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Börse geht in die Knie: Inflation und Ukraine-Krieg treffen die Märkte


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Krieg in der Ukraine
Den Börsen droht die Abwärtsspirale


Aktualisiert am 25.02.2022Lesedauer: 4 Min.
Trader an der Wall Street: Auch die US-Börsen öffneten am Donnerstag mit Verlusten. Weltweit taumelten die Finanzmärkte einem ihrer schwärzesten Tage entgegen. Doch die kommenden Tage droht noch viel Unsicherheit.Vergrößern des Bildes
Trader an der Wall Street: Auch die US-Börsen öffneten am Donnerstag mit Verlusten. Weltweit taumelten die Finanzmärkte einem ihrer schwärzesten Tage entgegen. Doch die kommenden Tage droht noch viel Unsicherheit. (Quelle: Spencer Platt/getty-images-bilder)
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Die Invasion Russlands in der Ukraine sorgt am Donnerstag für heftige Kursverluste. Doch das könnte erst der Anfang einer längeren Abwärtsspirale an den Börsen sein. Wie sollen Anleger auf die Unsicherheit reagieren?

Es braucht nicht viel Fantasie, um sich die wirtschaftlichen Folgen des heutigen Donnerstages auszumalen: Der russische Präsident Wladimir Putin hat Raketen, Panzer und Hunderte Soldaten über die Grenzen der Ukraine gejagt – und damit nicht nur das Nachbarland zum Beben gebracht.

Die Börsen weltweit taumeln nach dem russischen Angriff auf die Ukraine einem ihrer schwärzesten Tage entgegen. "Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine haben die nach den jüngsten Nachrichten ohnehin schon hohe Nervosität der Anleger nun noch weiter steigen lassen", sagt Tobias Basse, Dax-Analyst bei der Nord-LB.

Viele Anleger hielten dieser offensichtlich nicht stand: Panikverkäufe drückten den Dax im Laufe des Tages unter die psychologisch wichtige Marke von 14.000 Punkten. Zwischenzeitlich verlor der deutsche Leitindex am Donnerstag bis zum Nachmittag bereits mehr als 5 Prozent. Der S&P 500 fiel nach der Eröffnung um 1,84 Prozent.

Diese Krise ist Neuland für viele Anleger

Ein Grund dafür: An den Märkten traten mit einem Mal mehrere Szenarien ein, die vielen Anlegern völlig unbekannt waren. "Ich glaube nicht, dass sich bereits viele Anleger mit der Kombination aus steigender Inflation, die zuletzt Anfang der 80er-Jahre wirklich zu sehen war, und einer umfassenden Militäroperation in Europa, die wiederum zuletzt im Zweiten Weltkrieg stattfand, auseinandersetzen mussten", sagte Neil Wilson, Chefmarktanalyst bei Markets.com. "Das ist ein Vertrauensverlust. Das ist Neuland."

Doch auch kaum ein professioneller Analyst hatte eine russische Invasion in der Ukraine für ein wahrscheinliches Szenario gehalten. In den Kursen war eine solche Eskalation vorab deshalb nicht eingepreist. "Die Kursreaktion im Dax ist nachvollziehbar. Sie ist nicht übertrieben", sagt daher Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie bei der Deka-Bank.

Viele Konsequenzen dieses Tages sind bisher noch nicht abzusehen. "Sowohl der Umfang der russischen Invasion als auch die zu erwartenden Gegenreaktionen der westlichen Staatengemeinschaft sind noch unklar", sagt Sandra Ebner, Senior Economist bei Union Investment.

Ab jetzt bestimmt Putin den Dax-Verlauf

Das bedeutet allerdings auch: Die Unsicherheit hält die Märkte vorerst weiter im Griff, eine Abwärtsspirale könnte sich fortsetzen. "Die Unsicherheiten aufgrund des Ukraine-Konflikts und des begonnenen Kriegs werden auch in den kommenden Tagen für starke Kursschwankungen an den Aktienmärkten sorgen", sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt bei der ING-Bank.

