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So umgehen Deutsche den Lockdown – Shopping in Frankreich/Straßburg


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Shoppen in Frankreich
So umgehen die Deutschen im Südwesten den Lockdown

  • Catherina Liesenberg
Von Catharina Liesenberg

Aktualisiert am 25.12.2020Lesedauer: 4 Min.
Eine volle Einkaufsstraße in Straßburg: Zahlreiche Deutsche waren am Tag vor Heiligabend in Frankreich shoppen.Vergrößern des Bildes
Eine volle Einkaufsstraße in Straßburg: Zahlreiche Deutsche waren am Tag vor Heiligabend in Frankreich shoppen. (Quelle: Catharina Liesenberg/t-online)
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In Deutschland haben die Geschäfte zu, in Frankreich aber auf. Viele Deutsche fahren deshalb zum Shoppen nach Straßburg. Kontrollen der Quarantänepflicht sucht man vergebens. Ein Vor-Ort-Bericht.

Straßburg am Tag vor Weihnachten: In der "Rue des Orfèvres", eine in der Weihnachtszeit beliebte Seitenstraße in den Innenstadt, schieben sich Menschenmassen behäbig von einer Seite auf die andere. Angst vor einer Ansteckung mit Corona sollte man hier nicht haben, das Einhalten von Mindestabstände ist schier unmöglich.

Nach wochenlangen Ausgangssperren in Frankreich, scheint es, als dürsteten die Menschen nach Shopping, so groß ist der Ansturm auf die Geschäfte. Unter den Tausenden Passanten aber sind nicht nur Franzosen. Auch zahlreiche Deutsche aus dem Südwesten nutzen die Möglichkeit, den Lockdown daheim zu umgehen – und fahren "rüber", für einen letzten Shoppingtrip vor den Feiertagen.

Im Sinne der Pandemiebekämpfung ist das nicht. Seit einer Woche bleiben die Läden auf der baden-württembergischen Seite der Grenze geschlossen, weil die Corona-Zahlen in Deutschland trotz Lockdown light im November weiter steigen. Auch im Ländle ist die Pandemie weiterhin außer Kontrolle, zuletzt registrierten die Behörden in Baden-Württemberg 64 neue Todesfälle in Verbindung mit Covid-19.

Lockdown? Welcher Lockdown?

Die Nähe zu Frankreich und der Schweiz birgt dabei zusätzliche Probleme. Denn: Anders als im Frühjahr sind die Grenzen weiter geöffnet, sogenanntes Cross-Border-Shopping zu unterbinden, ist quasi nicht möglich. Und so kommt es, dass auch jetzt, da in Deutschland jeder so wenig wie möglich unterwegs sein soll, viele Deutschen im Südwesten nach Straßburg fahren. Umgekehrt decken sich derweil die Franzosen auf der gegenüberliegenden Rheinseite in der Kleinstadt Kehl mit günstigen Drogerieartikeln, Lebensmitteln, Benzin und Tabak ein.

Seit jeher profitieren beide Grenzstädte voneinander. Die dm-Filiale in Kehl sei, so erzählt man sich vor Ort, dank der Kundschaft aus Frankreich die umsatzstärkste in ganz Deutschland. Sogar die Straßburger Tram verbindet seit wenigen Jahren die deutsche Kleinstadt mit der anderen Rheinseite und sorgt so für noch mehr Kundschaft.

Auf genau diese Straßenbahn wartet am Mittwoch eine Französin mittleren Alters mit dunklen Locken. Sie hört Musik, lehnt entspannt an einer Absperrung. Ob ihr bewusst sei, dass der Grenzverkehr neuen Restriktionen unterliegt? Sie wisse von nichts. Billig Tabak habe sie kaufen wollen, aber die Läden seien wegen des Lockdowns geschlossen. Enttäuscht wirkt sie dennoch nicht: Schokolade und Duschgel seien in Kehl ebenfalls günstiger. Auch die anderen Fahrgäste steigen unbekümmert aus und ein, als schiene keine der vom Sozialministerium verordneten Maßnahmen sie zu betreffen.

"Die Franzosen kommen ja auch zu uns einkaufen"

Ein Grund dafür dürfte sein: Diejenigen, die es auf die jeweils andere Rheinseite zieht, müssen sich anders als noch im Frühjahr, nicht auf Kontrollen einstellen, die Grenzen sind offen.

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In Straßburg findet man so neben Nummernschildern aus dem Ortenaukreis auch Weitgereiste aus Karlsruhe, Essen oder Berlin. Zwar wirkt es, als seien es insgesamt weniger Menschen, die hinüber fahren als noch vor der Corona-Pandemie. Viele lassen es sich den Shopping-Ausflug dennoch nicht nehmen, wie mehrere Händler in Straßburg bestätigen. "Es kommen weniger Deutsche als vorher, aber am verkaufsoffenen Sonntag waren sie wieder hier", berichtet eine Verkäuferin in der Handtaschenabteilung in der "Galeries Lafayette".

