Planwirtschaft in der EU? EZB will Banken zu Investitionen zwingen
Zweckbindung, Strafzinsen oder Anleihekäufe: Die Europäische Zentralbank (EZB) denkt über härtere Schritte nach, um mit ihrem billigen Geld die Wirtschaft anzukurbeln. Viele Banken nehmen wegen günstiger Leitzinsen derzeit EZB-Kredite auf, geben das Geld dann aber nicht weiter - das soll sich ändern. Die Kreditinstitute warnen vor einem "planwirtschaftlichen Instrument".
Die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtete über die möglichen EZB-Maßnahmen. Dabei geht es zum Einen um ungewöhnlich langlaufende Darlehen (LTRO). Diese Form von Notkrediten soll erneut aufgelegt werden, sich aber deutlich von bisher vergebenen Darlehen unterscheiden.
Längerfristige EZB-Kredite nur, wenn sie den Firmen helfen
Zum einen werde erwogen, die Laufzeit der LTRO-Darlehen von drei auf ein Jahr zu verringern. Zum anderen könnte eine Zweckbindung ins Spiel kommen, wonach nur solche Banken Anspruch auf längerfristiges Zentralbankgeld hätten, die es in Form von Krediten an die Wirtschaft weiterreichen.
Eine derartige Zweckbindung würde sich stark an dem Kreditprogramm "Funding for Lending" orientieren, wie es die britische Notenbank seit Sommer 2012 betreibt. Es sieht vor, dass sich die Geldhäuser zu sehr günstigen Konditionen bei der Bank of England refinanzieren können, soweit sie ihre Kreditvergabe an Unternehmen und Verbraucher ausweiten.
Der Erfolg des Programms gilt als durchwachsen: Während sich das Kreditvolumen nicht besonders stark erhöht hat, sind die Darlehenszinsen seither massiv gesunken. Dies hat allerdings die britische Wirtschaft und den Immobilienmarkt erheblich angeschoben.
Die Banken mauern
Auch in Deutschland stießen die EZB-Gedankenspiele auf Kritik. "Eine Vergabe von Notenbankgeld für vorab bestimmte Verwendungszwecke kann den Charakter eines planwirtschaftlichen Instruments annehmen und Banken zur Übernahme von Risiken veranlassen, die sie sonst nicht nehmen würden", sagte Gerhard Hofmann, ein Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR).
Hinzu kommt, dass in vielen Ländern nicht das fehlende Kreditangebot das Problem sei, sondern die maue Nachfrage der Unternehmen. Wichtig sei es, den Bankensektor in den Euro-Krisenländern umzubauen und die Bonität der Unternehmen zu verbessern, sagte Hofmann.
Möglicher Strafzins auf Einlagen
Darüber hinaus denkt die EZB dem Bericht zufolge darüber nach, die Zinsen für bei der Notenbank gehaltene Einlagen ins Negative zu senken. Zurzeit liegt er bei null Prozent. Mit einem faktischen Strafzins würde die EZB versuchen, auf dem Einlagenkonto geparkte Überschussliquidität in die Wirtschaft zu lenken. Die Erfolgsaussichten hierfür gelten unter Experten, nicht zuletzt wegen schlechter Erfahrungen in Dänemark, als nicht besonders gut.
Der Hintergrund: Viele Banken misstrauen anderen Banken wegen schlummernden faulen Krediten. Ferner fürchten sie ein Umkippen von Firmen, denen sie Geld geliehen haben. Also parken sie ihre Liquidität lieber bei der EZB, als sie in die Realwirtschaft umzuleiten. Damit unterlaufen die Kreditinstitute die Bemühungen der Notenbank, die Konjunktur anzukurbeln.
Auch die Möglichkeit breitangelegter Anleihekäufe der EZB ist laut dem Bericht im Gespräch. Damit wurde die Notenbank versuchen, die Konjunktur anzuschieben und dem schwachen Preisauftrieb zu begegnen.
Staatsanleihenkäufe durch EZB rechtlich umstritten
Die Zentralbanken der USA und Japans betreiben eine quantitative Lockerung in Form von Wertpapierkäufen seit langem. In Europa jedoch sind insbesondere Staatsanleihekäufe höchst umstritten, weil sie mit dem Verbot der Staatsfinanzierung durch die Notenbanken kollidieren können, das in den EU-Verträgen festgehalten ist.
In den vergangenen Wochen hatten ranghohe EZB-Vertreter wie Chefvolkswirt Peter Praet oder EZB-Vize Vitor Constancio diese Möglichkeit angedeutet.