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Ukraine-Krieg | Öl- und Gasembargo? So will die EU Deutschland überzeugen


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Drängen der EU-Partner
Deutschlands Zaudern beim Ölembargo könnte teuer werden


Aktualisiert am 23.04.2022Lesedauer: 4 Min.
Zögert harte Entscheidungen hinaus (Symbolbild): Die Regierung um Kanzler Scholz zieht strenge Sanktionen gegen Russland in die Länge – aus Angst, selbst höhere Kosten tragen zu müssen.Vergrößern des Bildes
Zögert harte Entscheidungen hinaus (Symbolbild): Die Regierung um Kanzler Scholz zieht strenge Sanktionen gegen Russland in die Länge – aus Angst, selbst höhere Kosten tragen zu müssen. (Quelle: Clemens Bilan/getty-images-bilder)
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Erst die Kohle, jetzt das Öl: Deutschland steht bei harten Sanktionen gegen Russland auf der Bremse. Dieses Zögern könnte die Härte der Sanktionen verpuffen lassen, warnen Experten. Die EU-Partner drängen immer stärker.

Der Energiesektor ist der wichtigste Exportzweig für Russland. In seinem brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine bieten die Ausfuhren von Öl, Kohle und Gas weiterhin tägliche Einnahmequellen in Millionenhöhe.

Die EU will mithilfe strenger Sanktionen hier ansetzen – doch Deutschland bremst. Das Ende der russischen Kohleimporte kommt nicht zuletzt dank des Einwirkens der Regierung Scholz erst im Sommer. Und auch beim Öl sperrt sich die Bundesregierung noch, zugegeben gemeinsam mit anderen Ländern wie Österreich und Ungarn.

Dabei verweisen Wirtschaftsexperten darauf, dass ein Lieferstopp für Öl Deutschland deutlich weniger hart treffen würde als ein Ende der Gasimporte aus Russland. Dafür jedoch müsste es schnell gehen, wie jetzt das Ifo-Institut warnt.

Deutschland will erst zum Jahresende auf Öl verzichten

Das Zögern der deutschen Regierung könnte die Schlagkraft der Sanktionen verpuffen lassen, warnte am Freitag die Ifo-Ökonomin Karen Pittel. "Ein Ölembargo sollte auch nicht ewig aufgeschoben werden", sagte sie. "Denn mehr Zeit würde es Russland erlauben, andere Abnehmer zu finden, während die Einnahmen aus der EU weiter fließen."

Bisher hält Deutschland ein Ende der russischen Ölimporte erst zum Jahresende für realistisch. Das würde der EU zwar mehr Zeit geben, sich auf die Umstellung vorzubereiten und die Auswirkungen auf den Rohstoffmarkt zu verringern –, aber auch Putin könnte sich ausgiebig vorbereiten, kritisiert Pittel.

Knapp ein Drittel der deutschen Rohölimporte stammen aus Russland, beim Gas waren es bis vor Kurzem noch mehr als 50 Prozent. Anders als bei Gas könnte Deutschland sein Öl allerdings deutlich einfacher von alternativen Exportländern beziehen, etwa den USA oder Ländern aus dem Nahen Osten.

EU will Deutschland von Ölembargo überzeugen

Genau das wollen nun auch die europäischen Partner aufzeigen. Die Europäische Kommission arbeitet daran, die Verfügbarkeit alternativer Energielieferungen zu beschleunigen, um die Kosten für ein Verbot von russischem Öl zu senken.

Damit sollten Deutschland und andere EU-Staaten davon überzeugt werden, ein Ölembargo gegen Russland zu akzeptieren, sagte ein EU-Insider unlängst. Auch die Vorsitzenden des Europa-, Außen- und Verteidigungsausschusses im Bundestag hatten ein "schnellstmögliches" Ölembargo gefordert.