Deka-Experte Schallmayer blickt dagegen optimistischer in die Zukunft: "Fundamental ist eine weitere Talfahrt im Dax nicht angezeigt und gerechtfertigt. Die globale Entwicklung der Konjunktur zeigt nach oben", sagt er.

Nicht alle Experten teilen allerdings diese Zuversicht. Ökonomin Ebner macht die zukünftigen Entwicklungen am Aktienmarkt vor allem von den kommenden Sanktionen abhängig. Je schärfer diese ausfielen, desto schärfer dürfte Putin antworten.

Die schärfste Waffe: Der Ausschluss aus dem Swift-System

Ein entscheidender Faktor sei dabei der Ausschluss aus dem internationalen Zahlungsnetzwerk Swift. Die Ukraine fordert von den westlichen Ländern schon seit Längerem, Russland mit dieser Maßnahme vom internationalen Zahlungsverkehr abzuschneiden – seit der Invasion in die Ukraine haben sich nun auch die Baltenstaaten angeschlossen.

Nach Insiderinformationen scheut sich die EU noch, diese harte Maßnahme auszupacken. Nicht verwunderlich: Die Konsequenzen ließen auch einige Mitgliedstaaten nicht unberührt (eine ausführliche Analyse dazu lesen Sie hier).

Das Abnabeln aus dem internationalen Zahlungsverkehr ist somit die Ultima Ratio des Westens, wenn es um wirtschaftliche Sanktionen geht. "Der Ausschluss vom internationalen Zahlungssystem hätte schwerwiegende Folgen für die russische Volkswirtschaft und dürfte das Land empfindlich treffen", sagt Ebner.

"Spirale von Aktion und Reaktion" droht

Während Putin die vergangenen Sanktionen kaum öffentlich registrierte, dürfte er bei einem Ausschluss aus dem Swift-System härter reagieren. "Der Ausschluss von Swift könnte daher in einer Spirale von Aktion und Reaktion münden und den Konflikt zwischen Russland und dem Westen auf eine neue Stufe heben", analysiert Union-Investment-Expertin Ebner.

Der Entwicklung des Dax ist damit abhängig von den Plänen Moskaus – die aktuell keiner kennt. Die Unsicherheit ist daher weiterhin groß. "Alle Augen sind nun auf Moskau gerichtet", sagt Basse.

Für Anleger sei das laut Nord-LB-Experte Basse ein "extrem schwieriges Umfeld". Vor allem Anlagen, die als sichere Häfen gelten, haben nun Konjunktur. So stieg der Goldpreis auf den höchsten Stand seit einem Jahr. Risikoreiche Anlagen, wie etwa der Bitcoin, verloren dagegen allein am Donnerstag über 8 Prozent an Wert. Auch in Anleihen flüchteten sich Anleger, sagt Brzeski von der ING.

Anleger brauchen nun Ruhe und "Fahren auf Sicht"

Deka-Experte Schallmayer rät Anlegern in diesen unsicheren Zeiten vor allem zur Ruhe. "Für mittel- und langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger gilt jetzt: Vorsichtig agieren, Ruhe bewahren, weder Einzelaktien noch Fondsanteile und ETFs, also börsengehandelte Indexfonds, verkaufen", so Schallmayer.

Die kommenden Wochen, womöglich Monate, dürften für Anleger dennoch schwierig werden. "Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren militärischen Eskalation ist eher gering, aber angesichts der unübersichtlichen Situation auch nicht völlig ausgeschlossen", sagt Ebner und sieht auch unter den aktuellen Vorzeichen nachhaltige Auswirkungen. "Langfristig zeichnet sich eine Verhärtung und Verfestigung des Konflikts zwischen Russland und dem Westen ab", sagt sie.

Auch Basse rät in diesen schwierigen Zeiten zu Vorsicht: "Die Anleger dürften an den Kapitalmärkten zumindest zunächst auf Sicht fahren müssen", so Basse von der Nord-LB.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Austausch mit Tobias Basse, Nord LB
  • Austausch mit Joachim Schallmayer, Deka-Bank
  • Austausch mit Sandra Ebner, Union Investment
  • Austausch mit Carsten Brzesk, ING
  • Mit Material der Nachrichtenagentur Reuters
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