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Verbraucherzentrale fordert: Bundesregierung muss über Brexit-Folgen aufklären


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Austritt Großbritanniens aus der EU
Verbraucherzentrale: Regierung muss über Brexit-Folgen aufklären


Aktualisiert am 14.10.2020Lesedauer: 3 Min.
Boris Johnson: Der britische Premier will bis zum 15. Oktober ein Abkommen – oder die Gespräche abbrechen.Vergrößern des Bildes
Boris Johnson: Der britische Premier will bis zum 15. Oktober ein Abkommen – oder die Gespräche abbrechen. (Quelle: i Images/imago-images-bilder)

Nach dem Brexit wird sich für Deutsche bei Reisen nach Großbritannien oder dem Onlineshopping einiges ändern. Doch ein Großteil weiß davon nichts. Die Verbraucherzentrale sieht die Schuld bei der Bundesregierung.

Der 15. Oktober ist der entscheidende Tag – zumindest wenn man den Worten des britischen Premierministers Boris Johnson Glauben schenken mag. Wenn es beim EU-Gipfel am Donnerstag keine Einigung auf einen Brexit-Deal gibt, werde er die Gespräche abbrechen, tönte er.

Johnson gilt zwar als jemand, der seinen Worten selten wirklich Taten folgen lässt, doch auch so wird die Zeit knapp. Denn am 1. Januar 2021 endet die Übergangsphase, in der noch die EU-Regeln gelten.

Deutschlands oberster Verbraucherschützer, Klaus Müller, ist deshalb alarmiert. "Spätestens Anfang November muss ein Abkommen auf dem Tisch liegen – ansonsten wird es zeitlich nicht mehr hinhauen", sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (Vzbv) im Gespräch mit t-online.

"Verbraucherschutz ist Teil des fairen Wettbewerbs"

Doch bei dem zeitlichen Druck dürften die Verbraucherrechte nicht zu kurz kommen, so Müller. Der Verbraucherschützer verwies auf eine Untersuchung des Verbands, die t-online exklusiv vorliegt.

Der Marktforscher Kantar hat im Vzbv-Auftrag 1.029 Bürger befragt, ob sie nach dem Brexit bei britischen Onlinehändlern einkaufen werden. Die Ergebnisse sind eindeutig: 44 Prozent gaben an, dass sie nach einem Brexit nicht mehr online im Vereinigten Königreich einkaufen möchten, weitere 35 Prozent nur unter der Bedingung, dass etwa Rückgabe- oder Datenschutzrechte gewahrt bleiben. Großbritannien sei bislang der zweitwichtigste E-Commerce-Markt für die Deutschen. Das könnte sich nach dem Brexit angesichts dieser Zahlen aber ändern, meint Müller.

Damit dies nicht geschieht, fordert er von der Bundesregierung und der EU-Kommission, dass sie sich bei den Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich mehr für die Verbraucher einsetzen. "Das EU-Verhandlungsteam muss die Rechte seiner Bürger sichern", sagte Müller. "Denn Verbraucherschutz ist Teil des fairen Wettbewerbs."

Gibt es bald wieder Roaming-Gebühren in Großbritannien?

Doch ohnehin gelte, dass viele Deutsche zu wenig über die Folgen des Brexits wüssten. Müller verweist dazu auf weitere Ergebnisse der Vzbv-Umfrage, die auf eine große Unkenntnis hindeuten. Wichtig sei deshalb, über die Brexit-Folgen aufzuklären – und zwar schnellstmöglich.

So gaben etwa auf die Frage, was nach einem Brexit gelten wird, 53 Prozent an, dass weiterhin die europäischen Flug- und Fahrgastrechte gültig sein werden. 49 Prozent gehen davon aus, dass bei einem Krankheitsfall in Großbritannien weiterhin die gesetzliche Krankenversicherung greift. Und immerhin 34 Prozent gaben an zu glauben, dass Telefonieren in Großbritannien nach dem endgültigen EU-Austritt weiter möglich sein wird – nach den bisherigen Konditionen.

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"Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden einen Brexit mehr spüren als sie es derzeit erwarten", sagte Müller. "Diese Zahlen sind alarmierend.Denn all das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nach einem Brexit nicht mehr wie heute noch im EU-Binnenmarkt möglich sein."

"Die Verbraucherrechte werden mit Füßen getreten"

Das gelte auch für den Fall, dass sich die EU und Großbritannien noch auf ein Abkommen einigen werden. "Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die EU es schafft, in so kurzer Zeit den Deutschen umfassende Rechte zuzusichern", so Müller. "Deshalb muss sie jetzt alles dafür tun, um das Mögliche herauszuholen."

Die Umfrage beziehe sich daher generell auf einen Brexit – ob mit Abkommen oder ohne. "Die Verbraucher werden bedauerlicherweise in jedem Fall weniger Rechte haben als zuvor. Gleichzeitig muss es natürlich einen Unterschied machen, ob ein Land Mitglied der EU ist – oder eben nicht." Bei einem No-Deal-Brexit würden die Verbraucherrechte zweifelsohne noch mehr leiden.

Auf die Frage "Welche Änderungen, denken Sie, kommen auf Sie als Verbraucher zu, wenn Sie nach dem Brexit in Großbritannien einkaufen – ob online oder vor Ort – oder dorthin reisen?" gaben nur fünf Prozent an, dass ein Reisepass erforderlich werde. 16 Prozent gaben an, dass sie es nicht wissen, 14 Prozent erwarten keine Änderungen.

Personalausweis reicht zum Reisen nicht mehr

"Hier herrscht Nachholbedarf", so Müller. Ein Reisepass werde für Reisen beispielsweise auf jeden Fall nötig sein – der Personalausweis werde nicht mehr ausreichen.

Deshalb fordert der oberste Verbraucherschützer in Deutschland dringend Aufklärung seitens der Bundesregierung. "Es ist bereits seit Monaten absehbar, dass sich die Rechte der Verbraucher nach einem Brexit signifikant ändern werden", sagte Müller. "Doch der Bund hat nicht genug getan, um die Verbraucher darüber aufzuklären. Es darf keine Holschuld von Verbrauchern bestehen."

Regierung soll sich mit Onlineshops zusammensetzen

Eine Möglichkeit wäre eine große TV- oder Internetkampagne gewesen. "Die Zeit dafür ist jetzt nicht mehr", sagte Müller. "Deshalb ist es umso wichtiger, dass sich die Bundesregierung zeitnah mit Onlineshops und Reiseanbietern zusammensetzt."

Ziel müsse sein, dass Verbraucher vor einem Einkauf oder einer Buchung über ihre geänderten Rechte informiert werden. "Das ist unkompliziert umsetzbar – und unsere Erwartung dessen, was die Regierung jetzt noch tun kann."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Klaus Müller
  • Kantar-Befragung zum Brexit im Auftrag des Vzbv
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