Konjunktur Hellas-Wahlen: Notenbanken bereiten sich auf schwere Turbulenzen vor
Die bevorstehende Wahl in Griechenland schwebt wie ein Damoklesschwert über Europa. Der Ausgang könnte weitreichende Folgen für die Eurozone haben. Nach Informationen von Reuters bereiten sich weltweit die Notenbanken auf den Super-Gau vor. Schwere Marktturbulenzen sollen durch eine koordinierte Aktion abgefedert werden. "Wir haben uns technisch auf alle realistischen Szenarien vorbereitet, sogar auf das Undenkbare", sagte ein Vertreter eines Euro-Landes der Nachrichtenagentur AFP.
Gemeinsam die Märkte stützen
Wie die Nachrichtenagentur von G-20-Vertretern erfahren haben will, stünden die Zentralbanken für eine gemeinsame Aktion zur Stabilisierung der Finanzmärkte bereit. Geplant sei, die Märkte mit Liquidität zu versorgen, um eine mögliche Kreditklemme zu verhindern. Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), ging indirekt auf die Gerüchte ein und erklärte im Notfall die Geldschleusen weiter öffnen zu wollen.
Die EZB habe während der Krise durchgehend darauf geachtet, dass die Banken genug Geld bekämen, um die Wirtschaft am Laufen zu halten, sagte Draghi. "Das Euro-System wird weiter Liquidität bereitstellen, wenn das benötigt wird."
Großbritannien will Bankensystem mit Geld fluten
Ähnlich Vorkehrungen trifft auch Großbritannien: Die Regierung wolle zusammen mit der Zentralbank die Kreditvergabe ankurbeln, wie das Onlineportal "Welt" berichtet. Das Land werde in wenigen Wochen ein entsprechendes Programm auflegen, sagte der Gouverneur der britischen Notenbank (BOE), Mervyn King, in einer Rede vor Londoner Bankiers.
Die Geldhäuser sollen damit auf eine günstige langfristige Finanzierung zugreifen können und zur Kreditvergabe an Unternehmen und Verbraucher ermutigt werden. Die Kredite würden mit einer Laufzeit von wahrscheinlich drei bis vier Jahren ausgestattet. Die Verzinsung erfolge auf Basis der derzeitigen Marktzinsen, so das Portal weiter. Die BOE wolle zudem ihre Notfall-Liquiditäts-Hilfe aktivieren, die im Dezember geschaffen wurde. Gegen die Hinterlegung von Sicherheiten sollen die Banken Kapital für sechs Monate erhalten können. Mit dieser Operation sollen den Finanzinstituten mindestens fünf Milliarden Pfund pro Monat angeboten werden, ergänzte King.
Euro-Finanzminister beraten am Telefon
Die Finanzminister der Eurozone wollen Medien-Informationen zufolge am Sonntagabend in einer Telefonkonferenz über das Ergebnis der Wahl beraten. Die Hauptsorge sei das Risiko von größeren Kapitalabflüssen, sollte sich die radikale Linkspartei Syriza eindeutig durchsetzen, sagte ein Euro-Zonen-Vertreter. Demnach sollen verschiedene Szenarien durchgesprochen werden und Vorbereitungen für den Ernstfall namens "Grexit" getroffen werden.
Mittlerweile hat die Bundesregierung jedoch die Meldung über eine Verabredung dementiert und will vorerst den Ausgang der Wahlen in dem krisengeschüttelten Land abwarten. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin: "Jetzt lassen wir Griechenland mal wählen."
"Grexit" mit aller Macht vermeiden
Wie die "Financial Times Deutschland" (FTD) berichtet, wurde offiziell bestätigt, dass der "Grexit" unbedingt vermieden werden soll - auch zu Zugeständnissen an Griechenland sei man bereit. Nicht hinnehmen wolle die EU dagegen eine Einstellung der Zahlungen an die Gläubiger, wie Syriza-Chef Alexis Tsipras droht. "Wenn die Griechen ihre Verpflichtungen nicht einhalten und Kredite nicht zurückzahlen, wird die Slowakei den Austritt verlangen", sagte der slowakische Premier Robert Fico.
Auch Bundesbank-Chef Jens Weidmann hat einer möglichen Lockerung der Sparauflagen für Griechenland eine Absage erteilt. "Griechenland hat mehr Unterstützung als jedes andere Land bekommen", sagte Weidmann der spanischen Zeitung "El País" im Hinblick auf den für das Land ausgehandelten Schuldenschnitt. "Diesen bereits abgeschwächten Rahmen weiter zu lockern, ist nicht möglich." Ansonsten gerieten auch die Regierungen in anderen Krisenländern wie Portugal und Irland unter Druck, ihre Auflagen nachzuverhandeln, sagte Weidmann.
Zudem warnte er, dass ein Aufkündigen des ausgehandelten Sparprogramms zu einem Stopp der Hilfszahlungen führen werde. Ein Ausscheiden des Landes aus der Euro-Zone sei daher möglich.
Märkte reagieren noch positiv
Die weltweiten Börsen reagierten indes positiv auf die mögliche Aktion der Notenbanken. Die Zentralbanken hatten seit Beginn der Finanzkrise 2008 immer wieder einzeln oder konzertiert Geld freigegeben, um die Krise abzumildern und Liquiditätsengpässe zu vermeiden.
"Eurozone Breakup"
Dennoch steigt die Anspannung: Nach "FTD"-Informationen hat die New York Stock Exchange (NYSE) den im amerikanischen Aktienindex S&P500gelisteten Unternehmen per E-Mail einen als vertraulich eingestuften Newsletter mit dem Titel "Eurozone Breakup" geschickt. Dieser enthalte einen Fragenkatalog zum Extremfall eines Auseinanderbrechens der Eurozone.
In den Fragen gehe es darum, wie die Firmen vorbereitet sind, welche Verträge in welcher Währung mit Zulieferern bestehen, welche Bankenverbindungen existieren und ob die entsprechenden Institute gefährdet sind. Eine Führungskraft einer betroffenen Gesellschaft regierte auf diese E-Mail sehr verwundert und bezeichnete diese als höchst ungewöhnlich.
Vorkehrungen seit Monaten getroffen
Auch in Deutschland bereiten sich die Unternehmen und Banken auf den Ausgang der griechischen Parlamentswahlen vor. Sollten sich die Euro-Gegner durchsetzen und danach einen Austritt aus der gemeinsamen europäischen Währung beschließen, drohen Umsatzrückgange.
Von einem konkreten Plan B für diesen Fall wollte zwar einer Umfrage der Nachrichtenagentur dapd zufolge kein Konzern oder Kreditinstitut sprechen. Viele erklärten jedoch, zum Teil hinter vorgehaltener Hand, dass die Umsätze in Griechenland verhältnismäßig gering seien und das Risiko überschaubar wäre. Allerdings verfolgen sie die Ereignisse genau und haben auch Vorkehrungen getroffen - zum Teil seit Monaten.
Erhebliche Turbulenzen
Ökonomen sehen bei einem möglichen Euro-Austritt Griechenlands große Risiken für die europäische Wirtschaft. Andere Länder könnten angesteckt werden. Das Münchner Ifo-Institut sieht in einem Abschied der Griechen vom Euro jedoch die bessere Alternative im Gegensatz zu einer Verlängerung des Status Quo.
Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone hätte laut Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen zwar erhebliche wirtschaftliche Turbulenzen im Land zur Folge. "Die Erfahrung mit vergleichbaren Fällen legt aber nahe, dass nach gut einem Jahr das Schlimmste ausgestanden ist", sagte Carstensen.