Geheime Scheine - Diese DM-Banknoten hatten wir nie im Geldbeutel
Neben den normalen DM-Geldscheinen, wie sie ab 1961 in Umlauf kamen, druckte die Bundesbank auch noch eine sogenannte Ersatzserie "BBk II". Sie ähnelte zwar der Umlaufserie ("BBk I/Ia"), weil sie die gleichen Kopfmotive nach Gemälden alter Meister, wie beispielsweise Dürer, und auch die gleiche Farbtönung verwendete. Die Details waren dennoch komplett verschieden.
Während auf der Rückseite des 10-DM-Scheins der Umlaufserie die Gorch Fock zu sehen war, zeigte die Ersatzserie hier lediglich ein verschlungenes Kurvenmuster, das ein wenig an das Nierentisch-Design der damaligen Zeit erinnert. Die Scheine wurden von dem freiberuflichen Grafiker Max Bittrof gestaltet.
Die Ersatzserie für Westdeutschland gab es nur als 10-, 20-, 50- und 100-DM-Schein. 5-, 500- und 1000-DM-Noten wurden nicht hergestellt. Die Serie hat das einheitliche Ausfertigungsdatum 1. Juli 1960 und trägt die Unterschriften "Karl Blessing" und "Dr. Tröger". Blessing war der Präsident und Heinrich Tröger der Vizepräsident der Deutschen Bundesbank, die aus der Bank deutscher Länder (BdL) hervorgegangen war.
Auch auf der Rückseite griff Designer Bittrof beherzt zum Kurvenlineal, während den 20er der Umlaufserie zwei Musikinstrumente zierten. Allerdings entsprach dies der Vorgabe der Bundesbank, die nur Ornamente haben wollte. Bittrof hatte sich auch mit Entwürfen für die Hauptserie beworben, kam aber nicht zum Zuge. Außer Geldscheinen entwarf er Briefmarken und Schriften und lehrte außerdem Gebrauchsgrafik an der Kunstschule Westend in Frankfurt am Main.
Die Scheine der Ersatzserie waren mit den Sicherheitsmerkmalen der damaligen Zeit ausgestattet: Wasserzeichen und Sicherheitsfaden. Außerdem sollten verschiedene Druckverfahren wie Stichtiefdruck und indirekter Hochdruck die Fälschung erschweren. Da diese Serie jedoch nie in Umlauf kam, konnte sie auch nicht gefälscht werden.
Kurven statt Holsten-Tor auf der Rückseite des Ersatz-50ers. Bittrofs Markenzeichen war der Gebrauch der Burmester-Kurvenschablone. Insgesamt wurden nach Angaben der Bundesbank 670.080.000 Stück der Ersatz-Banknoten hergestellt, die sich auf einen Nennwert von fast 25,3 Milliarden DM summierten. Das Ersatzgeld sollte genauso zahlreich vorhanden sein wie die Umlaufserie.
Die größte Banknote der Ersatzserie "BBk II" war der 100er. Er hatte außerdem als einziger zusätzlich in das Papier eingestreute Fasern, die unter UV-Licht blau leuchteten. Da die Ersatznoten jedoch nur hergestellt werden konnten, wenn die Druckereien nicht mit den normalen Noten ausgelastet waren, entstand im Lauf der Zeit eine Unterdeckung beim Ersatzgeld.
Eine weitere Besonderheit der Ersatzserie "BBk II" war, dass es einen Notensatz für Westdeutschland gab - das waren die bisher gezeigten Motive. Für das damals noch von den USA, Frankreich und Großbritannien verwaltete West-Berlin hatte die Bundesbank hingegen eine weitere Serie aufgelegt, die Sie im Folgenden sehen können.
Für die West-Berliner Ersatzserie gab es zusätzlich den 5-DM-Schein. Die Banknoten gestaltete Rudolf Gerhardt, ein Grafiker der Bundesdruckerei Berlin.
Die Rückseite des Fünfers weist klassische Merkmale einer Banknote auf: Feine, verschlungene Linien mit Farbverläufen sollten Fälschern das Leben schwer machen. Und für 5 DM hätte sich wohl auch bei größerer Auflage die Mühe kaum gelohnt. Da auch die Berliner Ersatzserie nie in Umlauf kam, waren Fälscher hier außen vor.
Gerhardts Entwürfe wirken im Vergleich zu den Kurven Bittrofs weniger modisch. Obwohl für West-Berlin gedacht, trugen die Noten die Aufschrift "Frankfurt am Main, 1. Juli 1963", nach dem Hauptsitz der Deutschen Bundesbank, sowie die Unterschriften "Karl Blessing" und "Dr. Tröger". Der Enkel des damaligen Bundesbankpräsidenten, Martin Blessing, führt seit 2008 die Commerzbank.
Während die Banknoten der normalen Umlauf- und der westdeutschen Ersatzserie ein Kopf-Wasserzeichen im freien Bereich aufwiesen, war die Berliner Serie durchgehend mit einem sogenannten Flächenwasserzeichen ausgestattet. Die Buchstabenfolge "BBK" wiederholte sich dabei über den ganzen Schein verteilt, wobei die ersten beiden Buchstaben groß und hell, der dritte jedoch kleiner und dunkel erschienen.
Das Wasserzeichen war neben der Drucktechnik das einzige Sicherheitsmerkmal der West-Berliner Ersatzserie. Es gab keinen Sicherheitsfaden und keine unter UV-Licht leuchtenden Fasern.
Wie Max Bittrof war auch Rudolf Gerhardt beim Gestaltungswettbewerb für die DM-Noten der normalen Serie "BBk I" unterlegen.
Die Ersatzserie für West-Berlin hatte eine Gesamtauflage von 114,9 Millionen Stück und einen Nennwert von knapp unter vier Milliarden DM.
Hier ging auch mit Gerhardt die Nierentisch-Romantik der damaligen Zeit durch. Die Scheine der Ersatzserie sollten es der Deutschen Bundesbank erlauben, schnell auf Störungen im Geldumlauf reagieren zu können. Notfalls hätten die Geldscheine komplett ausgetauscht werden können. Dazu wurden die Ersatzserien parallel zu den Umlaufnoten noch bis 1974 weitergedruckt. Die westdeutschen Scheine lagerten in Frankfurt und Cochem-Cond, die West-Berliner bei der dortigen Landesbank.
Obwohl nur die wenigsten Bundesbürger von der Existenz der Ersatzserien wussten - geschweige denn je einen solchen Schein gesehen haben: Hundertprozentig geheim war das Projekt der Bundesbank nicht. Sie erwähnte es immerhin zwei Mal in ihren Monatsberichten, allerdings in denkbar knapper Form. Das war 1962 und 1964. Erste kurze Zeitungsartikel zum Thema erschienen jedoch erst 1966.
Details wurden erst bekannt, als 2010 die Geheimhaltungspflicht für die Bundesbank-Akten nach 30 Jahren auslief. Doch auch die Aufzeichnungen der damaligen Zeit geben kaum Aufschluss darüber, warum die Bundesbank unbedingt zwei Ersatzserien an Banknoten haben wollte. Hintergrund waren möglicherweise historische Fälle, wie beispielsweise die Pfund-Fälschungen der Nazis in großem Stil, gegen die man gewappnet sein wollte. 1989 wurden die Ersatz-Banknoten im Schredder vernichtet.