Ginge es nach vielen EU-Ländern, würden die Sanktionen gegen Russland generell deutlich schärfer ausfallen. In der Debatte über ein sechstes EU-Sanktionspaket gegen Russland drängten einige EU-Länder auf weitere Beschränkungen, etwa den Ausschluss von Russlands Top-Kreditgebern Sberbank und Gazpromneft aus dem internationalen Swift-Zahlungssystem und den Stopp der Importe von Kernbrennstoff aus Russland. Eine Verständigung im Kreis der 27 EU-Regierungen gibt es dazu nicht.

Während täglich Verbrechen der russischen Truppen gegen Zivilisten in der Ukraine aufgedeckt werden, bremst Deutschland weitere Sanktionen gegen Russland aus – sichert der Ukraine aber Unterstützung zu. Warum ist die Regierung um Kanzler Scholz also so zögerlich?

Die Angst vor russischen Gegensanktionen

Deutschland fürchtet scharfe Sanktionen, gerade weil diese Russland besonders hart treffen würden. Der Kreml hatte bereits in der Vergangenheit bei den Sanktionspaketen mit Vergeltung gedroht. Und ein Ende der Ölimporte würde Russlands Wirtschaft mehr in Mitleidenschaft ziehen als ein Verbot des russischen Erdgases.

Die Sorge ist daher bei besonders abhängigen Ländern wie Deutschland groß, dass Russland auf ein Ende der Ölimporte mit Gegensanktionen reagieren könnte – etwa mit einem Stopp der russischen Gasexporte nach Deutschland.

Während der Diskussionen um Gassanktionen hatte die Wirtschaft mehrfach vor einem solchen Schritt gewarnt. Auch Politiker wie Bundeskanzler Olaf Scholz und Vizekanzler Robert Habeck warnten vor den schweren wirtschaftlichen Folgen, wenn der deutschen Industrie das Gas ausginge.

Energiepreise könnten noch weiter steigen

Ein Verzicht auf Kohle und Öl aus Russland dürfte zudem nicht spurlos an der Wirtschaft vorbeigehen. "Bei Öl gehen wir davon aus, dass ein Rückgang der russischen Lieferungen durch andere Quellen ausgeglichen werden kann", so Ifo-Ökonomin Pittel.

"Aber dies für Kohle und Öl gleichzeitig zu ermöglichen, während Engpässe bei russischem Gas drohen, ist eine Herausforderung." Die ohnehin schon hohen Energiepreise könnten also noch steigen und damit die Inflation weiter anheizen.

Ähnlich argumentiert auch Ungarn, für das ein Verbot von Öl und Gas aus Russland das Überschreiten der roten Linien bedeuten würde. Das Land importiert knapp 60 Prozent seines Rohöls aus Russland. Premier Orbán warnte daher auch, dass ein Embargo Ungarns Wirtschaft "erledigen" würde. Öl aus anderen Ländern, wie etwa den USA, zu importieren, sei für ihn keine Wahl.

Dabei zeigt das Beispiel von Italien, dass andere Mitgliedsländer durchaus bereit sind, eigene Opfer zu bringen, um Putins Kriegsmacht zu schwächen.

Auch Italien ist stark von Russlands Gas abhängig, ähnlich wie Deutschland und Österreich. Dennoch unterstützt das südeuropäische Land einen Stopp der Ölimporte – ungeachtet möglicher Vergeltungssanktionen bei der Gasversorgung.

Draghi: Was ist wichtiger – Frieden oder die Klimaanlage?

"Wir fragen uns, ob der Gaspreis für den Frieden eingetauscht werden darf", sagt Italiens Ministerpräsident Mario Draghi zu der Diskussion um ein Ölembargo. "Was bevorzugen wir: den Frieden oder die laufende Klimaanlage über den ganzen Sommer?"

Nicht jeder scheint in der EU diese Frage gleich zu beantworten. Ein Ölembargo kann von der EU aber nur mit den Stimmen aller 27 Mitgliedsländer beschlossen werden.

Mit der Maßnahme ist also noch ein hoher Preis verknüpft: die Einheit der EU im Ukraine-Krieg und das außenpolitische Gewicht gegenüber Russland.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Schriftliches Statement von Karen Pittel
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