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Bundestag: Wie lange soll der Wirecard-Ausschuss noch Zeugen befragen?


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Bundestag
Wie lange soll der Wirecard-Ausschuss noch Zeugen befragen?


Aktualisiert am 12.01.2021Lesedauer: 4 Min.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD): Beide sollen vor den Wirecard-Ausschuss als Zeugen geladen werden.Vergrößern des Bildes
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD): Beide sollen vor den Wirecard-Ausschuss als Zeugen geladen werden. (Quelle: imago-images-bilder)
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Der Wirecard-Bilanzskandal sorgt für Zwist im Bundestag: Die Parlamentarier streiten, wie lange der Untersuchungsausschuss noch Zeugen vorladen soll. Den Abgeordneten rennt die Zeit davon.

Die Beachtung ist groß, die Erkenntnisse sind, bislang, noch gering: Ehe der Wirecard-Untersuchungsausschuss im Bundestag am Dienstag erstmals im neuen Jahr wieder tagt, knirscht es zwischen den Obleuten der jeweiligen Fraktionen. Für Streit sorgt die Frage, wie lange der Ausschuss noch Zeugen befragen soll – und inwiefern er zur Bühne für den aufziehenden Wahlkampf werden könnte.

Hintergrund ist, dass den parlamentarischen Ermittlern die Zeit davonrennt. Ende September steht die Bundestagswahl an, letztmals kommt das Parlament am 25. Juni zur Plenarsitzung zusammen. Spätestens dann muss der Untersuchungsausschuss einen Bericht mit Schlussfolgerungen vorlegen und womöglich einer Empfehlung, wie es in der Causa in der kommenden Legislaturperiode weitergeht.

Das Problem: Die Erstellung des Berichts ist aufwendig und dauert erfahrungsgemäß mehrere Wochen. Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD wollen deshalb idealerweise Ende März, spätestens Mitte April die Bestandsaufnahme und Zeugenbefragung abgeschlossen haben – nicht zuletzt auch, um zu verhindern, dass medienwirksame Befragungen prominenter Politiker ihrer Parteien wie etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Zeichen des Ringens um Wählerstimmen stehen.

Opposition will sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen

Die Obleute der treibenden Oppositionsfraktionen von Linkspartei, Grünen und FDP hingegen wollen sich keine Deadline setzen. Sie dringen darauf, dass der Wirecard-Ausschuss so lange tagt und Zeugen befragt, bis alle offenen Fragen geklärt sind. "Wir haben einen klaren Auftrag", sagte Linken-Obmann Fabio De Masi t-online. "Ich fange nicht damit an, mich nach dem Wahlkampfkalender von Herrn Scholz zu richten. Dafür ist die Bedeutung des Falls Wirecard viel zu groß."

Der Münchner Zahlungsdienstleister Wirecard hatte im vergangenen Sommer Schlagzeilen mit Luftbuchungen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro gemacht. In der Folge des größten Bilanzskandals der deutschen Nachkriegsgeschichte meldete Wirecard als erster Dax-Konzern überhaupt Insolvenz an. Seitdem steht die Frage im Raum, wie es so weit kommen konnte. Der U-Ausschuss im Bundestag versucht nun zu klären, ob die Bankenaufsicht Bafin, die Finanzminister Scholz untersteht, die Bücher von Wirecard hätte prüfen können – und was das Kanzleramt über die Ungereimtheiten bei der Skandalfirma wusste, als es in China für Wirecard geworben hatte.

CDU plädiert für Sondersitzungen im Februar und im März

"Das Lobbying für Wirecard im Ausland trotz vorhandener Warnsignale und die unkritische Bewertung der Arbeit der Finanzaufsicht sind dabei die größten, aber lange nicht die einzigen Fehler, für die sich Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Scholz persönlich erklären müssen", sagte Grünen-Obmann Danyal Bayaz t-online. Schon jetzt sei absehbar, dass die Aufklärung der vielen Handlungsstränge noch einige Zeit brauchen werde.

"Wir bekommen täglich Nachrichten von Kleinanlegern, die sich betrogen fühlen – von Wirecard, aber auch von der Bafin", so Bayaz. "Für sie haben wir eine Verantwortung." Dass es SPD und Union missfalle, dass bekannte Spitzenpolitiker wie Merkel oder Scholz erst zum Ende der Ermittlungen geladen werden, verstehe er. "Aber so ist das nun einmal. Und so ist das in der Regel bei jedem U-Ausschuss."

So sieht es auch De Masi. "Wir werden uns alle Zeit nehmen, die wir brauchen. Wir lassen uns nicht unter Druck setzen", sagte er. Zuletzt hatte der Wirecard-Ausschuss bisweilen bis in den frühen Morgen getagt. "Diese Nachtschichten können nicht im Sinne der Teilnehmer sein. Dann machen wir lieber mehr Sitzungen, notfalls auch noch im April, Mai und Juni."

Matthias Hauer (CDU) hält Sitzungen im Mai oder Juni für keine gute Idee. Zwar sagt auch er, dass die Befragung der Zeugen "so lange dauert, wie sie eben dauert". Gern könne das Gremium weitere Sondersitzungen ansetzen, wenn nötig auch in den sitzungsfreien Wochen im Februar, März oder April.

"Wir wollen aber nicht, dass der Ausschuss zu einer Show-Veranstaltung wird, in dem es am Ende nur noch um wahltaktische Manöver geht", sagte er t-online. "Wir möchten, dass der Ausschuss den Wirecard-Skandal so weit wie möglich aufklärt und wir am Ende mit einem ordentlichen Abschlussbericht auch konkrete Empfehlungen für eine bessere Regulierung, zum Beispiel durch die Bafin, abgeben können."

Die prominenten Zeugen kommen zum Schluss

Auch Jens Zimmermann (SPD) ist für eine frühere Beendigung der Zeugenaussagen. Dass sich der Ausschuss nach dem Kalkül des SPD-Kanzlerkandidaten richte, hält er im Gespräch mit t-online für Unsinn. "Genauso ließe sich sagen, es ginge um den Wahlkampfkalender von Frau Baerbock oder Herrn Lindner", sagte Zimmermann. "Entscheidend ist der Sitzungskalender des Deutschen Bundestages und die Zeit, die es braucht, um den Abschlussbericht zu erstellen."

Beim Treffen des Wirecard-Untersuchungsausschuss am Dienstag handelt es sich um eine Sondersitzung. Sie ist eine Fortsetzung der jüngsten Befragung vom Dezember, in der unter anderem die Vernehmung des Leiters der Wirtschaftsabteilung im Kanzleramt, Lars-Hendrik Röller, nicht mehr stattfinden konnte. In der regulären Sitzung am Donnerstag muss sich dann Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing Fragen zur Kreditvergabe an Wirecard gefallen lassen.

Zuvor hatte der Ausschuss unter anderem den früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach seinen Lobbying-Anstrengungen im Kanzleramt befragt. Auch Ex-Wirecard-Chef Markus Braun war bereits geladen, verweigerte allerdings die Aussage.

Für die Befragungen in den kommenden Wochen stehen neben Merkel und Scholz auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Finanzstaatssekretär Jörg Kukies (SPD) sowie möglicherweise Wolfgang Schäuble (CDU) als früherer Finanzminister auf der Zeugen-Wunschliste der Fraktionen. Bislang entschieden die Obleute einvernehmlich über die Einladungen. Ob das in den nächsten Wochen so bleibt, muss sich noch zeigen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräche mit Matthias Hauer, Fabio De Masi, Danyal Bayaz und Jens Zimmermann
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