Neues Gesetz Deutschland rüstet sich für Gaskrise – was der Bund beschlossen hat
Im Falle einer Gaskrise will der Bund mit Milliarden Energieversorger stützen. Auch für Verbraucher kommen Änderungen. Ein Überblick.
Gas ist in Deutschland ein knappes Gut und die Lage ist angespannt. Russlands Lieferungen sind eingebrochen, Gas muss anderweitig zu höheren Preisen beschafft werden. Derzeit ist die Versorgungslage gewährleistet.
Allerdings wird die bedeutende Gas-Pipeline Nord Stream 1 ab 11. Juli für zehn Tage gewartet, in der Zeit fließt routinemäßig kein Gas nach Deutschland. Es ist offen, ob anschließend der Gashahn wieder aufgedreht wird. Falls nicht, droht Fatales. Auf diesen Fall, und, dass die Energiefirmen ins Straucheln geraten, möchte die Regierung vorbereitet sein.
Daher ändert sie vor allem das Energiesicherungsgesetz, entsprechende Anpassungen hat das Bundeskabinett am Dienstag beschlossen. t-online erklärt, was sich bald ändern könnte.
Dürfen Versorger die gestiegenen Preise weitergeben?
Noch nicht, aber der Bund schafft mit der Gesetzesnovelle die nötigen Voraussetzungen dafür. Es gibt bereits Paragraf 24 im Energiesicherungsgesetz, dieser nennt sich Preisanpassungsmechanismus. Mehr dazu lesen Sie hier.
Nach diesem haben von hohen Preisen betroffene Energieversorger entlang der Lieferkette das Recht, ihre Gaspreise außervertraglich an Stadtwerke, Industriekonzerne und Endkunden weiterzureichen. Die Preisanpassung muss angemessen sein – sie darf also zum Beispiel die Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung nicht überschreiten. Allerdings war bislang fraglich, wie
Die Regierung präzisiert nun zum einen Paragraf 24: Es gibt keinen Mechanismus zwischen der Ausrufung der Alarmstufe oder der Notfallstufe im Notfallplan Gas und der Preisanpassung – die Krisenstufen sind aber Voraussetzung dafür, dass eine Preisanpassung erfolgen darf. Derzeit gilt im Notfallplan Gas die zweite von drei Krisenstufen, die Alarmstufe. Mehr zum Notfallplan Gas lesen Sie hier. Weitere Voraussetzung ist, dass die Bundesnetzagentur eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland feststellt.
Wie funktioniert die Gasumlage?
Neu im Energiesicherungsgesetz ist Paragraf 26, dabei handelt es sich um eine Art Umlagemechanismus. Dieser besagt, dass ein "unabhängiger Kassenwart" die Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung von Gas ermittelt und diese über eine Umlage auf alle Gaskunden verteilt werden. Auch hier ist die festgestellte erhebliche Reduzierung der Gasimportmengen Voraussetzung für den Mechanismus (t-online berichtete).
Beide Mechanismen zur Preisanpassung sollen aktuell nicht genutzt werden, aber im Ernstfall bereitstehen. Sie dürfen auch nicht gleichzeitig angewandt werden, sondern schließen sich gegenseitig aus. Sinn und Zweck der Weitergabe der Kosten ist es, letztlich Insolvenzen der Energiefirmen zu verhindern und so die Versorgung zu sichern.
Wie sollen Firmen noch gestützt werden?
Ebenfalls neu im Energiesicherungsgesetz ist Paragraf 29: Damit ebnet der Bund de facto den Weg für einen Staatseinstieg bei strauchelnden Energiekonzernen. Anlass dürfte die schwierige Lage des Uniper-Konzerns sein, der den Staat bereits um Hilfe bat und mit der Regierung derzeit über Stabilisierungsmaßnahmen spricht. Denkbar sind laut dem Energiekonzern "Garantie- und Sicherheitsleistungen, Erhöhung der aktuellen Kreditfazilität bis hin zu Beteiligungen in Form von Eigenkapital".
Nach dem Vorbild der staatlichen Rettung von Firmen wie der Lufthansa mitten in der Corona-Pandemie sollen nun Hilfen für Firmen erleichtert werden, die der sogenannten kritischen Infrastruktur zugerechnet werden. Dazu sollen laut Wirtschaftsministerium "zeitlich befristet gesellschaftsrechtliche Erleichterungen eingeführt" werden, die die Stabilisierungsmaßnahmen erleichtern.
Wie schützt die Regierung Verbraucher?
Zum einen hat der Schutzschirm für Unternehmen Vorrang vor der Weitergabe der Preise. "Stabilisierungsmaßnahmen für Energieunternehmen können helfen, dass Preisanpassungsmechanismen nicht zum Einsatz kommen müssen", präzisiert das Wirtschaftsministerium die Gesetzesänderungen.
Sollten die Preise in Folge eines Versorgungsengpasses noch einmal stark steigen, wird die Bundesregierung zudem laut Ministerium ihre Unterstützungsmaßnahmen anpassen. Dazu begann am Montag auch die konzertierte Aktion im Kanzleramt, die gemeinsam mit den Sozialpartnern Maßnahmen gegen die hohe Inflation erarbeiten will. Lesen Sie hier mehr dazu.
Vor einem Lieferstopp sind Privathaushalte gesetzlich geschützt – auch dann, wenn die Netzagentur im Fall einer Mangellage entscheiden muss, wer noch wieviel Gas bekommt. Die Energieversorgungsunternehmen haben zudem eine Lieferpflicht gegenüber ihren Kunden.
- Eigene Recherche
- Nachrichtenagentur AFP