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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ukraine-Krieg Deshalb könnten im Sommer die Süßigkeiten knapp werden
Durch den Krieg in der Ukraine sind viele Rohstoffe knapp. Verbraucher müssen sich deshalb auch auf höhere Preise für Süßigkeiten und Knabbergebäck einstellen. Der Branchenverband warnt vor leeren Regalen.
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat auch die deutsche Wirtschaft getroffen und ist mittlerweile in fast allen Branchen zu spüren. Jetzt schlagen auch die Hersteller von Süßwaren und Salzgebäck Alarm: Rohstoffknappheit und steigende Preise könnten existenzbedrohend werden, so der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI).
Grund dafür: Der Ukraine-Krieg verschärfe die Preissituation für Energie, Agrarrohstoffe, Verpackungen und Transport nach der Corona-Pandemie drastisch. "Die Belastungsgrenze ist erreicht", sagt der Branchenverband, in dem unter anderen Firmen wie Griesson, Lorenz oder Nestlé organisiert sind.
Warum steigen die Preise für Süßigkeiten?
Gleich in mehreren Bereichen sind die Preise gestiegen – teilweise deutlich. Weizen koste die Unternehmen im Einkauf im Schnitt aktuell 65 Prozent mehr als vor Kriegsausbruch. Der Preis für Sonnenblumenöl sei sogar um mehr als 130 Prozent angestiegen.
Aber auch viele andere Zutaten wie Milchpulver, Zucker, Eier und Palmöl seien deutlich teurer geworden, so der BDSI-Vorsitzende Bastian Fassin. Denn die Ukraine ist ein wichtiges Anbauland für Getreide und damit auch für Futtermittel. Durch den Krieg bleiben diese Lieferungen aus, was den Preis für die Alternativen hochtreibt. Lesen Sie hier, welche anderen Produkte teurer werden.
Auch die hohen Ölpreise machen sich bemerkbar, da dadurch die Kosten für Plastikverpackungen steigen. Es ist also lediglich eine Frage der Zeit, bis diese deutlichen Preisanstiege auch an den Supermarktkassen ankommen. Der BDSI rechnet dabei mit Steigerungen im hohen zweistelligen Prozentbereich.
Die Sorge vor einem Gasembargo bereite der Branche zusätzlich Sorgen, da ein Großteil der Unternehmen auf Gas als Hauptenergiequelle setze, so Fassin. Eine Unterbrechung der Gasversorgung könne somit zu einem kompletten Stillstand der Produktion führen.
Kann es zu leeren Regalen kommen?
Ja. Konkret warnt der BDSI vor leeren Süßigkeiten-Regalen im Sommer.
Dafür gibt es vor allem einen Grund: Für die Herstellung vieler Süßwaren wird ein Emulgator benötigt, der dafür sorgt, dass sich Öle und Wasser nicht trennen, zum Beispiel in der Schokolade. Üblicherweise wird dafür Sonnenblumenlecithin verwendet, das in vielen Fällen aus ukrainischen Sonnenblumen gewonnen wird. Vor dem Krieg war die Ukraine für mehr als die Hälfte des weltweiten Sonnenblumenanbaus verantwortlich – diese Lieferungen fallen nun weitgehend aus.
Abhilfe könnte durch Alternativen aus Raps oder Soja geschaffen werden. Doch dabei gibt es ein Problem: Laut deutscher Deklarationspflicht müssen alle verwendeten Rohstoffe auf Lebensmittelverpackungen ausgewiesen werden. Die Verpackungen werden allerdings weit im Voraus gedruckt, eine Umstellung bei einzelnen Produkten würde Monate dauern. Alle Verpackungen neu zu drucken, sei – auch mit Blick auf die zusätzlichen Verpackungsengpässe – nicht zu stemmen, so Fassin.
Nötig seien kurzfristige Ausnahmen bei der Deklarationspflicht für Zutaten auf Produktverpackungen. "Wir müssen gemeinsam mit der Politik und auch dem Lebensmittelhandel dafür sorgen, dass in den Supermärkten nicht ganze Regale leer bleiben. Dieses Risiko besteht auch für viele beliebte Süßwaren", sagt Fassin daher.
Was bedeutet das für Ostern?
Wenigstens für Ostern gibt der BDSI Entwarnung: Schokoeier und Co. sind bereits fertig produziert und stehen schon in den Läden bereit. Bei frischen Teigwaren hingegen könnten sich auch in den kommenden Tagen und Wochen bereits die deutlichen Preissteigerungen bemerkbar machen.
Welche Rolle spielt die Corona-Pandemie noch?
Die akuten Probleme durch den Krieg in der Ukraine werden durch die andauernde Pandemie noch verstärkt. Deutsche Unternehmen hätten teils hohe Krankenstände zu verzeichnen, was die Produktion einschränke, so der BDSI.
Hinzu kommen Unterbrechungen der Lieferketten etwa durch regionale Lockdowns in China. Dadurch kommt es an wichtigen Häfen immer wieder zu Stillständen und Rohstoffe können nicht wie geplant ausgeliefert werden. Zudem treibt diese Situation die Preise für Container in die Höhe. Dies hatte bereits zu Beginn der Pandemie zu weltweiten Schwierigkeiten geführt.
- Eigene Recherche
- Pressegespräch BDSI
- Pressemitteilung BDSI