, der sehr sauer schmeckt, sondern Sauerkirschnektar, der mitunter einen hohen Zuckerhalt aufweist." Abends sollte man aber auf zuckerhaltige Getränke und Speisen verzichten, weil der Körper über Nacht sonst Insulin ausschütte, was langfristig eine Gewichtszunahme begünstigen könne, betont die Expertin.

Ihre Empfehlung deshalb: Besser einen Kräutertee trinken oder eine heiße Milch, der man auch entspannende, schlaffördernde Wirkung nachsagt. Mehr zu Hausmitteln gegen Einschlafprobleme, lesen Sie hier.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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