Krim-Krise Russische Firmen haben Milliarden in Deutschland investiert
Die wirtschaftlichen Folgen der Krim-Krise machen Unternehmen in der EU, den USA und Russland allmählich nervös. Vor allem wird über die russischen Öl- und Gas-Exporte nach Deutschland und die Folgen möglicher Handelsbeschränkungen für deutsche Firmen bei ihren Auslandsgeschäften diskutiert. Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen beiden Ländern hat aber weitere Dimensionen: Russische Unternehmen haben insgesamt mehrere Milliarden Euro hierzulande investiert.
Der Bundesbank zufolge hatten russische Eigentümer im Jahr 2011 direkt oder über Holdinggesellschaften einen Kapitalstock von rund 3,2 Milliarden Euro in Deutschland angelegt - also in Firmen investiert, das Geld an diese verliehen oder es für Betriebszukäufe eingesetzt. Neuere amtliche Statistiken sind noch nicht verfügbar.
Die Spannbreite russischer Unternehmungen ist dabei sehr groß. Gazprom Germania, Tochter des Energieriesen, ist mit einem Jahresumsatz von 12,5 Milliarden Euro der mit weitem Abstand größte russische Konzern in der Bundesrepublik und machte kürzlich durch die Übernahme des Erdgashandels- und Erdgasspeichergeschäfts von BASF von sich reden. Eher im Hintergrund aktiv sind dagegen Großaktionäre wie die S-Group Travel Holding, die 25 Prozent der Aktien des MDAX-Konzerns TUI hält.
Wieder andere russische Firmen betreiben hier eigene Produktionsstätten - etwa der global tätige Holz- und Zellstoffkonzern Ilim Timber, der in Wismar und Landsberg am Lech seit Jahren zwei Sägewerke mit insgesamt 500 Beschäftigten betreibt. Zu dieser Gruppe zählt auch der russische Schiffbauer Pella Shipyards, der erst vor wenigen Wochen die insolvente Hamburger Traditions-Werft Sietas aufkaufte.
Rund 1200 russische Firmen in Deutschland
Einen kompletten Überblick über russische Firmen in Deutschland und ihre Aktivitäten zu erhalten, ist nicht ganz einfach. Das liegt auch daran, dass die Abgrenzung zwischen heimischen und ausländischen Unternehmen bisweilen schwierig ist und Statistiken nicht immer alle Firmen zuverlässig erfassen. German Trade and Invest (GTAI), die offizielle Außenwirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik, nennt in ihren Veröffentlichungen die Zahl von 1200 russischen Firmen in Deutschland für 2012.
Diese beschäftigen demnach rund 8000 Mitarbeiter und konzentrieren sich vor allem auf Berlin, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Die von einem internationalen Informationsdienstleister bereitgestellten Zahlen erfassen aber nur ins Handelsregister eingetragene Firmen und beschränken sich zudem auf solche, die sich zu mindestens 51 Prozent in russischer Hand befinden.
Russland auf Rang 17 bei Investitionen
Die GTAI-Daten verzeichnen für das Jahr 2012 auch 13 "Investitionsprojekte" von russischen Geldgebern in Deutschland, wobei nur Neugründungen und Firmen-Erweiterungen erfasst werden, während die öffentlich meist viel beachteten Aufkäufe bereits bestehender Unternehmen nicht berücksichtigt sind. Laut den GTAI-Statistiken konzentrierten sich russische Investoren bei solchen Neugründungen vor allem auf die Branchen Finanz- und Firmendienstleistungen, Energie- und Rohstoffhandel sowie IT und Software. 44 Prozent aller von 2008 bis 2012 erfassten Investitionsprojekte entfielen demnach auf diese drei Wirtschaftsbereiche.
Allerdings ist zu beachten, dass die Investitionen und Aktivitäten russischer Unternehmen in Deutschland insgesamt relativ überschaubar bleiben. Ausländische Firmen hatten nach Bundesbank-Daten 2011 in Summe 548,6 Milliarden Euro in der Bundesrepublik angelegt, der russische Anteil belief sich also auf magere 0,6 Prozent. Russland lag damit auf Platz 17 der Rangliste der internationalen Geldgeber weit hinter Ländern wie Spanien, Schweden und Südkorea.
Keine Staatshilfe für russische Firmen bei Sanktionen
Die russische Regierung hat derweil Finanzhilfen für Unternehmen ausgeschlossen, die von Wirtschaftssanktionen des Westens im Zuge der Krim-Krise betroffen sein könnten. Das erklärte Finanzminister Anton Siluanow in Moskau. Zuvor hatten sich Firmeninhaber besorgt über die drohenden Strafmaßnahmen und deren Auswirkungen geäußert.
Nach der Finanzkrise 2008/2009 hatten die russische Regierung und die Zentralbank Milliarden Dollar aus den Gold- und Devisenreserven des Landes eingesetzt, um die großen Unternehmen Russland zu unterstützen.
Krim soll noch diese Woche eingegliedert werden
Das rechtliche Verfahren zur Eingliederung der Krim in die Russische Föderation soll derweil nach den Worten von Außenminister Sergej Lawrow noch in dieser Woche abgeschlossen werden.
Die ukrainische Regierung schlug unterdessen vor, die Krim zur entmilitarisierten Zone zu erklären. Das würde bedeuten, dass sowohl die russischen als auch die ukrainischen Soldaten die Halbinsel verlassen müssten, sagte der nationale Sicherheitschef Andrej Parubi. So ließe sich die Lage am besten entspannen. Zugleich kündigte er an, dass für Russen künftig eine Visumpflicht für die Ukraine gelten werde. (Mehr dazu in unserem Ukraine-Special)