In einem Straßburger Supermarkt ist ein deutsches Pärchen gerade beim Einkauf. "Wir haben meine Mutter in Frankreich besucht", erklärt einer der beiden. "Und auf dem Rückweg machen wir hier noch ein paar Besorgungen." Ob sie das auch ohne diesen Anlass getan hätten? Der Mann zuckt mit den Achseln. "Die Franzosen kommen ja auch zu uns einkaufen", sagt er. "Dann müssen sie die Grenze zumachen", ergänzt sein Partner.

Schon mittags sind die Parkhäuser komplett voll

Aussagen wie diese spiegeln ein weit verbreitetes Meinungsbild der Menschen in Kehl wider. Eine hilfreiche Einstellung ist das in der Pandemie nicht.

Während sich der Andrang im Einkaufszentrum "Rivétoile" in Grenzen hält, ist die berühmte Innenstadt Straßburgs umso voller. Bereits um 12 Uhr ist das zentral gelegene "Gutenberg"-Parkhaus fast vollständig belegt. Und immer wieder sind es Fahrzeuge mit deutschen Kennzeichen, die an der Schranke auf Einlass warten.

Auch in der "Rue des Grandes Arcardes", in der sich Filialen von "Mango", "Desigual" und "Sephora" aneinanderreihen, tummeln sich zahlreiche, mit Tüten bepackte, Passanten. Einige unter ihnen werden die Metropole in wenigen Stunden Richtung Deutschland verlassen.

Verantwortlich? "Wir können uns nicht dazu äußern"

Bräuchte es nicht immerhin stichprobenartige Kontrollen an der Grenze, um die neue Quarantänepflicht durchzusetzen? Wäre es ob dieses Phänomen nicht an der Politik, die Menschen wenigstens an die Eigenverantwortung in der Pandemie zu erinnern?

Der Landrat des Ortenaukreis, Frank Scherer (parteilos) scheint das nicht so zu sehen. Mehreren Anfragen von t-online wich er aus. Eine Sprecherin richtete am Dienstag aus: "Wir können uns nicht dazu äußern, dafür ist die Zeit vor Weihnachten zu knapp."

Auch das Sozialministerium Baden-Württembergs, das die Quarantänepflicht gerade erst eingeführt hat, wollte zu ihrer Umsetzung am Dienstag keine Stellung beziehen und verwies auf die Bundespolizei. Die wiederum teilte auf Anfrage schriftlich mit: "Über das bereits bisher bestehende Maß hinaus werden derzeit keine zusätzlichen Maßnahmen an den land- und luftseitigen Schengenbinnengrenzen getroffen."


Anders ausgedrückt: Keine verstärkte Präsenz an den Grenzen, keine zusätzlichen Kontrollen – die Quarantänepflicht scheint eine Maßnahme zu sein, die ausschließlich auf dem Papier existiert.

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Entsprechend trist wirkt der deutsche Grenzposten in Kehl. Lediglich zwei Polizeibeamte fristen ihre Schicht in einem, neben der Straße geparkten, Kastenwagen. Was genau sie machen, ist nicht ersichtlich, Kontrollen aber scheinen sie nicht durchzuführen. Ob der Grenzverkehr wenigstens nachgelassen hat?

Ortenaukreis hat Corona-Inzidenz von 214,6

Die Beamten vor Ort dürfen dazu keine Einschätzung abgeben. Peter Spindler, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Südbaden aber sagt: "Mit der jetzigen Quarantänepflicht wird das Einkaufen über die Grenze hinweg sicherlich deutlich weniger." Zum Erliegen werde er aber kaum kommen. "Natürlich fahren die Deutschen jetzt zum Einkaufen nach Frankreich", sagt er.

Bereits mit Beginn des harten Lockdowns am 16. Dezember brachte Baden-Württemberg strengere Regelungen auf den Weg als andere Bundesländer. Im Südwesten gilt sogar eine Ausgangssperre zwischen 20 und 5 Uhr. Trotzdem weist kein einziger Landkreis bislang einen 7-Tage-Inzidenz von unter 100 auf. Im Ortenaukreis liegt er bei 214,6 – Tendenz steigend.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche vor Ort
  • Gespräch mit Peter Spindler, Handelsverband Südbaden
  • Gespräch mit der Pressestelle des Ortenaukreises
  • Gespräch mit der Pressestelle des Sozialministeriums
  • Schriftliche Antwort auf eine Anfrage der Bundespolizei
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