Knapp über zahlungsunfähig Russland ist für Ratingagenturen nur noch "Ramsch"
Düstere Aussichten für Russlands Kreditwürdigkeit: Wegen des Ukraine-Kriegs senken die Ratingagenturen reihenweise ihre Bewertungen. Nur wenige Länder sind noch schlechter eingestuft.
Die Finanzmärkte sehen Russlands Kreditwürdigkeit immer skeptischer. Angesichts der Sanktionen gegen das Land wegen des Ukraine-Kriegs haben die drei großen Ratingagenturen den Daumen gesenkt.
Am Donnerstagabend reduzierte die US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) ihre Einstufung erneut. Auch Fitch und Moody's hatten Russlands Bonität diese Woche auf Ramschniveau abgestuft. Weitere Abstufungen seien möglich. Ein Zahlungsausfall könnte drohen.
Russische Staatsanleihen haben überall Junk-Status
Die EU, die USA und andere Länder aus der G7-Gruppe haben in den vergangenen Tagen mehrere Sanktionspakete gegen Russland beschlossen. Darin enthalten sind der Ausschluss russischer Finanzinstitute aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift sowie Strafmaßnahmen gegen die russische Zentralbank. Eigentlich verfügt Russland über hohe Währungsreserven. Durch die Sanktionen ist der Zugriff darauf aber beschränkt.
Russische Staatsanleihen haben nun bei allen Ratinghäusern Junk-Status. Junk Bonds oder Ramschanleihen haben ein sehr hohes Ausfallrisiko (was Staatsanleihen genau sind, lesen Sie hier). Die Analysten halten die Folgen der westlichen Sanktionen für die russische Wirtschaft für sehr schwerwiegend. Diese Maßnahmen dürften zu anhaltenden Verwerfungen im Wirtschaftsleben und der Finanzbranche sorgen.
Der Absturz der Landeswährung Rubel werde zu einer hohen Inflation, einem erheblichen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten und einer deutlichen Verringerung des Lebensstandards führen. Zudem schließen die Analysten nicht aus, dass Russland die Zinszahlungen und die Rückzahlung der Schulden einstellen könnte.
Russland nur noch knapp über Zahlungsunfähigkeit
S&P senkte die Bonitätsnote für Russland von "BB+" auf "CCC-". Erst am vergangenen Freitag hatten die Kreditwächter die Bewertung in den Ramschbereich für spekulative Anlagen abgestuft. Nun ging es weitere acht Stufen nach unten – das Rating liegt nur noch knapp über der Kategorie für Zahlungsunfähigkeit. Zum Vergleich: Deutschland erhält von S&P die Bestnote "AAA".
"Die Abstufung folgt auf Maßnahmen, von denen wir glauben, dass sie das Risiko eines Zahlungsausfalls wahrscheinlich wesentlich erhöhen werden", begründete die Ratingagentur ihre Entscheidung mit Blick auf die Sanktionen. S&P geht davon aus, dass Russlands Kreditwürdigkeit stark unter Druck bleibt und in den kommenden Wochen weiter gesenkt werden könnte.
Nur fünf Länder schlechter als Russland
Aktuell sind bei S&P nur noch fünf Länder schlechter bewertet als Russland: Libanon, Surinam, Venezuela, Sambia und Belize. Die Note "SD" steht dabei für "sovereign default". Das bedeutet, dass der Staat Schulden nicht zahlen wollte oder konnte, als sie fällig wurden.
Die folgende Tabelle zeigt die Länder, die S&P derzeit am schlechtesten bewertet (Stand: 4. März 2022):
Land | Rating | Ausblick |
---|---|---|
Libanon | SD | n/a |
Surinam | SD | n/a |
Venezuela | SD | n/a |
Sambia | SD | n/a |
Belize | SD | negativ |
Russland | CCC- | negativ |
Äthiopien | CCC+ | negativ |
Angola | CCC+ | stabil |
Argentinien | CCC+ | stabil |
Kongo | CCC+ | stabil |
Mosambik | CCC+ | stabil |
Sri Lanka | CCC+ | negativ |
Moody's senkte Mitte der Woche die Bonitätsnote Russlands deutlich: auf "B3" von zuvor "Baa3" sechs Stufen darüber. Auch Fitch hat sich entsprechend geäußert. Die Note ging hier auf "B" von "BBB" nach unten. Auch das ist ein Rückgang um sechs Stufen.
Die Noten von Ratingagenturen basieren auf verschiedenen Kriterien. Neben der Haushaltsführung und dem Schuldenstand spielt dabei auch die wirtschaftliche Gesamtlage des Staates eine Rolle. Je besser Länder bewertet werden, desto günstiger können sie sich Geld leihen.
- Eigene Recherche
- S&P Global Ratings
- S&P: "Credit Ratings – Definitions & FAQs"
- Nachrichtenagentur dpa