Wegen "Sonderproblemen" Regierung halbiert Wachstumsprognose

Die Regierung muss ihre Prognosen korrigieren: Das Bruttoinlandsprodukt soll nur halb so stark wachsen, wie erwartet. Warum das Wachstum schwächer werden soll.
Die Bundesregierung hat ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr auf nur noch 0,5 Prozent gesenkt. 2020 werde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dann wieder um 1,5 Prozent zulegen, sagt Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).
Altmaier fordert Bürokratieabbau
Er fordert im Rahmen eines Drei-Punkte-Plans ein Moratorium für Maßnahmen, die Unternehmen belasten, mehr Bürokratieabbau und Steuerentlastungen besonders für Personengesellschaften, um die Schwächephase zu überwinden.
Bei ihrer Prognose im Januar war die Regierung für 2019 noch von einem BIP-Zuwachs in Höhe von 1,0 Prozent ausgegangen, bei der Herbstprognose sogar von 1,8 Prozent. Altmaier begründete die Neubewertung in der Frühjahrsprognose der Regierung unter anderem mit den anhaltenden internationalen Handelskonflikten, dem ungelösten Brexit sowie "Sonderproblemen" wie den neuen WLTP-Zulassungstests für Fahrzeuge.
Was mit Klimazielen passieren soll
Altmaier äußert sich gleichwohl "überzeugt, dass das Wachstum in diesem Jahr weitergeht. Dennoch müsse in der "Schwächephase" der Konjunktur die Politik jetzt "dazu beitragen, konjunkturelle Impulse zu setzen". Konkrete Maßnahmen dafür sollten aber zunächst regierungsintern besprochen werden.
Zu dem von ihm geforderten Moratorium sagte Altmaier, möglicherweise könnten für Unternehmen belastende Maßnahmen erst in Kraft treten, wenn "die Wirtschaft wieder einen klaren Wachstumspfad erreicht hat". Es gebe Dinge, "die man strecken kann". Altmaier stellte klar, dass er damit nicht den Klimaschutz und auch nicht das Fachkräfteeinwanderungsgesetz meine. Die Klimaziele sollten auf jeden Fall eingehalten werden, allerdings "möglichst so, dass es nicht zu neuen Belastungen der Wirtschaft kommt". Vom Fachkräftezuzug erwarte er eher entlastende Effekte.
Altmaier will Situation für Unternehmen verbessern
Neben dem Vermeiden von Belastungen müsse es auch "strukturelle Entlastungen und Anreize bei Steuern, Abgaben und Bürokratie geben", sagt Altmaier weiter. Zum Bürokratieabbau habe er bereits eine Liste mit 27 Vorschlägen für Maßnahmen an die anderen Ressorts versandt. Möglichst noch vor der Sommerpause solle dazu ein Referentenentwurf in die Ressortabstimmung gehen.
Handlungsbedarf sieht Altmaier nach eigenen Worten zudem bei der Unternehmensbesteuerung, vor allem mit Blick auf Steuersenkungen in anderen Staaten. Es sei daher "absolut notwendig, die Situation der Personengesellschaften zu verbessern", doch müsse man "auch bei den Kapitalgesellschaften über die Gesamtsteuerbelastung sprechen". Hierfür gebe es "mehrere Stellschrauben".
Was Parteien von Altmaiers Aussagen halten
Das Bundesfinanzministerium äußert sich hierzu ablehnend. "Wir sehen in der derzeitigen Situation keine generelle Notwendigkeit zur Unternehmensteuerreform", sagt eine Sprecherin. Die Besteuerung sei "nur ein Faktor für den Standort Deutschland".
Grünen-Fraktionsvize Anja Hajduk wirft Altmaier vor, in Zeiten hoher Staatseinnahmen zu lange abgewartet zu haben. Jetzt müsse sich die Regierung "angesichts knapperer Kassen auf Prioritäten einigen", was schwierig werden dürfte, erklärt Hajduk in Berlin.
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Ein "belastbares Investitionskonzept" fordert das Wirtschaftsforum der SPD unter anderem mit Blick auf Künstliche Intelligenz und die Mobilitätswende. Von einem "Weckruf" spricht der CDU-Wirtschaftsrat. Jetzt müsse Deutschland "seine Wettbewerbsfähigkeit wieder in den Fokus rücken", verlangt dessen Generalsekretär Wolfgang Steiger.
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) drängt auf "Investitionsanreize für Klimaschutz" und eine "echte Steuerreform". Gegen "Panikmache" wendet sich indes trotz der niedrigeren Wachstumserwartung der Präsident des DIW-Wirtschaftsinstituts, Marcel Fratzscher.
- Nachrichtenagentur AFP